
Koalitionsverhandlungen Auf der Suche nach dem Gemeinsamen
16 Arbeitsgruppen haben ihre Ergebnisse vorgelegt, nun müssen die Chef-Unterhändler wieder ran: Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD gehen weiter - und dürften alles andere als leicht werden.
Friedrich Merz selbst hat die Erwartungen hochgeschraubt. Noch am Wahlabend hatte der vermutlich nächste Kanzler seine Forderung wiederholt, bis Ostern einen Koalitionsvertrag zu haben: "Ich finde, es sollte eine Zeit sein, die maximal ausreicht, um eine Regierung in Deutschland zu bilden."
Merz will so schnell wie möglich ins Kanzleramt, um zügig Gesetze auf den Weg zu bringen, die die Stimmung im Land bis zum Sommer deutlich verbessern sollen. So hatte er es angekündigt.
Doch inzwischen hat Merz gemerkt, dass Koalitionsverhandlungen Zeit brauchen, wenn am Ende etwas Gutes dabei rauskommen soll. "Hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Lieber zwei bis drei Tage länger verhandeln und einen guten Vertrag, als Wochen, Monate oder gar Jahre zu streiten", sagte Merz.
Merz' Glaubwürdigkeit hat gelitten
Merz ist nun gefordert, denn seine Partei erwartet, dass sich sehr viele Forderungen der Union im Koalitionsvertrag wiederfinden - besonders, nachdem Merz die Schuldenbremse gelockert und ein 500 Milliarden Euro schweres Schuldenpaket auf den Weg gebracht hat.
Das Schuldenpaket verschafft der nächsten Regierung zwar deutlich mehr Spielraum, doch dafür hat Friedrich Merz einen Preis bezahlt. Seine Glaubwürdigkeit hat gelitten - bei Wählerinnen und Wählern und in der eigenen Partei. "Wir alle müssen vor der Illusion warnen, dass jetzt durch viele neue Schulden praktisch unbegrenzt Ausgaben möglich sind", mahnte Merz. "Das Gegenteil ist richtig."
Erste Etappe erreicht
Die erste Etappe der Koalitionsverhandlungen ist inzwischen abgeschlossen. Vier Wochen nach der Wahl liegen erste Verhandlungsergebnisse auf dem Tisch. In 16 Arbeitsgruppen haben Fachpolitiker der Union versucht, ihre Positionen durchzubringen, aber die SPD hält klar dagegen. Das bedeutet: in vielen Punkten liegen schwarz und rot noch weit auseinander.
Jetzt sind also die Chef-Unterhändler von CDU, CSU und SPD gefragt. Dazu gehört auch SPD-Chef Lars Klingbeil. Er hat schon mehrere Koalitionsverhandlungen miterlebt und weiß "dass es an der einen oder anderen Stelle durchaus Unterschiede gibt, dass es auch mal knirscht", sagte er. Es wäre verwunderlich, wenn man sich bereits wenige Wochen nach einem harten Wahlkampf sofort einig wäre. Es seien unterschiedliche Parteien, die jetzt das Gemeinsame suchen.
Suche nach Gemeinsamem bei einigen Themen schwierig
Gemeinsames zu finden, ist vor allem bei den Themen Migration, Steuern und Finanzen schwierig. Die Union will zum Beispiel Besserverdiener entlasten, die SPD will sie belasten und den Spitzensteuersatz erhöhen. Die Union will Unternehmenssteuern senken, die SPD glaubt, dass dafür nicht genug Geld da ist.
Denn das 500 Milliarden Euro Schuldenpaket ist ausschließlich für Investitionen gedacht, zum Beispiel in die Bahn, Schulen oder Krankenhäuser. Und die Schuldenbremse wurde für Investitionen in die Bundeswehr und die Sicherheit gelockert. Alles andere muss aus dem regulären Haushalt bezahlt werden.
Merz muss Verhandlungsgeschick beweisen
Lars Klingbeil sieht deswegen noch großen Klärungsbedarf. "Für mich ist wichtig, dass alles in diesem Koalitionsvertrag geklärt ist. Deswegen geht es drum, das wir gründlich jetzt die Sachen ausdiskutieren. Dass wir klar sind in der Frage: Wie wird das Land künftig regiert?"
Friedrich Merz wird nun Verhandlungsgeschick beweisen müssen, um das durchzusetzen, was er angekündigt hat: Einen echten Politikwechsel, vor allem in der Wirtschafts- und Migrationspolitik. Wo er etwa Zurückweisungen an den Grenzen ab dem ersten Tag seiner Kanzlerschaft angekündigt hat: "Das werden anspruchsvolle Gespräche und wir sind noch nicht bei einem Vertrag." Aber bis Ostern sind es ja noch gut drei Wochen.