Pressekonferenz des Kanzlers Mit Zuversicht gegen jede Kritik
Kurz vor dem Urlaub gibt Kanzler Scholz noch eine Pressekonferenz. Er nimmt sich viel Zeit und betont Ampel-Projekte, die aus seiner Sicht gelungen sind. Er will Zuversicht vermitteln. Geht sein Kalkül auf?
Der Kanzler steht unter Druck. Die Krisen in der Welt halten an, die Umfragewerte seiner SPD sind weiter schlecht. Olaf Scholz scheint davon unberührt. Fast schon stoisch versucht er zu erklären, was der Bundesregierung zuletzt alles gelungen ist.
Es ist traditionell die letzte Pressekonferenz vor der Sommerpause. Nur noch die Eröffnung der Olympischen Spiele am Freitag trennen Bundeskanzler Scholz von seinem Urlaub. Die vergangenen Monate waren turbulent: Diskussionen um den Haushalt, verheerende Umfragewerte, der anhaltende Krieg Russlands gegen die Ukraine. Viele Themen also, dementsprechend groß das mediale Interesse. Der große Saal der Bundespressekonferenz ist prall gefüllt.
Nicht Scholz' Paradedisziplin
Pressekonferenzen sind nicht die Paradedisziplin von Scholz. Kaum ein Spitzenpolitiker ist besser darin, Sachverhalte manchmal so umständlich zu erklären. Zudem macht der Kanzler keinen Hehl daraus, wie er auf den Hauptstadtjournalismus blickt, nämlich eher wenig begeistert. Und nun sitzen ihm an diesem Mittwochmittag gleich Dutzende Journalisten gegenüber.
Scholz nimmt sich viel Zeit, fast zwei Stunden lang. Und er nutzt fast jede Möglichkeit, um über Ampel-Projekte zu sprechen, die aus seiner Sicht gelungen sind. Über die Erneuerung der Bahnschienen, die Veränderung des Planungsrechts, die Modernisierung der Ausländerbehörden. Viele Dinge, die zwar politisch entschieden, aber noch nicht für jeden sichtbar sind.
König der doppelten Verneinung
Sein Kalkül: Bis zur nächsten Bundestagswahl im September 2025 wird sich das ändern und die Ampel-Erfolge werden deutlich. "Meine Überzeugung ist, dass wir das gedreht bekommen", sagt der Kanzler. Sein Optimismus scheint unzerstörbar.
Scholz ist der ungekrönte König der doppelten Verneinung, was es den Zuhörenden manchmal nicht leicht macht zu folgen. In Bezug auf mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge sagt er etwa: "Ist ja nicht eine Technologie, die wir nicht unterstützen."
Und er hat Lieblingsworte. "Präzise" und "sorgfältig" gehören eindeutig dazu. Gefühlt in jedem zweiten Satz verwendet er sie. Es sind Beschreibungen, die ihm gefallen und in denen er sich erkennt. Er als Kanzler arbeite "präzise und sorgfältig", während andere herumlabern oder Interviews geben. Umso schwerer hat ihn deswegen auch das Karlsruher Urteil beschädigt, in dem die Verfassungsrichter ziemlich deutlich gemacht haben, dass der Haushaltsentwurf alles ist, aber nicht "präzise" und "sorgfältig".
Das ganze Jahrhundert im Blick?
Aber was macht diesen Mann so zuversichtlich? Woher nimmt er den Glauben, dass sich alles zum Guten wendet und die Bevölkerung irgendwann schon verstehen wird, dass seine Politik die richtige für das Land ist? In Interviews erzählt Scholz, dass er in langen Linien denkt, das ganze Jahrhundert im Blick hat und dementsprechend Politik macht. Scholz spricht dann oft über eine multipolare Welt, also eine Welt, in der nicht mehr nur die USA, Russland und China den Ton angeben, sondern auch kleinere Nationen mit am Tisch sitzen wollen.
Zum Beispiel Serbien: Der Bundeskanzler war erst vor kurzem zu Besuch in Belgrad, der umstrittene Staatspräsident Aleksandar Vucic nahm ihn am Flughafen persönlich in Empfang. Überall in der Stadt wehten deutsche Flaggen. Scholz war da, weil Serbien große Lithiumvorräte hat und das Autoland Deutschland Lithium braucht, um Batterien für E-Autos herzustellen. Anders als früher wird das wertvolle Edelmetall aber nicht einfach importiert und in Deutschland veredelt. Vielmehr soll die Wertschöpfung in Serbien stattfinden.
Lange Liste mit Themen
Früher seien "in schlimmer Weise" Rohstoffe aus dem Boden geholt worden, so Scholz bei der Pressekonferenz. Nicht nur im Fall Serbiens will Deutschland nun anders vorgehen. Scholz hofft, dass sich solche Partnerschaften auf Augenhöhe langfristig auch politisch lohnen und der mit Russland flirtende Vucic künftig eher nach Brüssel oder Berlin als nach Moskau blickt.
Von der internationalen Bühne wieder in die letzte Pressekonferenz vor der Sommerpause. Bürgergeld-Diskussion, Krieg gegen die Ukraine, Verbrenner-Aus - auch im eigenen Land ist die Liste mit Themen lang und die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Politik groß.
Scholz' Wette ist, dass aus Ablehnung schon bald Zustimmung wird und dass er einfach nur noch ein bisschen Zeit braucht. Es ist eine riskante Wette in einer Welt, die nicht zuletzt auch durch Social Media immer schneller, kleinteiliger und unbarmherziger wird. Doch Olaf Scholz scheint keinen Zweifel daran zu haben, dass er diese Wette schlussendlich gewinnt. Der Kanzler wirkt mit sich im Reinen.