Regierungsumbau in der Ukraine Auch Außenminister Kuleba reicht Rücktritt ein
In der Ukraine steht eine große Regierungsumbildung an. Mehrere Regierungsvertreter reichten ihren Rücktritt ein - nun auch Außenminister Kuleba. Mehr als die Hälfte der Ministerien soll neu besetzt werden.
In einer größeren Regierungsumbildung in der Ukraine hat auch Außenminister Dmytro Kuleba seinen Rücktritt erklärt. Das teilte der Präsident des ukrainischen Parlaments, Ruslan Stefantschuk, mit. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte Stefantschuk ein Foto der handschriftlichen Bitte um Entlassung, die auf den heutigen Mittwoch datiert war.
Stefantschuk kündigte an, das Gesuch auf einer der nächsten Sitzungen im Parlament zu behandeln. Kuleba war seit 2020 Außenminister - noch vor Beginn des russischen Angriffskriegs.
Neue Aufgaben für Kuleba?
Der Rücktritt bedeutet nach Einschätzung von ARD-Korrespondentin Birgit Virnich jedoch nicht, dass Kulebas politische Karriere vorbei ist. "Wir gehen davon aus, dass er sich auch um die besonderen Beziehungen zur NATO kümmern wird. Das ist nicht bestätigt, aber davon ist auszugehen", sagte sie bei tagesschau24.
Es gehe bei dem Rücktritt also nicht darum, Kuleba aus dem Amt zu drängen, sondern ihn mit diesen neuen, wichtigen Aufgaben zu betreuen, "weil in den kommenden Monaten und Jahren die Beziehungen zur NATO vertieft werden sollen", so Virnich.
Baerbock würdigt Kuleba
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reagierte mit Bedauern auf den Rücktritt von Kuleba. Auf X schrieb sie: "Lange Gespräche in Nachtzügen, beim G7-Gipfel, an den Fronten, in Brüssel, vor einem zerbombten Kraftwerk. Es gibt nur wenige Menschen, mit denen ich so eng zusammengearbeitet habe wie mit Ihnen, Dmytro Kuleba", schrieb die Grünen-Politikerin. Kuleba stelle die Menschen in seinem Land über sich selbst, hieß es weiter. Sie wünsche ihm von ganzem Herzen alles Gute.
Rücktritte seit gestern Abend
Gestern Abend hatten bereits mindestens sechs Regierungsvertreter, darunter auch Kabinettsmitglieder nach Angaben der Regierungspartei "Diener des Volkes" ihren Rücktritt eingereicht.
Zu den Personalien zählen die Minister für Strategische Industrien, Justiz und Umweltschutz. Zudem traten der Chef des staatlichen Vermögensfonds, Witalij Kowal, sowie die Vize-Regierungschefs Irina Wereschtschuk und Olga Stefanischyna zurück. Laut einem Dekret Selenskyjs wurde auch der stellvertretende Leiter seines Präsidialamts, Rostislaw Schurma, entlassen.
"Wie versprochen, ist in dieser Woche ein großer Regierungsumbau zu erwarten", erklärte der Fraktionschef der Partei von Präsident Wolodymyr Selenskyj, David Arachamija, im Onlinedienst Telegram. Demnach sollen "mehr als 50 Prozent" der Regierungsmitglieder ausgetauscht werden.
Das ukrainische Parlament hat bereits mehrere Rücktritte angenommen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Weitere müsse es jedoch noch annehmen. Mit dem Rücktritt von Außenminister Kuleba habe sich das Parlament in der heutigen Informationen etwa noch nicht beschäftigt.
Weitere Rücktritte möglich
Arachamija kündigte noch weitere Änderungen im Kabinett an. Die vollständige Liste soll auf einer Fraktionssitzung bekanntgegeben werden. Dann "werden wir einen Tag der Entlassungen haben, den Tag danach einen Tag der Ernennungen", kündigte Fraktionschef Arachamija an.
Laut Präsident Wolodymyr Selenskyj soll die Regierungsumbildung dem Land "neue Energie" verschaffen. "Und diese Schritte hängen zusammen mit der Stärkung unseres Staates in unterschiedlichen Bereichen."
Wiederholter Umbau der Regierung
Seit Kriegsbeginn vor etwa zweieinhalb Jahren hat er seine Regierung wiederholt umgebaut. Vergangenen September entließ Selenskyj seinen Verteidigungsminister nach einer Reihe von Korruptionsskandalen. Vor Kurzem tauschte er nach einer Reihe von Rückschlägen auf dem Schlachtfeld seinen Armeechef aus.
Selenskyjs eigene Amtszeit wäre normalerweise im Mai zu Ende gewesen. Im Fall eines Krieges sieht die ukrainische Verfassung - wie die anderer Staaten auch - allerdings spezielle Regeln vor, weshalb der Präsident gemäß des Kriegsrechts im Amt bleibt.