Alexander Van der Bellen und Herbert Kickl

Österreich FPÖ bekommt Auftrag zur Regierungsbildung

Stand: 06.01.2025 14:43 Uhr

Österreichs Bundespräsident Van der Bellen hat der in Teilen rechtsextremen FPÖ den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Er habe sich den Schritt nicht leicht gemacht, so Van der Bellen. Die FPÖ soll nun mit der ÖVP verhandeln.

Nach gescheiterten Gesprächen über ein Mitte-Bündnis in Österreich hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen die in Teilen rechtsextreme FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt.

Das kündigte er nach einem Treffen mit FPÖ-Chef Herbert Kickl an. Kickl solle Gespräche mit der konservativen ÖVP aufnehmen, sagte Van der Bellen. Damit könnte die FPÖ erstmals in Österreich das Kanzleramt übernehmen.

"Schritt nicht leicht gemacht"

"Ich habe mir diesen Schritt nicht leicht gemacht", sagte Van der Bellen. Er begründete die Entscheidung mit dem Scheitern der vorherigen Koalitionsgespräche sowie mit der Öffnung der ÖVP für Verhandlungen mit der FPÖ. Das Land brauche gerade in der aktuell wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage eine arbeitsfähige Regierung. "Herr Kickl traut sich zu, hier im Rahmen von Regierungsverhandlungen tragfähige Lösungen zu finden - und er will diese Verantwortung."

Van der Bellen sagte, er werde weiter darauf achten, "dass die Prinzipien und Regeln unserer Verfassung beachtet und eingehalten werden". Kickl werde ihm laufend über den Fortgang der Gespräche berichten. "Der Respekt vor dem Wählervotum gebietet es, dass der Bundespräsident die Mehrheit achtet", auch wenn er selbst möglicherweise andere Wünsche und Vorstellungen habe.

Das rund einstündige Treffen Van der Bellens mit Kickl wurde von Protesten begleitet. Vor der Präsidialkanzlei in Wien waren Hunderte Demonstranten aufmarschiert, die vor einem gewaltigen Rechtsruck warnten. 

Alexander Van der Bellen gibt Herbert Kickl die Hand

Eine Stunde sprachen Van der Bellen und Kickl in Wien - unter anderem über die wirtschaftliche Lage und über die Freiheit der Medien, wie der Bundespräsident erklärte.

ÖVP offen für Gespräche

Die FPÖ hatte die Parlamentswahl im September mit knapp 29 Prozent der Stimmen gewonnen. Zunächst wollte niemand mit ihr und ihrem umstrittenen Parteichef Kickl regieren. ÖVP und SPÖ nahmen Koalitionsverhandlungen mit den liberalen NEOS auf, die die Gespräche jedoch am Freitag abbrachen. Am Samstag scheiterten auch die Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ. 

Bundeskanzler Karl Nehammer, der sich stets gegen eine Koalition seiner ÖVP mit der FPÖ ausgesprochen hatte, kündigte daraufhin an, in den kommenden Tagen als Regierungs- und Parteichef zurückzutreten. Sein Nachfolger an der ÖVP-Spitze, Christian Stocker, erklärte sich offen für Verhandlungen mit der FPÖ.

Bereits früher ÖVP-FPÖ-Bündnisse

Beide Parteien hatten bereits in den 2000er Jahren und zwischen 2017 und 2019 Koalitionen gebildet, allerdings unter ÖVP-Regierungschefs. Nun könnte es erstmals zu einer FPÖ-geführten Regierung kommen.

Zuvor müssten sich die beiden Parteien jedoch auf ein Regierungsprogramm einigen. Bei Themen wie Migration und Steuern scheinen sich die Ansichten der beiden Parteien weitgehend zu decken. Doch zwischen der Moskau-freundlichen und EU-kritischen FPÖ und der ÖVP gibt es unter anderem Differenzen in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik.