Entwurf zu Wahlprogramm Grüne wollen Rente und Krankenkassen stabilisieren
Mehrere Parteien haben bereits Entwürfe ihrer Programme für die Bundestagswahl vorgestellt, nun ziehen die Grünen nach. Unter anderem plant die Partei einen "Bürgerfonds" für die Rentenkasse. Was steht noch in dem Entwurf?
Die Grünen wollen künftig ähnlich wie die FDP den Kapitalmarkt nutzen, um die Rentenkasse zu stabilisieren und den Anstieg der Beiträge abzubremsen. Das geht aus dem Entwurf ihres Wahlprogramms hervor, über den verschiedene Medien auszugsweise berichten. Auch sollen Beitragszahler bei der Pflege- und Krankenversicherung entlastet und pflegende Angehörige besser unterstützt werden. Zudem sehen die Grünen einen Schwerpunkt beim Kampf gegen die Organisierte Kriminalität.
Wie die Vorhaben finanziert werden sollen, geht aus den Auszügen nur teilweise hervor. Das Papier soll am Dienstag offiziell vorgestellt werden.
"Bürgerfonds" soll geringe und mittlere Renten stärken
Demnach schlagen die Grünen einen "Bürgerfonds" vor. Er soll sich aus Darlehen sowie Eigenmitteln des Bundes speisen und maßgeblich dazu beitragen, "das Alterssicherungssystem gerechter und zukunftsfest zu machen". Mit ihrem Vorschlag stellen sich die Grünen hinter das FDP-Konzept des Generationenkapitals, aber versehen es mit einer ökologischen und einer sozialen Komponente. So soll der Fonds Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen und sich am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens ausrichten. Mit den Erträgen wollen die Grünen dann "geringe und mittlere Renten stärken", was insbesondere Frauen und Menschen in Ostdeutschland zugutekomme.
Abgrenzen wollen sich die Grünen mit ihrem "Bürgerfonds" insbesondere von der SPD, die die Rente ebenfalls zum Wahlkampfthema machen will. Genau wie die Sozialdemokraten sprechen sich die Grünen in ihrem Wahlprogrammentwurf für eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens aus. Sie halten zudem an der Rente mit 67 fest, wollen aber mehr Anreize für ältere Menschen schaffen, auch über die Regelaltersgrenze hinaus zu arbeiten.
Des Weiteren will die Partei eine Reform der Altersteilzeit und spricht sich dafür aus, Abgeordnete "und perspektivisch Beamte" in die gesetzliche Rente zu holen. Auch nicht anderweitig abgesicherte Selbständige wollen die Grünen "unter fairen Bedingungen" einbeziehen. Die Partei spricht bei dem Konzept von einem "ersten Schritt auf dem Weg zu einer Bürgerversicherung".
Entlastung für Beitragszahler, Unterstützung für pflegende Angehörige
Wie der Tagesspiegel berichtete, wollen die Grünen die Beitragszahler bei der Pflege- und Krankenversicherung entlasten und pflegende Angehörige besser unterstützen. "Unser Gesundheit- und Pflegesystem ist dafür da, kranke Menschen zu heilen und Pflegebedürftige gut zu pflegen", zitiert die Zeitung aus dem Entwurf des Wahlprogramms. Darin kritisieren die Grünen, in der Vergangenheit seien den Versicherungen zu viele Kosten zugeschoben worden, die eigentlich aus Steuermitteln finanziert werden müssten: "Diesen Trend wollen wir umkehren und damit die Versicherten und die Arbeitgeber von versicherungsfremden Leistungen entlasten."
Laut dem Entwurf sollen versicherungsfremde Leistungen wie Beiträge für Bürgergeldempfänger angemessener über den Staat finanziert werden. Berufliche Freistellungen für pflegende Angehörige sollen besser und flexibler möglich werden. Den Zugang zur Tagespflege wollen die Grünen verbessern und Angebote ausbauen. Kassenärzte sollen den Sprechstundenanteil für gesetzlich Versicherte erhöhen, damit Patienten schneller Termine erhalten. Unterversorgte Gebiete wollen die Grünen stärker unterstützen. Für ländliche Regionen - gerade in Ostdeutschland - soll es zusätzliche Programme für Gemeindegesundheitspfleger, früher Gemeindeschwester genannt, und "Medizin auf Rädern" geben.
Zur Finanzierung sollen neben den gesetzlich Versicherten auch die Privatversicherten in den Finanzausgleich des Gesundheits- und Pflegesystems einbezogen werden. "Die Beitragsbemessung werden wir reformieren und beispielsweise auch Kapitaleinnahmen zur Finanzierung unseres Gesundheits- und Pflegesystems heranziehen", hießt es im Papier. Auch die Kosten der Krankenhausreform sollen neben der gesetzlichen Krankenversicherung auch die privaten Kassen mittragen müssen.
Die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht bisher vor, dass ein Transformationsfonds für die Modernisierung der Kliniken in Höhe von 25 Milliarden Euro durch die Beiträge von gesetzlichen Krankenkassenzahlern gefüllt werden soll. Experten kritisieren das, halten es aber rechtlich für kompliziert, die privaten Kassen ebenfalls zu verpflichten.
"Kampf gegen die Organisierte Kriminalität ist Schwerpunkt"
Weiterhin schreiben die Grünen in ihrem Entwurf: "Der Kampf gegen die Organisierte Kriminalität ist für uns ein Schwerpunkt". Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sollen deshalb ein "Gemeinsames Zentrum Organisierte Kriminalität" einrichten, wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichteten.
Bestehende Behörden will die Partei zu einer schlagkräftigen Finanzpolizei ausbauen, um die Geldwäsche zu bekämpfen. "Wir müssen die Kriminellen dort treffen, wo es ihr weh tut - beim Geld. Deswegen müssen wir es einfacher machen, Vermögen einzuziehen, das durch kriminelle Machenschaften erlangt wurde." Zur Terrorbekämpfung heißt es: "Wir werden prüfen, ob die Sicherheitsbehörden alle notwendigen Befugnisse haben, um Terrorismus effektiv zu bekämpfen."
Klimageld soll eingeführt werden
Die Grünen wollen zudem ein Klimageld einführen. "Alle Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen bekommen zum Ausgleich einen Großteil der Einnahmen der CO2-Bepreisung von Gebäudewärme und Transport als Klimageld zurück", zitierte die Nachrichtenagentur dpa aus dem Entwurf des Wahlprogramms. Das Klimageld solle in der nächsten Legislatur "so schnell wie möglich" kommen. Zuvor hatte der Spiegel berichtet.
Die zerbrochene Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte im Koalitionsvertrag 2021 bereits ein Klimageld vereinbart, um Verbraucher zu entlasten. Es gab zu diesem Zeitpunkt aber keine technische Möglichkeit zur Auszahlung an jeden einzelnen Bürger. Zu einer Umsetzung kam es deshalb nicht. Nach früheren Aussagen des ehemaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP), dessen damaliges Ministerium dafür eine Lösung finden sollte, soll ab 2025 eine Pro-Kopf-Auszahlung möglich sein.
Im Entwurf ihres Wahlprogramms betonen die Grünen die sozialverträgliche Ausgestaltung von Klimaschutz. "Damit klimafreundliche Alternativen für alle Menschen erschwinglich werden, wollen wir in Zukunft Förderprogramme weiter ausbauen und durch soziale Staffelung insbesondere auf Menschen mit geringen und mittleren Einkommen zuschneiden", heißt es in dem Papier. Dafür nimmt die Partei auch Schulden in Kauf. Investitionen in den Klimaschutz seien eine Generationenaufgabe, die "teilweise auch über Kreditaufnahme finanziert werden sollte".
E-Auto-Unterstützung und "dauerhaft günstige Energie"
Ein weiteres Vorhaben, das im Programmentwurf genannt wird, ist eine staatliche Unterstützung beim Kauf eines E-Autos. Es soll eine Ladekarte für das Tanken an öffentlichen Ladesäulen geben, außerdem steuerliche Förderung und ein sogenanntes Social-Leasing-Programm für E-Autos.
Mit Blick auf die Wirtschaftspolitik streben die Grünen laut Programmentwurf "dauerhaft günstige Energie" und höhere private und öffentliche Investitionen in Innovation und Infrastruktur sowie mehr Fachkräfte an. Staatliche Prozesse sollen vereinfacht und beschleunigt werden.