Vertrauensfrage und Co. Die Woche der Entscheidungen in Berlin
Im Wahlkampfmodus sind die Parteien schon, aber der Weg zu Neuwahlen wird erst in den kommenden Tagen geebnet. Was passiert nächste Woche? Die wichtigsten Entscheidungen im Überblick.
Den Antrag auf eine Abstimmung über die Vertrauensfrage hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eingereicht. Damit beginnt der Prozess bis zu den Neuwahlen im Februar. Die nächste Woche ist dabei entscheidend. Die Tage dürften einschneidende Veränderungen in der deutschen Politik bringen - und den Wahlkampf endgültig eröffnen.
Was passiert in der nächsten Woche?
Am Montag wird der Bundestag über die Vertrauensfrage abstimmen, die der Kanzler nach dem Bruch der Ampel-Regierung beantragt hat. Die erwartete Niederlage macht den Weg zu vorgezogenen Neuwahlen frei.
Am Dienstag geht der Wahlkampf dann so richtig los. Die Gremien von SPD, CDU/CSU und FDP wollen ihre Wahlprogramme beschließen und veröffentlichen. Nach dem Bruch der Ampelkoalition mussten die Parteien auf die Schnelle ihre inhaltlichen Punkte zusammentragen, mit denen sie die Wählerinnen und Wähler überzeugen wollen.
Am Mittwoch und Donnerstag reist Scholz nach Brüssel. Dort stehen Ukraine-Beratungen und ein EU-Gipfel an. Gleichzeitig tagt bis Freitag der Bundestag.
Wie läuft die Abstimmung über die Vertrauensfrage ab?
Zum politischen Alltag gehört die Vertrauensfrage nicht. In der Geschichte der Bundesrepublik wurde sie bisher nur fünf Mal gestellt. Dementsprechend ist das Prozedere etwas Besonderes. Der Ablauf steht in groben Zügen fest:
- Um 13 Uhr beginnt die Sitzung des Bundestages.
- In einer etwa 25 Minuten langen Rede wird Scholz die Vertrauensfrage erläutern.
- Danach ist eine Aussprache von zwei Stunden geplant. Vertreter von allen Fraktionen und Gruppen werden dann wohl sprechen.
- Gegen 15:30 Uhr findet die namentliche Abstimmung über die Vertrauensfrage statt.
- Sollte Scholz keine Mehrheit bekommen, wird er danach ins Schloss Bellevue fahren und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier darum bitten, den Bundestag aufzulösen und eine Neuwahl anzusetzen.
Bei Bundespräsident Steinmeier wird Kanzler Scholz darum bitten, den Bundestag aufzulösen.
Wie wird das Abstimmungsverhalten bei der Vertrauensfrage sein?
Endgültig sagen lässt sich das natürlich erst, wenn die Abstimmung im Bundestag durch ist. Um zu einer vorgezogenen Neuwahl des Bundestags zu kommen, muss die Vertrauensfrage scheitern. Das heißt: Scholz muss die absolute Mehrheit von 367 Stimmen im Bundestag verfehlen.
Die SPD-Fraktion mit ihren 207 Abgeordneten will für den Kanzler stimmen. Doch das wird ohne Auswirkungen bleiben. Denn schon die Grünen mit 117 Abgeordnete haben angekündigt, sich enthalten zu wollen. Die FDP dürfte nach dem Bruch der Ampelkoalition kein Interesse daran haben, für den Kanzler zu stimmen. Das gilt auch für CDU/CSU.
Zuletzt war spekuliert worden, dass die AfD möglicherweise für Scholz stimmen könnte, um für politische Unsicherheit zu sorgen. Doch das gilt mittlerweile als ausgeschlossen, da namentlich abgestimmt wird.
Was wird in den Wahlprogrammen der Parteien stehen?
Endgültig beschlossene Wahlprogramme liegen noch nicht vor. Dafür aber Entwürfe. Sie zeigen, auf welche Themen die Parteien setzen wollen. Im Programmentwurf der Union steht zum Beispiel die Abschaffung des Bürgergelds. Außerdem: Zurückweisungen an der Grenze und Steuerentlastungen. Die SPD setzt auf Verbesserungen für junge Familien, ein stabiles Rentenniveau und eine Lockerung der Schuldenbremse. Die Grünen setzen unter anderem auf ein Klimageld.
Die AfD will laut ihrem Programmentwurf raus aus der jetzigen EU, den Euro abschaffen und Abtreibungen nur in Ausnahmefällen erlauben. Die Linke setzt auf soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Friedenspolitik.
Auf Parteitagen werden die Programme in den kommenden Wochen noch offiziell verabschiedet. Bei der SPD ist der 11. Januar dafür vorgesehen. Danach folgen die anderen Parteien. Den spätesten Termin hat voraussichtlich die FDP mit dem 9. Februar.
Die Union wird ein gemeinsames Wahlprogramm aufstellen. Darüber hinaus will die CSU noch einen "Bayernplan" anbieten, in dem noch einmal besondere Schwerpunkte gesetzt werden.
Was wird der Bundestag noch beschließen?
Auch wenn Scholz am Montag die Vertrauensfrage verliert und er die Auflösung des Parlaments beantragt, wird der Bundestag noch voll arbeitsfähig sein. In der Praxis passiert dann zwar nicht mehr so viel wie in normalen Zeiten, aber es stehen noch ein paar Dinge an. In der kommenden Woche soll unter anderem über einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts gegen politische Einflussnahme abgestimmt werden. Auch über Bundeswehreinsätze im Ausland wird beraten.
Vor der Neuwahl soll außerdem noch ein Gesetz zu steuerlichen Entlastungen beschlossen werden. Die FDP will den Entwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes trotz Ampel-Aus mit SPD und Grünen verabschieden.
Vom 27. bis 31. Januar wird es voraussichtlich die letzte komplette Sitzungswoche des Bundestages vor der Wahl geben. Am 10. und 11. Februar sind noch einmal zwei einzelne Tage geplant.