Umgang mit Israels Justizreform Ein schmaler Grat für die US-Regierung
Befürworten können die USA die von Israel beschlossene Justizreform nicht. Doch sie klar zu verurteilen, ist ebenso schwierig. Mehr als mahnende Worte sind von US-Präsident Biden vorerst kaum zu erwarten.
Die USA üben durchaus Kritik an der Parlamentsabstimmung über einen Teil der Justizreform in Israel. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, drückte es so aus:
Es ist bedauerlich, dass sich bei der Abstimmung die kleinstmögliche Mehrheit durchgesetzt hat. Wir gehen aber davon aus, dass die Vermittlungsgespräche in den nächsten Wochen und Monaten weitergehen, um einen breiteren Konsens zu erzielen. Das ist es, wozu Präsident Biden aufgefordert hat.
"Verpflichtung gegenüber Israels Sicherheit unumstößlich"
Ist US-Präsident Joe Biden aber auch bereit, tatsächlich Druck auszuüben? Indem er etwa die jährlich rund 3,8 Milliarden Dollar für Militärhilfe der USA an Israel kürzt?
Vedant Patel, Sprecher des US-Außenministeriums, verneinte: "Das wird nicht passieren. Es wird keine Kürzung oder Einstellung der Militärhilfe geben. Denn unsere Verpflichtung gegenüber Israel, unsere Verpflichtung gegenüber Israels Sicherheit ist unumstößlich."
Keine politischen Daumenschrauben
Politische Daumenschrauben werde Biden nicht ansetzen. Das meint auch der Politikwissenschaftler David Makovsky, Direktor des Instituts für Nahost-Studien in Washington: "Kein US-Präsident wird die militärische Zusammenarbeit oder die Kooperation der Geheimdienste antasten. So wie auch Deutschland nichts in dieser Richtung tun würde. Was Präsident Biden zum Ausdruck bringt, ist eine Art Frustration. Deshalb hat er Netanyahu in diesem Jahr auch noch nicht ins Weiße Haus eingeladen. Jeder israelische Regierungschef hat normalerweise zwei Treffen im Jahr im Oval Office. Und Netanyahu hat noch nicht einmal einen Termin."
Biden hatte Anfang vergangener Woche mit Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu telefoniert und ihm ein Treffen gegen Jahresende in Aussicht gestellt. Nähere Angaben machte das Weiße Haus nicht. Aus Sicht Makovskys versuche Biden in solchen Telefonaten auf Netanyahu einzuwirken, indem er an dessen Verantwortungsgefühl appelliere.
Kritik nur in einem bestimmten Maß
Biden werde ein bestimmtes Maß an Kritik nicht überschreiten - jedenfalls noch nicht, sagt auch Aaron David Miller, ehemaliger Nahost-Vermittler im US-Außenministerium. "Der Präsident versucht, auf sehr schmalem Grat zu navigieren", so Miller bei CNN. "Auf der einen Seite mag kein US-Präsident offenen Streit mit israelischen Premierministern. Das bringt Ärger, ist innenpolitisch problematisch."
Auf der anderen Seite wolle Biden Distanz zu Netanyahu halten, sagt Miller weiter. Nicht nur mit Blick auf dessen Demokratieverständnis und die Justizreform, auch mit Blick auf die zunehmend aggressive Siedlungspolitik im Westjordanland. "Wenn Netanyahu immer weiter nach rechts driftet, wird es sehr schwer für Biden, auf diesem schmalen Grat zu bleiben. Aber ich denke, er wird genau das tun", so der ehemalige Vermittler.
Voraussetzung für eine Änderung der US-Politik wäre ein Stimmungswandel in der amerikanischen Öffentlichkeit, meint Miller: "Erst wenn sich das Image Israels tatsächlich wandelt im amerikanischen Bewusstsein, wird sich auch die Politik der USA im Laufe der Zeit ändern."