Wahl in Österreich Rechte FPÖ liegt laut Hochrechnung vorn
Österreich ist nach rechts gerückt: Bei der Nationalratswahl kommt die rechtspopulistische FPÖ laut Hochrechnung auf 28,8 Prozent. Die regierende ÖVP von Kanzler Nehammer holt nur noch 26,3 Prozent. SPÖ und Grüne erleben einen bitteren Abend.
Die rechtspopulistische FPÖ hat erstmals die Parlamentswahl in Österreich gewonnen. Sie liegt laut der jüngsten Hochrechnung mit 28,8 Prozent vor der konservativen ÖVP, die auf 26,3 Prozent Stimmen kommt. Auf Platz drei liegt die sozialdemokratische SPÖ mit 21,0 Prozent.
Die Hochrechnung des Foresight Instituts wurde im Auftrag des Senders ORF erstellt. Sie umfasst auch eine Briefwahlprognose und hat derzeit eine Schwankungsbreite von 0,5 Prozentpunkten. Der Rechtsruck war bereits erwartet worden.
"Das Ziel Erster zur werden, haben wir nicht erreicht. Das ist bitter", sagte ÖVP-Chef und amtierender Kanzler Karl Nehammer in der Diskussionsrunde der Spitzenkandidaten laut ORF. Bisher wurde das Land von einem Bündnis aus ÖVP und Grünen geführt. Die Grünen kamen diesmal nur auf 8,3 Prozent nach 13,9 Prozent im Jahr 2019. Die ÖVP verlor demnach 11,1 Prozentpunkte - das bisher größte Minus ihrer Parteigeschichte. Die liberalen Neos erreichten 9,2 Prozent.
ÖVP lehnt Zusammenarbeit mit FPÖ-Chef ab
Die FPÖ legte im Vergleich zur Wahl 2019 deutlich zu, damals lag sie bei 16,2 Prozent. Als Regierungspartner käme für die FPÖ nur die ÖVP in Frage, da alle anderen Parteien eine Koalition mit ihr ausgeschlossen haben. Allerdings will die ÖVP nicht mit FPÖ-Parteichef Herbert Kickl in einer Regierung zusammenarbeiten. "Das war gestern so, und das ist heute so, und morgen wird es noch immer so sein", sagte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
Kickl sagte hingegen bei der Diskussionsrunde: "Unsere Hand ist ausgestreckt in alle Richtungen." Man müsse nun die anderen Parteien fragen "wie sie es mit der Demokratie halten". "Der Wähler hat heute ein Machtwort gesprochen", so Kickl. Wichtig sei nun, was der Bundespräsident macht. Um offiziell mit Koalitionsverhandlungen beginnen zu können, braucht die FPÖ nämlich den Regierungsbildungsauftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Ob es dazu kommt, ist bislang unklar.
Der Generalsekretär der FPÖ, Michael Schnedlitz, sagte: "Die Österreicherinnen und Österreicher haben heute Geschichte geschrieben." Wenn man sich das Wahlergebnis ansehe, "dann wird eine Veränderung im Land gewünscht", meinte er. "Wir werden mit jeder einzelnen Stimme verantwortungsvoll umgehen.
Van der Bellen: "Lösungen zu finden, nimmt Zeit in Anspruch"
Van der Bellen forderte die politischen Parteien zu Gesprächen auf. "Jetzt geht es darum, aufeinander zuzugehen, miteinander zu reden, zu verhandeln, um gute, beständige Kompromisse zu finden", sagte er in einer Rede an die Nation. "Diese Lösungen zu finden, kann schon eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, und meine Damen und Herren, das ist gut investierte Zeit." Auch er werde Gespräche mit den Parteiführern führen.
FPÖ macht Stimmung gegen Migranten
In ihrem Wahlprogramm hatte die FPÖ für eine extrem restriktive Migrationspolitik geworben. Die Partei fordert eine Rückführung von Migranten in ihre Heimatländer und wünscht sich als Gegenentwurf zur international vielfach angestrebten Diversität "Homogenität" in der Gesellschaft. Außenpolitisch sieht die FPÖ die EU äußerst kritisch. Gegenüber Russland fährt sie trotz des Krieges gegen die Ukraine einen eher wohlwollenden Kurs und sieht kein Problem in der Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas.
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel gratulierte der rechten Partei bereits zum guten Abschneiden. "Die FPÖ ist laut 1. Hochrechnung stärkste Kraft! Herzlichen Glückwunsch an Herbert Kickl & die FPÖ", schrieb sie nach Verkündung der ersten Hochrechnung auf X.
Die Wahlbeteiligung war dem ORF zufolge mit 78,5 Prozent höher als 2019 (75,59 Prozent). Die Wahl war zudem von Unzufriedenheit und dem Wunsch nach Veränderung geprägt, wie aus Daten des Foresight Instituts im Auftrag des ORF hervorging. Sechs von zehn Befragten sind überzeugt, dass sich das Land negativ entwickelt - fast doppelt so viele wie bei der Nationalratswahl 2019. Für viele Bürger war die Migration ein wichtiges Wahlmotiv, noch vor der Inflation und Sicherheitsfragen.
Mehrheiten auch von Kleinparteien abhängig
Das vorläufige Endergebnis wird wohl nicht vor 23 Uhr feststehen. Welche Mehrheiten am Ende im Parlament möglich sein werden, hängt maßgeblich davon ab, ob zwei Kleinparteien in den Nationalrat einziehen, die Bierpartei und die Kommunistische Partei. Von ihnen schafft laut Hochrechnung jedoch voraussichtlich keine den Einzug.
Knapp 6,4 Millionen Wahlberechtigte waren in Österreich aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die letzten Wahllokale schlossen um 17 Uhr. Der Nationalrat hat 183 Abgeordnete und wird sich am 24. Oktober konstituieren.
Mit Informationen von Silke Hahne, ARD Wien