Christian Lindner

Prüfer des Finanzministeriums Wackelt Lindners Haushaltsplan?

Stand: 01.08.2024 11:18 Uhr

Finanzminister Lindner hat rechtlich prüfen lassen, ob und wie man die 17-Milliarden-Lücke im Haushalt 2025 schließen kann. Doch externe Prüfer äußern offenbar Zweifel. Die Verhandlungen könnten damit von vorne losgehen.

Von Nicole Kohnert, ARD-Hauptstadtstudio

Die Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung ein 17-Milliarden-Loch im kommenden Haushalt schließen will, werden seit Wochen von externen Gutachtern im Auftrag von Finanzminister Christian Lindner geprüft. Nun soll es Bedenken von diesen externen Prüfern geben, ob das alles klappen kann.

"Der Beirat äußert vor dem Hintergrund der Schuldenbremse an allen von der Bundesregierung in diesem Zusammenhang erwogenen Maßnahmen erhebliche Zweifel", heißt es in einem Brief des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium, der dem Handelsblatt vorliegt. Damit könnte der Haushaltsplan der Bundesregierung am Wackeln sein.

Schon im Vorfeld Zweifel

Geprüft wurde, ob Gelder, die eigentlich für die Gas- und Strompreisbremse gedacht waren, nicht genutzt werden könnten, um die Haushaltslücke zu schließen. Zudem wurde geprüft, ob anstelle von Zuschüssen an die Deutsche Bahn und die Autobahn GmbH nur Darlehen gewährt werden.

Schon im Vorfeld hatte Verfassungsrechtler Hanno Kube gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio gewarnt, Gelder für die Gas- und Strompreisbremse umzuwidmen. "Soweit bei der KfW Mittel liegen, die durch Notlagen-Kredite finanziert waren, dürfen diese Mittel ganz sicher nicht zu anderen Zwecken umgewidmet werden."

Genau dazu habe sich das Bundesverfassungsgericht bereits Ende 2023 verhalten, sagt Kube. Im vergangenen Jahr wurden durch das Urteil aus Karlsruhe umgewidmete Corona-Kredite als verfassungswidrig eingestuft und warfen die Haushaltspläne der Ampel-Regierung über den Haufen. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil über den Haushalt gilt als eine der größten Niederlagen der Ampel-Regierung.

Darlehen an Autobahn GmbH und die Bahn?

Auch bei den anderen Maßnahmen, der Deutschen Bahn und der Autobahn GmbH anstatt Zuschüsse nur ein Darlehen zu gewähren, gibt es seit Tagen schon viel Kritik. Dieser haushaltspolitische Kniff soll konkret so funktionieren: Wenn der Staat Kredite aufnimmt und diese gleich als Darlehen weiter verleiht, soll das nicht unter die Schuldenbremse fallen. Damit hätte die Bundesregierung mehr Spielraum für andere Ausgaben.

Für die Deutsche Bahn und die Autobahn GmbH heißt das, das notwendige Geld soll ihnen in Zukunft nicht einfach als Zuschuss übertragen, sondern nur noch in Form von Darlehen geliehen werden. Dieses Darlehen müsste dann irgendwann von den staatlichen Unternehmen zurückgezahlt werden. Das scheint aber kompliziert zu sein.

Denn kaum wurde diese vorläufige Idee von der Bundesregierung kommuniziert, beschwerte sich prompt der Vize-Aufsichtsratsvorsitzende der Autobahn GmbH, Volker Geyer, gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio. "Nach der jetzigen Rechtslage kann die Autobahn GmbH kein Darlehen aufnehmen, hat keine Einnahmen, kann auch Zinsen, die dadurch fällig werden, nicht zurückzahlen", sagte Geyer. Das würde alles die Autobahn GmbH unverhältnismäßig belasten und darum sei dieses ganze Szenario reine Augenwischerei.

Austausch mit Scholz und Habeck nötig?

Bis gestern wollte sich das Bundesfinanzministerium nicht zu den Prüfungen äußern. Bis zum 16. August soll das Finanzministerium dem Bundestag den Haushaltsentwurf für 2025 zukommen lassen. An diesem Plan habe sich nichts geändert, hieß es gestern von einem Sprecher des Ministeriums. Doch wie es nun weitergehen und das 17-Milliarden-Loch im kommenden Haushalt nun gestopft werden könnte, darüber werden Kanzler Olaf Scholz, Finanzminister Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck sicherlich bald reden müssen.

"Wenn die drei Herren Bedürfnisse haben, miteinander zu reden, dann können sie das ja jederzeit tun, und natürlich stehen sie auch in einem ständigen Austausch", sagt Regierungssprecher Wolfgang Büchner auf die Frage, ob sie das nun in der Sommerpause tun werden. Um den nächsten Haushaltsstreit zu verhindern, werden sie sich nun austauschen müssen - auch, wenn der Kanzler derzeit im Urlaub ist.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 31. Juli 2024 um 19:23 Uhr.