Himalaya und Klimakrise Weniger Gletscher - weniger Trinkwasser
Im Himalaya schmelzen die Gletscher doppelt so schnell wie vor der Jahrtausendwende. Klimatologen warnen: Die Wasserversorgung von 1,6 Milliarden Menschen ist dadurch bedroht.
Die Gletscher im Himalaya und dem angrenzenden Hindukusch sind schon jetzt in ernsthafter Gefahr. Aber bei einem weiteren Anstieg der CO2-Emissionen und einem dann erwarteten Anstieg der Erderwärmung könnten sie bis zum Ende des Jahrhunderts weitgehend verschwunden sein. Davon geht eine Studie aus, die Anfang des Jahres unter Federführung des Internationalen Zentrums für Gebirgsentwicklung in Kathmandu veröffentlicht wurde.
Die Autoren stellten fest, dass die Eisfelder am Mount Everest und am K2, dem zweithöchsten Berg der Welt, dann als nacktes Gestein sichtbar würden. Selbst im besten Fall - also bei einer Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad - wäre bis dahin noch ein Drittel des sogenannten ewigen Eises geschmolzen.
Dabei schmelzen die Gletscher auf dem "Dach der Welt" nach einer Studie der Columbia-Universität in Washington schon jetzt doppelt so schnell wie vor der Jahrhundertwende.
"Wir haben einen bedeutenden Verlust des Eises im arktischen Meer festgestellt und einen Rückgang des Eises, das in den Gletschern gebunden ist", erklärt Mark Drinkwater von der Europäischen Weltraumagentur ESA. Auch auf den großen Eisplatten, in Grönland und der Antarktis gebe es große Veränderungen. "Das alles führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels, weil das geschmolzene Eis in die Ozeane fließt."
1,6 Milliarden Menschen betroffen
Die Wissenschaftler seien deshalb sehr besorgt, welche Auswirkungen die Erderwärmung für diese saisonalen Wasserläufe hat und wie die Wasserressourcen in Zukunft noch gemanagt werden können. Betroffen seien mehr als 1,6 Milliarden Menschen südlich des Hindukusch und des Himalaya, von Afghanistan und Pakistan über Indien und Bangladesch bis nach Myanmar.
Das Abschmelzen der Gletscher im Himalaya habe dramatische Konsequenzen für die künftige Wasserversorgung der Menschen in Süd- und Südostasien, warnt Drinkwater. Gletscher seien für die Erdbevölkerung wichtig - insbesondere in Südostasien, wo Millionen von Menschen vom Wasser aus den Bergen abhängig seien: In den Sommermonaten, wenn die Gletscher und der Schnee auf den Berggipfeln schmelzen, würden die Felder in den Tälern bewässert, Wasserkraftwerke für die Energieversorgung angetrieben und Trinkwasserreserven aufgebaut.
Grundlage waren US-Satellitenbilder
Für die Studie hatten die Forscher Satellitenbilder des US-Geheimdienstes aus der Zeit des Kalten Krieges ausgewertet, die erst kürzlich von den US-Behörden freigegeben worden waren.
Mithilfe dreidimensionaler Aufnahmen errechneten sie, dass die Gletscher in einem rund 2000 Kilometer langen Gebiet zwischen Indien, China, Nepal und Bhutan in den vergangenen zwei Jahrzehnten jährlich rund 7,7 Milliarden Tonnen Eis verloren. In den 25 Jahren zwischen 1975 und dem Jahr 2000 seien es 3,9 Milliarden Tonnen gewesen.
Albedo-Effekt katalysiert Schmelze
Dazu trage auch der "Albedo-Effekt" bei, erklärt Drinkwater. Trockener Schnee reflektiere das Sonnenlicht stärker, dann schmelze der Schnee nicht so schnell. Wenn Eis und Schnee aber schmelzen und die Oberfläche nass sei, trete der "Albedo-Effekt" ein: Die Reflexion des Sonnenlichtes werde geringer, und das wirke sich auf das weitere Schmelzen aus. Dieses trage also maßgeblich zum weiteren Abschmelzen der Gletscher bei.
Im Oktober vergangenen Jahres hatte der Weltklimarat IPCC gewarnt, dass die Zeit im Kampf gegen den Klimawandel knapp werde. Das UN-Gremium forderte einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel, um eine globale Klimakrise mit weit reichenden Konsequenzen zu verhindern.