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Ampel-Einigung Was steckt im neuen Haushaltskompromiss?

Stand: 16.08.2024 18:29 Uhr

Nach der Einigung der Ampelkoalition im Haushaltsstreit sind Details bekannt geworden. Warum gibt es immer noch Finanzierungslücken? Was sind die vielzitierten Minderausgaben - und wie geht es nun weiter?

Mit diesem Haushaltsentwurf hat sich die Bundesregierung wirklich schwergetan: Unzählige Verhandlungsstunden unter Einschaltung des Bundeskanzlers, genervte Koalitionspartner und ein Paket, das wegen drohenden Verfassungsbruchs wieder aufgeschnürt wurde. Jetzt gibt es einen Kompromiss. Wie kam er zustande und was steckt drin?

Warum waren nochmal Verhandlungen nötig?

Anfang Juli hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereits einmal eine Einigung über den Etat für 2025 verkündet.

Lindner hatte bereits nach der Einigung deutlich gemacht, es gebe rechtliche und wirtschaftliche Bedenken, ob alle für eine Lösung ins Auge gefassten Vorhaben auch umsetzbar seien. Nachdem zwei Gutachten die Zweifel in Teilen bestätigt hatten, verwarfen die Koalitionäre die Idee, 4,9 Milliarden Euro der KfW statt für die Gaspreisbremse im Haushalt zu anderen Zwecken einzusetzen.

Umstritten war auch, ob Bahn und Autobahngesellschaft unterstützt werden können, ohne dass dies auf die Schuldenbremse angerechnet werden muss. Hier waren Lindner und Scholz unterschiedlicher Meinung - deswegen kam es zu Nachverhandlungen

Wie sieht der Kompromiss jetzt aus?

Die nun verkündete Einigung wurde durch eine Verringerung der globalen Minderausgabe (GMA) möglich. Nach Angaben der Bundesregierung wird diese um rund 4,5 Milliarden Euro auf dann noch rund 12 Milliarden Euro verringert. In ihrem im Juli vorgestellten Entwurf hatte die Bundesregierung mit einer Minderausgabe von rund 17 Milliarden Euro geplant.

Insgesamt will die Ampel im kommenden Jahr mehr als 480 Milliarden Euro ausgeben, fast ein Zehntel davon auf Kredit.

Was ist eine globale Minderausgabe?

Im Grunde geht es um Ausgabenkürzungen, von denen man noch nicht weiß, wo das Geld genau eingespart wird. Global deswegen, weil sie für den gesamten Haushaltsplan und damit übergreifend für alle Ressorts veranschlagt werden. Damit werden rechnerisch also Spielräume für Einsparungen angenommen, ohne sich auf bestimmte Ausgabenpositionen jetzt verständigen zu müssen.

Die Rede ist auch von Bodensatz-GMA, weil angenommen wird, dass bestimmte Haushaltsmittel nicht vollständig abgerufen oder ausgegeben werden - also ein "Bodensatz" übrig bleibt, weil sich Projekte verzögern oder Maßnahmen wieder gestrichen werden.

Warum gibt es immer noch Lücken?

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP lässt eine Finanzierungslücke von zwölf Milliarden Euro und setzt auf die Annahme, dass ein Teil des Budgets 2025 ungenutzt bleibt und am Ende eingespart werden kann.

Dem Parlament steht nun eine vergleichsweise große Aufgabe bevor in den Beratungen zum Haushalt, weil die globale Minderausgabe deutlich größer ist als üblich. Aus Lindners Sicht ist das kein Problem. Er hatte im Juli bei der Vorstellung des Regierungsentwurfs gesagt: "Das ist Staatspraxis, das ist Erfahrungswissen, das ist seriös."

Unter anderem die Union sieht das anders. Der Chefhaushälter der Fraktion, Christian Haase, sagte: "Diese Regierung hat erneut ein unwürdiges Schauspiel abgeliefert. Über Monate führt sie einen Eiertanz zum Haushalt auf, um dann in einem zweiten Anlauf etwas zu präsentieren, dass weiterhin verfassungsrechtlich höchst zweifelhaft ist."

Wie hoch war die Bodensatz-GMA früher?

Mit der im Regierungsentwurf veranschlagten Bodensatz-GMA übertrifft die Ampel die Werte der vergangenen 20 Jahre um einiges. Dies geht aus einer Antwort von Finanz-Staatssekretär Florian Toncar auf eine Anfrage von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hervor.

Der Posten gewann zuletzt zudem immer mehr an Bedeutung. In den Regierungsentwürfen der Jahre 2004 bis 2024 war in zwölf Jahren gar keine Bodensatz-GMA vorgesehen (2004, 2007-2013, 2015-2017, 2019). 2018 lag sie erstmals über drei Milliarden Euro - und stieg dann in den Jahren 2021 bis 2023 auf jeweils sechs bis acht Milliarden Euro. Für 2024 wurden acht Milliarden Euro veranschlagt.

Was hat das mit der Bahn zu tun?

Konkret ist laut Regierung geplant, dass die Infrastruktursparte der Deutschen Bahn AG zusätzliches Eigenkapital im Umfang von 4,5 Milliarden Euro bekommt - das soll die im bisherigen Entwurf des Bundeshaushalts 2025 vorgesehenen Zuschüsse ersetzen. Außerdem soll die Bahn ein Darlehen des Bundes in Höhe von drei Milliarden Euro bekommen. Die Schuldenbremse bleibe davon unberührt.

Bisher ist 2025 eine Eigenkapitalerhöhung von rund 5,9 Milliarden Euro vorgesehen, damit soll die Bahn Investitionen zur Sanierung des maroden Schienennetzes vornehmen.

Was bedeutet der Kompromiss für die Autobahn GmbH?

Die Idee von Darlehen für die bundeseigene Autobahngesellschaft ist vom Tisch. Denn dafür wären eigene Einnahmen der Autobahn GmbH nötig, die sie derzeit nicht hat.

Generell möglich wäre, dass die Autobahn GmbH einen Teil der Einnahmen aus der Lkw-Maut bekommt. Die Rede war nun davon, es brauche für Änderungen bei der Finanzierung der Autobahn GmbH eine "vertiefte Debatte".

Ist der Haushalt 2025 damit beschlossen?

Nein. Beschlossen wird ein Bundeshaushalt nicht von der Regierung, sondern vom Parlament. Die Haushälter im Bundestag nehmen bis zum Beschluss kurz vor Weihnachten für gewöhnlich noch eine ganze Reihe an Änderungen vor - und nehmen teils auch von der Regierung vorgesehene Kürzungen wieder zurück.

Geht die Ampel nun zur Tagesordnung über?

Die Auseinandersetzungen um den Etat fürs nächste Jahr haben das Klima in der Zusammenarbeit belastet. Erkennbar war das auch an den jüngsten Vorschlägen der FDP, zum Beispiel das Entwicklungshilfeministerium abzuwickeln oder mehr Autos in die Innenstädte zu lassen - Vorhaben, die offensichtlich auf Ablehnung in der Koalition stoßen mussten.

Mit Informationen von Lothar Lenz, ARD-Hauptstadtstudio