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ARD-DeutschlandTrend Zufriedenheit mit Ampel auf neuem Tiefstand

Stand: 05.09.2024 18:00 Uhr

Ein Jahr vor der Bundestagswahl ist die Ampel-Koalition so unbeliebt wie noch nie, während die Union in der Sonntagsfrage so stark ist wie seit 2021 nicht. Das mit Abstand drängendste Thema: Zuwanderung und Flucht.

Der Termin steht fest: Am 28. September 2025 soll regulär die nächste Bundestagswahl stattfinden. Gut ein Jahr vor diesem Wahltermin steht allerdings die amtierende Ampelregierung in der Gunst der Bürger so schlecht da wie noch nie: Nur noch jeder Sechste (16 Prozent) ist mit der Arbeit der Ampel-Koalition aktuell sehr zufrieden bzw. zufrieden (-4 im Vergleich zu August), 84 Prozent sind unzufrieden.

Ein Zufriedenheitswert von nur 16 Prozent wurde zuletzt im August 2010 unter einer von Union und FDP geführten Regierung gemessen. Mehr als jeder Dritte (37 Prozent) ist derzeit mit der Bundesregierung weniger zufrieden (-5), fast jeder Zweite (47 Prozent) sogar gar nicht zufrieden (+10). Mehrheitlich unzufrieden sind neben Anhängern der AfD (100 Prozent), des BSW (98 Prozent) sowie der Union (91 Prozent) mittlerweile auch die Anhänger der Regierungsparteien Grüne (54 Prozent) sowie SPD (63 Prozent).

Auch Werte der Ampel-Spitzen sind schlecht

Auch die Zufriedenheitswerte führender Ampelpolitiker sind vergleichsweise schlecht: Mit der Arbeit von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist gut jeder Vierte (27 Prozent) sehr zufrieden bzw. zufrieden (-3). Finanzminister Christian Lindner (FDP) erreicht einen Zufriedenheitswert von 20 Prozent (-6), was bereits im Mai sein Tiefstwert als Bundesminister war.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fällt auf einen Zufriedenheitswert von 18 Prozent (-6). Zum Vergleich: Der schlechteste Wert von Gerhard Schröder (SPD) während seiner siebenjährigen Amtszeit war 24 Prozent, der von Angela Merkel (CDU) während ihrer 16-jährigen Amtszeit war 40 Prozent.

Sonntagsfrage: Union klar stärkste Kraft

Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 15 Prozent (+-0 im Vgl. zu August). Die Union verbessert sich leicht auf 33 Prozent (+1) und wäre damit klar stärkste Kraft - das ist ihr höchster Wert seit März 2021. Die Grünen verlieren einen Punkt und landen aktuell bei 11 Prozent - ihr schwächster Wert in der Sonntagsfrage seit April 2018. Die FDP läge mit 4 Prozent (-1) unter der Mandatsschwelle. Die AfD verbessert sich um einen Punkt und kommt derzeit auf 17 Prozent. Die Linke liegt derzeit bei 3 Prozent und das Bündnis Sahra Wagenknecht bei 8 Prozent (-1). Auf alle anderen Parteien entfallen derzeit 9 Prozent.

Jeder zweite Befragte (50 Prozent) glaubt aktuell, dass eine von CDU/CSU geführte Bundesregierung ähnlich gut bzw. schlecht arbeiten würde wie die aktuelle Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP (-2 im Vgl. zu Dezember 2023). Jeder Vierte (25 Prozent) traut ihr zu, die anstehenden Aufgaben und Probleme in Deutschland besser zu lösen (+1). Jeder Sechste (17 Prozent) ist der Meinung, eine unionsgeführte Bundesregierung würde schlechter arbeiten als die aktuelle Bundesregierung (+/-0).

Blick auf die K-Frage der Union

Nach den Landtagswahlen will die Union die Entscheidung treffen, wer für sie als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl geht. CDU-Chef Friedrich Merz wäre der natürliche Kandidat, allerdings hat auch CSU-Chef Markus Söder gerade erklärt, dass er sich "nicht drücken" würde, "Verantwortung für unser Land zu übernehmen". Das bot Spielraum für Interpretationen.

Dem bayerischen Ministerpräsidenten trauen aktuell 41 Prozent der Deutschen zu, ein guter Kanzlerkandidat für die Union zu sein (+3 im Vergleich zu August). Rund jeder Zweite (48 Prozent) hält ihn nicht für einen guten Kanzlerkandidaten. Dem NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) traut jeder dritte Deutsche (33 Prozent) zu, ein guter Kanzlerkandidat für die Union zu sein (-3); 35 Prozent tun das nicht und jeder Dritte (32 Prozent) traut sich kein Urteil zu.

Friedrich Merz hält derzeit knapp jeder vierte Wahlberechtigte in Deutschland (23 Prozent) für einen guten Kanzlerkandidaten für die Union (-4); fast zwei Drittel (63 Prozent) halten ihn für keinen guten Kanzlerkandidaten.

Auch im Urteil der Union-Anhänger liegt Söder vorn: 57 Prozent halten ihn für einen guten Kanzlerkandidaten, 37 Prozent nicht. 48 Prozent der Unions-Anhänger halten Merz für einen guten Kanzlerkandidaten, 43 Prozent nicht. 43 Prozent der Unions-Anhänger halten Wüst für einen guten Kanzlerkandidaten, 32 Prozent nicht; jeder vierte Unions-Anhänger traut sich bei Wüst kein Urteil zu.

Fast jeder zweite Deutsche für BSW-Beteiligung an Landesregierungen

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen hat die CDU in beiden Ländern auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zu Gesprächen eingeladen. 46 Prozent der Deutschen befürworten eine mögliche Beteiligung des BSW an Landesregierungen - das sind 7 Prozentpunkte mehr als Anfang August. Vier von zehn Deutschen (40 Prozent) fänden das hingegen nicht gut (-9).

In den ostdeutschen Bundesländern ist der Blick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung des BSW mehrheitlich positiv: 56 Prozent fänden das gut, jeder Dritte (33 Prozent) fände das nicht gut.

Jeder zweite Unions-Anhänger (49 Prozent) lehnt eine mögliche Beteiligung des BSW an Landesregierungen ab, gut jeder dritte Unions-Anhänger (36 Prozent) hingegen zeigt sich offen dafür. Gegen eine mögliche Zusammenarbeit formiert sich in der Partei auch Widerstand. Am Mittwoch forderte eine Gruppe von 40 Parteimitgliedern einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit dem BSW.

Unvereinbarkeitsbeschluss: unterschiedliche Bewertung von AfD und Linke

Ende 2018 hat die CDU einen solchen Unvereinbarkeitsbeschluss verabschiedet, wonach die Partei mit der AfD sowie der Linkspartei Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit ausschließt. Den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD befürwortet eine Mehrheit der Wahlberechtigten in Deutschland: Sechs von zehn (60 Prozent) finden ihn richtig (-4 im Vgl. zu August 2023), gut jeder Dritte (35 Prozent, +6) lehnt ihn ab.

In den ostdeutschen Bundesländern zeigen sich in dieser Frage geteilte Meinungen: Hier wird der Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD von jedem Zweiten (49 Prozent) unterstützt, von 45 Prozent aber abgelehnt. CDU-Anhänger stehen mit deutlicher Mehrheit zu dem Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD: Sieben von zehn (71 Prozent) befürworten ihn, jeder Vierte (26 Prozent) hält ihn für falsch.

Zum Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU mit der Linkspartei sind die Wahlberechtigten in Deutschland geteilter Meinung: Vier von zehn Deutschen (41 Prozent) finden ihn richtig (-2), 46 Prozent finden ihn nicht richtig (+/-0). Unter CDU-Anhängern halten ihn 52 Prozent für richtig und 39 Prozent für nicht richtig. In den ostdeutschen Bundesländern ist die Bewertung umgekehrt dazu: Hier finden 52 Prozent den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken falsch, 38 Prozent halten ihn für richtig.

77 Prozent wünschen sich andere Asyl- und Flüchtlingspolitik

Drei von vier Deutschen (77 Prozent) sind aktuell der Meinung, es brauche eine grundsätzlich andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, damit weniger Menschen zu uns kommen. 18 Prozent halten eine solche Wende in der Asyl- und Flüchtlingspolitik für unnötig. Mit breiter Mehrheit befürwortet wird eine grundsätzlich andere Asyl- und Flüchtlingspolitik unter Anhängern von AfD (97 Prozent), BSW (91 Prozent) und CDU/CSU (86 Prozent). Auch unter SPD-Anhängern sprechen sich knapp zwei Drittel (65 Prozent) dafür aus, etwa drei von zehn SPD-Anhängern (29 Prozent) stimmen dem nicht zu. Grünen-Anhänger sind in dieser Frage geteilter Meinung: 48 Prozent stimmen zu, 46 Prozent nicht.

Zuwanderung und Flucht derzeit wichtigster Themenkomplex

Die Themen Zuwanderung und Flucht sind in der Problemwahrnehmung der Deutschen weiter gestiegen. Aktuell nennt jeder Zweite (48 Prozent) diesen Komplex als eines der beiden wichtigsten politischen Probleme, um die sich die deutsche Politik vordringlich kümmern muss - 22 Prozentpunkte mehr als noch im April. Es folgen die Themen Wirtschaft (20 Prozent, +1) sowie mit jeweils 12 Prozent soziale Ungerechtigkeit (-5), Umwelt- und Klimaschutz (-4) und Bildung (+2). Dahinter hat auch das Thema innere Sicherheit an Relevanz für die Bürgerinnen und Bürger gewonnen: Jeder Zehnte (10 Prozent) nennt es als eines der wichtigsten politischen Probleme (+7).

Nach dem mutmaßlich islamistischen Terroranschlag von Solingen Ende August werden derzeit verschiedene politische Maßnahmen diskutiert. Einen Ausbau von Prävention und Aufklärung über radikalen Islamismus, etwa an Schulen und Flüchtlingseinrichtungen, befürworten derzeit vier von fünf Wahlberechtigten (82 Prozent). Eine Einführung dauerhafter Kontrollen an deutschen Grenzen sähen 73 Prozent positiv. Fast ebenso viele (72 Prozent) sprechen sich dafür aus, die Sicherheitsbehörden in Deutschland mit weiteren Befugnissen auszustatten, etwa der Erlaubnis, auf elektronische Kommunikation wie Chats zugreifen zu können.

Untersuchungsanlage

Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 03. bis 04. September 2024
Fallzahl: 1.309 Befragte (780 Telefoninterviews und 529 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap


Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.