Mitglieder des Bundestages stehen im Gedenken an getöteten Polizisten

Nach Messerangriff in Mannheim Bundestag debattiert über schärfere Abschieberegeln

Stand: 13.06.2024 20:09 Uhr

Betroffenheit, Vorwürfe, aber auch Warnungen vor Populismus: Nach dem Tod eines Polizisten bei einer Messerattacke in Mannheim hat der Bundestag über mögliche Abschiebungen von Tätern und Gefährdern debattiert.

Von Eva Ellermann, ARD Berlin

Ein toter Polizist, ein tatverdächtiger Islamist aus Afghanistan - die Linke-Abgeordnete Gökay Akbulut macht klar, warum der Bundestag heute über Konsequenzen debattiert: "Ein junger Polizist wurde getötet, weil er das Leben von anderen Menschen retten wollte." Als Mannheimerin mache sie diese Tat "tief betroffen".

Darin und im Mitgefühl für die Angehörigen sind sich alle Fraktionen einig. Aber nicht darüber, wie die Politik reagieren soll. Die Union legt einen Forderungskatalog mit viel Bekanntem vor: mehr Abschiebungen, besserer Grenzschutz, mehr Datenspeicherung, mehr Unterstützung für die Polizei.

Und sie präsentiert ein neues Werkzeug, wie der Heilbronner CDU-Abgeordnete Alexander Throm es nennt: "Wir wollen den unbefristeten Ausreisearrest, selbstverständlich nach Verbüßung der Strafe und zwar so lange, bis der Täter freiwillig ausreist nach Afghanistan oder Syrien." Also Abschiebearrest für Straftäter bis zur freiwilligen Ausreise, kein Weg zurück in die deutsche Gesellschaft.

BSW sieht islamistische Parallelgesellschaften

Die Union macht der Ampel-Koalition Vorwürfe, und wird selbst von der AfD bedrängt. Die findet nämlich: Die Union schreibe bei der AfD ab. Der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio fragt deshalb: "Will diese Union durchsetzen oder verblenden?" Nur "das Original" stehe für wirklich durchgesetzte Abschiebungen, so Curio.

Sarah Wagenknecht vom gleichnamigen Bündnis wirft Union und Regierungskoalition ebenfalls eine verfehlte Migrationspolitik vor. Deutschland habe ein Problem mit islamistischen Parallelgesellschaften.

Grüne kritisieren Anträge der Union

Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic verteidigt den Kurs der Bundesregierung. Mit Blick auf den Tatverdächtigen in Mannheim sagt sie: "Solche Leute, Straftäter nach Verbüßung ihrer Strafe und Gefährder, gehören abgeschoben." Da gäbe es in ihrer Fraktion keine zwei Meinungen. "Es ist gut, dass das bereits heute gesetzlich möglich ist." Dafür brauche man keine unseriösen Schaufensteranträge der Union.

Die Union nutzt die Debatte auch für eine grundsätzliche Abrechnung mit den Ampel-Parteien. Die Forderung der CSU-Abgeordneten Andrea Lindholz: "Handeln Sie endlich, tun sie was oder geben Sie den Weg frei für Neuwahlen, damit andere anfangen können, die Sicherheitsprobleme in unserem Land zu lösen."

"Botschaft von Recht und Anstand und Gemeinsamkeit"

Der Schlagabtausch zwischen Opposition und Regierungsparteien wird emotional, als der Mannheimer FDP-Abgeordnete Konrad Stockmeier ans Rednerpult tritt. Er warnt vor populistischen Tönen und mahnt, kein Öl ins Feuer zu gießen. Er lenkt den Blick auf das, was Mannheim an Integrationsleistungen geschafft hat.

Am Freitag werde die Stadt mit einer Trauerfeier von dem getöteten Polizisten Rouven Laur Abschied nehmen und, so Stockmeier: "Wir werden uns vor seiner Leistung, vor dem, wie er unsere Rechte verteidigt hat, verneigen." Man müsse das Erbe, "die Botschaft von Recht und Anstand und Gemeinsamkeit" annehmen und mit Leben erfüllen. "Und uns das von niemandem kaputtmachen lassen", so Stockmeier.

 

ARD Berlin, tagesschau, 13.06.2024 17:27 Uhr

In einer früheren Version dieses Artikels stand, Andrea Lindholz sei CDU-Abgeordnete. Tatsächlich ist sie in der CSU. Wir haben dies korrigiert.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Juni 2024 um 18:54 Uhr.