Ampel einigt sich auf Haushalt Schwierige Beratungen führen zum Ziel
Kanzler Scholz und die Minister Habeck und Lindner haben sich in einer Nachtsitzung auf den Haushalt für 2025 geeinigt. Auch ein Konjunkturpaket steht. Bei der Vorstellung räumten alle drei ein, die Verhandlungen seien schwierig gewesen.
Die Koalitionsspitzen haben die Eckpunkte für einen Bundeshaushalt für das kommende Jahr und ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Belebung der Konjunktur vorgestellt. In dem Kompromiss könnten "alle drei Koalitionspartner sich und die Projekte wiederfinden, die ihnen aus guten Gründen ganz besonders wichtig sind", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, die Einigung gehe weit über eine Etataufstellung hinaus: "Wir haben uns neu auf die gemeinsamen Grundlagen unseres Regierungshandelns verständigt."
Scholz, Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten das Paket in einer Sitzung von Donnerstagnachmittag bis Freitagfrüh fertiggestellt. Diese Dreierrunde habe sich insgesamt 23 Mal im Kanzleramt getroffen und insgesamt rund 80 Stunden zusammengesessen, um zu der Einigung zu kommen, sagte Lindner.
Investitionsausgaben auf Rekordniveau
Die Schuldenbremse soll für den Haushalt 2025 demzufolge nicht ausgesetzt werden. Der Bund will im kommenden Jahr 44 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen - und mit dieser Kreditaufnahme bei einem Haushaltsgesamtvolumen von 481 Milliarden Euro die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten, sagte Lindner. Die Investitionsausgaben sollen danach mit 57 Milliarden Euro ein neues Rekordniveau erreichen.
Die Bürgerinnen und Bürger sollen 2025 und 2026 in einem Volumen von 23 Milliarden Euro entlastet werden. Die bei den Haushaltsberatungen vereinbarte Konjunkturinitiative soll das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr um gut 0,5 Prozentpunkte erhöhen. Wie Habeck sagte, würde die Wirtschaftsleistung nach ersten Berechnungen dadurch um fast 26 Milliarden Euro steigen. Das Wachstumspaket sieht unter anderem Steuervergünstigungen für arbeitende Rentnerinnen und Rentner sowie bei Überstunden vor, zudem Bürokratieabbau und eine Verbesserung von Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen.
NATO-Ziel und Arbeitsmarktmaßnahmen
Das so genannte Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben solle 2025 eingehalten werden, sagte Lindner. Der Verteidigungshaushalt soll dann bis zum Jahr 2028 kräftig auf rund 80 Milliarden Euro steigen. Damit werde Deutschland langfristig das NATO-Ziel einhalten, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, auch wenn das Sondervermögen für die Bundeswehr komplett ausgegeben sei, sagte Bundeskanzler Scholz. In diesem Jahr hat der reguläre Verteidigungshaushalt ein Volumen von rund 52 Milliarden Euro.
Das Paket sieht zudem weitere Maßnahmen vor, um die Aufnahme von Arbeit attraktiver zu machen. Ausländer sollen künftig grundsätzlich einen Job annehmen dürfen - es sei denn, das Ausländeramt widerspricht binnen 14 Tagen. Bislang war es umgekehrt: Das Amt musste die Zustimmung zur Arbeitsaufnahme erteilen.
"Das größte Wachstumshemmnis liegt im Arbeitsmarkt", sagte Habeck. Hier sehe er die "größte Stellschraube für mehr Wachstum". Mit einem Prämienmodell sollen mehr Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt vermittelt werden. Gleichzeitig solle strenger Überwacht werden, ob Bürgergeldempfänger eine angebotene Arbeit auch annehmen, sagte Habeck.
"Wir machen es uns nicht wirklich immer leicht"
Scholz, Lindner und Habeck berichteten übereinstimmend von schwierigen und intensiven Haushaltsberatungen in der Koalition. Der Kanzler sagte dazu: "Wir machen es uns nicht wirklich immer leicht, ringen hart um die Sache, und wir suchen Kompromisse - manchmal die halbe Nacht, manchmal die ganze Nacht", sagte er - und fügte hinzu: "Warum? Weil die Alternative dazu eben keine Alternative ist: die Nerven zu verlieren, hinzuschmeißen oder vor Verantwortung wegzulaufen."
Eine Einigung über den Haushalt 2025 sollte ursprünglich bis zum 3. Juli erreicht werden, dieser Termin wurde gerissen. Danach war der 17. Juli für den Kabinettsbeschluss im Gespräch. Um diesen Termin zu erreichen, war eine baldige Grundsatzeinigung nötig, weil die Ausarbeitung des Haushaltsgesetzes dann in der Regel noch etwa zehn Tage dauert. Ab Mitte September befasst sich dann der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf, der dann im November oder Dezember beschlossen werden könnte.
Erleichterung in den Fraktionen
Die Fraktionen der Ampel-Parteien im Bundestag reagierten mit Erleichterung auf die Einigung ihrer Koalitionsspitzen. Als wichtige Eckpunkte nannte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im ARD-Morgenmagazin, dass Investitionen gesichert seien und das Kindergeld um fünf Euro steigen werde. Die Fraktion werde sich den Haushaltsentwurf jetzt genau ansehen.
Die Debatte über die Schuldenbremse ist aber aus Sicht Mützenichs noch nicht vom Tisch. Es seien "eine Menge Kunstgriffe nötig" gewesen, um die Milliardenlücke im Bundeshaushalt 2025 zu schließen. Er behalte sich vor, über einen Notlagenbeschluss eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu ermöglichen.
Grüne erwarten schwierige Beratungen
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sieht anders als Mützenich dafür keinen Spielraum. Deutschland sei nun auf dem Kurs einer soliden Finanzpolitik. Es sei kein Geheimnis, dass die FDP im politischen Raum "hier und da oftmals alleine" dastehe. In der Öffentlichkeit sei das anders, sagte Dürr. Die weite Mehrheit der Menschen in Deutschland befürworte die Schuldenbremse, sagt der FDP-Politiker. Deswegen sei es "der Auftrag der FDP, das auch in Regierungsverantwortung umzusetzen."
Die Grünen-Fraktionsspitze lobte die verstärkte Familienförderung im Haushaltsentwurf 2025, kritisierte aber Kürzungen in etlichen Fachressorts. Wenn der Haushaltsplan in den Bundestag kommt, erwartet Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann daher schwierige Beratungen. Man müsse sich die Frage stellen, ob der Regierungsentwurf dem Anspruch an innere und äußere Sicherheit und der Notwendigkeit von Investitionen gerecht werde.
Deutliche Kritik aus der Opposition
Aus der Opposition kam deutliche Kritik an der Haushaltseinigung. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält das Ergebnis nach eigenen Angaben für unzureichend. Es reiche nicht zu einer grundlegenden Wende. Söder sagte, Deutschland brauche eine "umfassende Fitnesskur, nicht Rheumadecke und Notfallpflaster".
CDU-Chef Friedrich Merz sagte im ARD-Morgenmagazin: "Wir brauchen die Schuldenbremse." Für den Bund müsse gelten, was im Grundgesetz steht. "So wie die Schuldenbremse angelegt ist, ist sie richtig."
Aus der Linkspartei kam gerade an der Einhaltung der Schuldenbremse Kritik. "Schon jetzt ist klar: Schuldenbremse einhalten, die Unternehmen entlasten, Bundeswehr aufrüsten und Steuern senken geht nur, wenn massiv bei den Sozialausgaben gekürzt wird", sagte Parteichefin Janine Wissler.