
Türkischer Oppositionspolitiker Erdoğan-Rivale İmamoğlu muss in U-Haft
Ein türkisches Gericht hat Untersuchungshaft für den Oppositionspolitiker İmamoğlu angeordnet. Ihm wird Korruption vorgeworfen. İmamoğlu bestreitet die Vorwürfe und äußert sich kämpferisch.
Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu muss bis zu seiner Gerichtsverhandlung im Gefängnis bleiben. Das habe ein Gericht entschieden, meldete der türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Ein Richter habe seine Inhaftierung wegen des Vorwurfs der Korruption angeordnet. Die Entscheidung wurde vom Caglayan-Gericht in Istanbul getroffen, wie ein Anwalt von İmamoğlu der Nachrichtenagentur AFP sagte.
İmamoğlu war am Mittwoch gemeinsam mit Dutzenden weiteren Menschen festgenommen worden, wenige Tage vor seiner geplanten Nominierung als Präsidentschaftskandidat der größten Oppositionspartei CHP. Seine Festnahme hatte die größten Straßenproteste in der Türkei seit mehr als zehn Jahren ausgelöst. Zehntausende Menschen sind in Istanbul, Ankara und anderen Städten auf die Straße gegangen. Laut Innenminister Ali Yerlikaya wurden am Samstag 323 Personen in Gewahrsam genommen.
İmamoğlu: "Ich werde mich nicht beugen"
İmamoğlu ist der aussichtsreichste Konkurrent von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Ihm werden Terror- und Korruptionsvorwürfe in zwei Verfahren gemacht. Die Anordnung der Untersuchungshaft erfolgte zunächst in Verbindung mit den Korruptionsermittlungen. Daneben wurden dem Oppositionspolitiker auch "Terror"-Vergehen zur Last gelegt. Das Büro İmamoğlus teilte mit, das Gericht habe die Anordnung im Kontext der Terrorermittlungen vorerst als nicht notwendig erachtet, weil bereits Untersuchungshaft angeordnet worden sei. In beiden Verfahren wird gegen 106 Personen ermittelt. Auch gegen İmamoğlus Berater und viele andere wurde Untersuchungshaft angeordnet.
İmamoğlu hat die Vorwürfe zurückgewiesen und sie als "unvorstellbare Beschuldigungen und Verleumdungen" bezeichnet. Er wolle sich nicht dem politischen Druck in der Türkei beugen, schrieb er jetzt auf dem Nachrichtendienst X: "Hand in Hand werden wir diesen Schlag, diesen schwarzen Fleck auf unserer Demokratie ausmerzen (...) Ich stehe aufrecht, ich werde mich nicht beugen."

Mitglieder der CHP stimmen in der Türkei über den Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei ab.
CHP entscheidet heute über Präsidentschaftskandidat
İmamoğlus Partei CHP hat ihre Mitglieder für heute dazu aufgerufen, ihn zum Kandidaten für die nächste Präsidentenwahl zu bestimmen. Die CHP hat auch Nicht-Partei-Mitglieder aufgefordert, für İmamoğlu zu votieren, um den öffentlichen Widerstand gegen dessen Inhaftierung zu stärken.
Die CHP hat mehr als 1,7 Millionen Mitglieder und lässt in allen 81 Provinzen der Türkei wählen. Laut Informationen der ARD-Korrespondentin Katharina Willinger sollen in den vergangenen Tagen bis zu 200.000 neue Mitglieder dazugekommen sein. Der Sender Halk TV zeigte am Sonntagmorgen Bilder von Menschenschlangen vor Wahllokalen in Städten wie Istanbul, Ankara, Izmir, Kahramanmaras und Adiyaman. Die Abstimmung endet am Sonntagnachmittag.
Reguläre Präsidentenwahlen in der Türkei sind für 2028 angesetzt. Erdoğan könnte sie jedoch vorziehen.
İmamoğlus Festnahme ist der vorläufige Höhepunkt einer monatelangen juristischen Kampagne gegen Oppositionelle, die als Versuch kritisiert wird, deren Wahlchancen zu schmälern und abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück.