ARD-DeutschlandTrend Deutsche besorgt über Flüchtlinge
Die Stimmung verändert sich: Eine Mehrheit von 51 Prozent der Deutschen hat inzwischen auch Angst vor der Flüchtlingssituation, so der ARD-DeutschlandTrend. Auch die Skepsis beim Thema Zuwanderung wächst. Kanzlerin Merkel verliert an Ansehen und erreicht die niedrigsten Werte seit 2011.
Von Ellen Ehni, WDR
Angesichts der großen Anzahl von Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, wächst die Verunsicherung der Menschen: Eine Mehrheit von 51 Prozent der Deutschen sagt, dass es ihnen Angst macht, dass so viele Flüchtlinge zu uns kommen - das sind 13 Punkte mehr als im September. 47 Prozent hingegen sagen, dass ihnen das keine Angst macht. Damit haben sich innerhalb eines Monats die Verhältnisse umgekehrt. Das hat eine Umfrage von Infratest Dimap für den ARD- Deutschlandtrend ergeben.
Dabei ist die Verunsicherung überdurchschnittlich groß bei den Menschen in Ostdeutschland: Hier sagen 59 Prozent, dass ihnen die Zahl der Flüchtlinge Angst macht; in Westdeutschland sind es 48 Prozent.
Die Verunsicherung ist umso größer, je niedriger der Schulabschluss: 55 Prozent mit Realschulabschluss bzw. 63 Prozent mit Volks- oder Hauptschulabschluss geben an, dass es ihnen Angst macht, dass so viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen - aber nur 33 Prozent der Menschen mit Abitur oder Fachhochschulreife.
Mehr Skepsis gegenüber Zuwanderung im Allgemeinen
Auch die Skepsis gegenüber Zuwanderung hat zugenommen: 35 Prozent der Befragten sagen, dass Zuwanderung allgemein mehr Vorteile bringt - das sind zehn Punkte weniger als im Vormonat. 44 Prozent hingegen sehen bei der Zuwanderung eher Nachteile - elf Punkte mehr als noch im September.
Auch hier unterscheiden sich die Werte je nach letztem Schulabschluss: Von den Menschen mit Abitur oder Fachhochschulreife meint eine Mehrheit von 51 Prozent, dass Zuwanderung eher vorteilhaft für Deutschland ist. Bei den Befragten mit Realschulabschluss sind das nur 34 Prozent, bei Volks- oder Hauptschulabschluss nur 20 Prozent.
Mehrheit für geplante Maßnahmen des Asylpakets
Die Maßnahmen, die im Rahmen des geplanten Asylpakets zur Bewältigung der Flüchtlingskrise im Bundestag debattiert wurden, finden Rückhalt in der Bevölkerung: Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsländer einzustufen, in die Flüchtlinge schneller zurückgeschickt werden können, halten 80 Prozent der Befragten für richtig. Einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge befürworten 79 Prozent der Befragten. Und die Einführung eines Gesetzes, das regelt, wie man Zuwanderer auf deutsche Grundwerte verpflichtet, würden 77 Prozent begrüßen.
Merkel büßt an Beliebtheit ein, Seehofer legt zu
Die Flüchtlingskrise schadet offenbar auch dem Ansehen der Bundeskanzlerin: Mit der Arbeit von Angela Merkel sind 54 Prozent der Befragten zufrieden, 9 Punkte weniger als im Vormonat. Das ist der niedrigste Wert, der im ARD-Deutschlandtrend seit Dezember 2011 gemessen wurde. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hingegen legt um 11 Punkte zu auf 39 Prozent Zufriedenheit - es ist sein bester Wert seit April 2014.
Die Liste der beliebtesten Politiker führt nach wie vor Außenminister Frank-Walter Steinmeier an, obwohl auch er sieben Punkte verliert (65 Prozent Zustimmung). Es folgen Finanzminister Wolfgang Schäuble mit 64 Prozent Zustimmung (-5) und Angela Merkel mit 54 Prozent (-9). Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel kommt auf 47 Prozent Zustimmung (-1), der scheidende Linken-Fraktionschef Gregor Gysi auf 45 Prozent (+1). Gleichauf mit 39 Prozent Zufriedenheit liegen Innenminister Thomas de Maizière (-1), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (-6) und Horst Seehofer (+11).
Sonntagsfrage: Union verliert leicht
Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, dann käme die Union auf 40 Prozent, zwei Punkte weniger im Vergleich zum Vormonat. Die SPD bleibt stabil bei 24 Prozent. Auch die Grünen verlieren zwei Punkte und kommen auf 10 Prozent; die Linke und die FDP verbessern sich jeweils um einen Punkt auf 9 bzw. 5 Prozent. Die Alternative für Deutschland gewinnt 2 Punkte hinzu und landet bei 6 Prozent - der höchste Wert seit der Spaltung im Juli.
Vertrauen in deutsche Automobilindustrie bei der Mehrheit der Deutschen nicht gesunken
Nach dem Manipulationsskandal bei Volkswagen, der in der vergangenen Woche bekannt geworden ist, sagt die Mehrheit der Deutschen, dass dies ihre Haltung gegenüber der deutschen Autoindustrie nicht negativ beeinflusst hat. Demnach geben 65 Prozent der Befragten an, dass sie durch die Enthüllungen persönlich kein Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie verloren haben. 31 Prozent geben dagegen an, dass sie Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie verloren haben.
Nur 13 Prozent der Befragten glauben, dass Manipulationen von Abgaswerten auf Volkswagen (4 Prozent) bzw. auch auf andere deutsche Hersteller (9 Prozent) begrenzt sind. 81 Prozent sehen stattdessen ein Problem, das die Branche weltweit betrifft.
38 Prozent der Befragten befürchten, dass der Skandal die deutsche Wirtschaft langfristig schaden wird. 57 Prozent glauben dies nicht.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
(Relation Festnetzt-/Mobilfunknummern 70:30)
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1001 Befragte
Erhebungszeitraum: 28. und 29. September 2015
Sonntagsfrage: 1.501 Befragte
Erhebungszeitraum: 28. bis 30. September 2015
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
*bei einem Anteilswert von 5 Prozent **bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund 3 Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa 1 Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird deshalb in der Regel keine Partei unter 3 Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.
In der publizierten "Sonntagsfrage" werden hingegen alle Parteien aufgeführt, die aktuell im Parlament vertreten sind, die in einer Umfrage auf einen Anteilswert von mindestens 3 Prozent kommen oder solche Parteien oder Gruppierungen, die auch bei niedrigen Anteilswerten eine Chance auf ein Mandat besitzen (so etwa der SSW in Schleswig-Holstein, für den die 5-Prozent-Hürde nicht gilt).