Desinformation Facebook sperrt russisches Netzwerk
Facebook hat ein Netzwerk gesperrt, das russische Propaganda verbreitet haben soll - mit Hilfe von manipulierten Bildern und erfundenen Redakteuren. Zielgruppe waren linke Aktivisten.
Facebook hat ein von Russland aus betriebenes Netzwerk gestoppt, das mit Hilfe ahnungsloser freier Journalisten Propaganda unter anderem in den USA und Großbritannien verbreiten wollte. Der Hinweis auf die Facebook-Aktivitäten der Website mit dem Namen "Peacedata" sei vom FBI gekommen, teilte das Online-Netzwerk mit. Freie Journalisten seien beauftragt worden, Beiträge für das Netzwerk zu schreiben - ohne dass sie gewusst hätten, was hinter dem Projekt steckt. Dadurch sollten die Inhalte authentischer wirken, und es mussten keine falschen Profile aufgebaut werden.
Zwischen Februar und August 2020 seien mehr als 500 Artikel auf Englisch und mehr als 200 in arabischer Sprache veröffentlicht worden, erklärte die Analysefirma Graphika, mit der Facebook ausführlich Daten geteilt hatte. Dabei war das Netzwerk aber noch überschaubar - mit 13 Facebook-Accounts und zwei Seiten. Auch die Zahl der Follower war nicht sehr groß, sie lag bei rund 14.000 Profilen. Das Twitter-Konto von "Peacedata" wurde ebenfalls gesperrt.
Erinnerungen an US-Wahlkampf
Trotz der überschaubaren Reichweite ist der Fall delikat, denn Facebook bringt das Netzwerk mit der Internet Research Agency (IRA) aus Russland in Verbindung. Sie spielte vor der Präsidentenwahl 2016 nach Erkenntnissen von US-Geheimdiensten und Online-Firmen eine zentrale Rolle bei Versuchen, die Spaltung in den USA zu vertiefen und Stimmung für den damaligen Kandidaten Donald Trump zu machen.
Ein Facebook-Vertreter sagte, es sei sehr wichtig, dass die Öffentlichkeit von diesen Aktivitäten wisse - auch wenn diese im aktuellen Fall noch nicht besonders erfolgreich gewesen seien. Zudem teilte das Unternehmen mit, in den vergangenen drei Jahren sei es gelungen, solche Netzwerke früher zu erkennen, bevor sie ein größeres Publikum erreichen konnten.
Linkes Zielpublikum
Zielgruppe der koordinierten Aktion seien vor allem politisch links eingestellte Facebook-Nutzer gewesen, hieß es weiter, beispielsweise Anhänger des US-Demokraten Bernie Sanders sowie des britischen Labour-Politikers Jeremy Corbyn. Themen der Artikel seien unter anderem die Corona-Pandemie, Rassismus in den USA und Europa sowie der Krieg in Syrien gewesen. Auch Edward Snowden spielte eine große Rolle in der Berichterstattung.
Eine Kampagne eines iranisches Netzwerks hatte sich ebenfalls an linke Aktivisten in Großbritannien und Europa gerichtet. Die entsprechenden Medien folgten außenpolitisch einer Agenda, die strikt pro-russisch, pro-iranisch und israelfeindlich war.
Eine ähnliche Zielgruppe will auch das in Berlin ansässige Portal "Redfish" bedienen, das von einem russischen Staatssender finanziert wird. Russland versucht in verschiedenen Staaten und Regionen, über Medien, die aus dem Staatshaushalt oder von Staatsmedien finanziert werden, die öffentlichen Diskussionen zu beeinflussen bzw. bestehende Konflikte zu vergrößern.
Erfundene Journalisten
In dem aktuell von Facebook gesperrten Netzwerk seien als redaktionelle Köpfe erfundene Personen präsentiert worden, berichtet die Analysefirma Graphika. Die Gesichter auf ihren Profilfotos seien höchstwahrscheinlich mit Hilfe künstlicher Intelligenz generiert worden - mutmaßlich mit sogenannten Generative Adversarial Networks.
In Europa gibt es ähnliche Beispiele für dieses Vorgehen. So veröffentlichte das Portal Sputnik - ebenfalls ein russisches Staatsmedium - auf seinem Ableger in Moldau über Jahre Leitartikel von einem Nicu Goncear. Goncear stamme aus Moldau, lebe aber in Österreich und sei dort als PR-Spezialist tätig, heißt es auf Sputnik.
Faktenchecker aus Moldau berichteten im Gespräch mit dem ARD-faktenfinder allerdings, die Person existiere gar nicht. Das Profilfoto war aus verschiedenen Bildern zusammengesetzt worden, wie eine Analyse zeigte, ein Facebook-Profil des Kolumnisten war offenkundig gefälscht.
Sputnik Moldau räumte gegenüber Faktencheckern ein, dass es den Journalisten nicht gibt. Es handele sich um ein Pseudonym, hieß es ohne weitere Erklärung. Auch die angebliche Sputnik-Reporterin Elena Komolova, so zeigten es die Recherchen, existiert tatsächlich nicht. Auch in diesem Fall wurden Ausschnitte von mindestens zwei Porträtbildern genommen, um ein neues Profilbild zu generieren.
Russische Trolle zitiert
Neben erfundenen Journalisten sind auch russische Fake-Profile in den sozialen Netzwerken aktiv, um die Diskussionen zu beeinflussen. Durchaus mit Erfolg: 2018 zeigte eine Analyse, dass in mehr als 100 Fällen britische Medien unwissentlich aus Tweets von russischen Trollen zitiert hatten. Die Tweets wurden von namhaften Medien als Netz-Reaktionen verbreitet.
US-Netzwerk gestoppt
Facebook ging nun allerdings nicht nur gegen russische Akteure vor, sondern entfernte nach eigenen Angaben auch 55 Facebook-Konten, 42 Seiten und 36 Instagram-Konten, die mit dem in den USA ansässigen Unternehmen CLS Strategies verknüpft gewesen seien. Dieses Netzwerk konzentrierte sich demnach vor allem auf Venezuela, aber auch auf Mexiko und Bolivien.
Facebook sah hier den Verdacht auf koordiniertes, nicht authentisches Verhalten in dieser Region. Im Gegensatz zu dem russischen Netzwerk war aber nicht von einer Einmischung durch einen staatlichen Akteur die Rede.