Ukrainische Gegenoffensive "Die Situation ist sehr schwierig"
Über die ukrainische Gegenoffensive ist wenig bekannt - außer wohl, dass Kiew sie sich leichter vorgestellt hat. Es laufe "langsamer als gewünscht", so die offizielle Botschaft. Minen und Drohnen würden den Vormarsch bremsen.
Die Fahrt geht durch ein kleines Dorf im Süden der Ukraine: Überall sind Zeichen der russischen Besatzung zu sehen. Der Buchstabe Z ist auf die Wände der beschädigten und zerschossenen Häuser gesprüht, auf der Straße liegt die verbrannte Leiche eines russischen Soldaten.
Über einer Ruine weht seit kurzer Zeit wieder die ukrainische Flagge. Vogelgezwitscher mischt sich mit dem Donnern der Artillerie, und Soldat Jura blickt schüchtern in die Kamera der Nachrichtenagentur AFP:
Ich bin erst seit drei Tagen hier. Ich weiß gar nicht, wo wir sind. Ich kann mich nicht erinnern. Mir geht’s nicht so gut. Ich habe ein bisschen Angst, aber ich mache weiter.
Nur wenige Informationen dringen nach außen
Jura versucht mit seiner Einheit in der Südukraine, die massiven russischen Verteidigungslinien zu durchbrechen. Inwieweit die Ukraine dabei erfolgreich ist, ist aktuell schwer einzuschätzen. Nur wenige Informationen oder Bilder dringen nach außen.
Die ukrainischen Truppen rücken im Süden und Osten des Landes vor - aber langsamer als gewünscht, sagt Präsident Wolodymyr Selenskyj. Und einer seiner wichtigsten Sicherheitsberater - Oleksij Danilow, Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates - wird im ukrainischen Fernsehen deutlich: "Die Situation ist sehr schwierig. Der Feind hat seine Fehler erkannt und bestimmte Zusammenhänge in Verhalten, Taktik und Strategie hergestellt. Aber das wird uns nicht aufhalten. Unsere Soldaten verstehen, was sie zu tun haben."
Ukrainische Armee spricht nicht über eigene Verluste
Wenn Bilder nach außen dringen, sind es häufig Aufnahmen von der ukrainischen Armee: Ein Video soll eine ukrainische Spezialeinheit zeigen, wie sie an der Südfront einen russisch kontrollierten Schützengraben einnimmt.
Die Männer drängen sich geduckt durch die engen Gräben, schießen erst um die Ecken, werfen Granaten. Aus den Winkeln tauchen immer wieder russische Soldaten auf - und sacken im Kugelhagel in sich zusammen.
"Gebt auf", ruft der ukrainische Soldat, an dessen Schutzweste die Kamera befestigt ist. Nach ukrainischen Angaben sollen bei dem Einsatz zehn russische Soldaten getötet worden sein. Über die eigenen Verluste aber spricht die ukrainische Armee nicht.
Immer wieder kleinere Geländegewinne
"Der Feind leistet heftigen Widerstand", sagte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar vor etwa einer Woche auf einer Pressekonferenz in Kiew. "Die ukrainischen Streitkräfte sind mit der ständigen Verminung von Feldern konfrontiert, wir sind mit dem Einsatz von Kamikaze-Drohnen konfrontiert, mit intensivem Beschuss. Der Feind gibt seine Stellungen nicht einfach auf."
Seither berichtet die Ukraine immer mal wieder von kleineren Geländegewinnen im Süden und Osten des Landes. 113 Quadratkilometer sollen es im Süden nun sein - jeder einzelne zählt für die Ukraine. Trotz allem werde man von seinem Plan nicht abweichen, beschwichtigt Sicherheitsberater Danilow:
"Ich würde heute niemandem raten, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Alles läuft nach dem Plan, der gemeinsam mit unserem Militär beschlossen wurde. Sie kennen ihr Geschäft, wir glauben an sie und wissen, dass der Sieg definitiv unser sein wird."