Gespräche mit Polen und Tschechien Faeser kündigt Grenzkontrollen an
Erst hatte sie sie abgelehnt, nun hat Innenministerin Faeser stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien angekündigt. Mit ihnen soll irreguläre Migration begrenzt werden. Die Grünen halten nicht viel davon.
In der Debatte um die Migration hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität an den Grenzen zu Tschechien und Polen angekündigt. "Um Schleuser zu stoppen, bereiten wir jetzt zusätzliche Kontrollen an unseren Grenzen zu Polen und Tschechien vor", sagte Faeser (SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir verknüpfen unsere zusätzlichen Maßnahmen sehr eng mit der bereits stark intensivierten Schleierfahndung im gesamten Grenzgebiet."
Mit ihren Amtskollegen in Tschechien und Polen sei sie in einem engen Kontakt, um "gut abgestimmte Maßnahmen zu treffen". "Mein Ziel ist maximaler Ermittlungsdruck auf Schleuser und der Schutz der Menschen, die unter lebensgefährlichen Bedingungen, oft ohne Wasser und mit kaum Sauerstoff, über Grenzen geschmuggelt werden", sagte Faeser.
Am Wochenende habe es Kontakte mit dem tschechischen Innenminister und auf hoher Beamtenebene auch mit der polnischen Seite gegeben, hieß es aus dem Ministerium. Faeser werde noch vor dem EU-Innenministertreffen am Donnerstag mit ihrem polnischen Amtskollegen über das Thema beraten, so dass sehr schnell zusätzliche Maßnahmen getroffen werden könnten.
Tschechien begrüßt gemeinsame Maßnahmen
Tschechien erklärte sich zu gemeinsamen Maßnahmen mit Deutschland gegen irreguläre Migration bereit. Innenminister Vit Rakusan sagte nach Gesprächen mit Faeser, er habe sich mit ihr auf die Anwendung des sogenannten Schweizer Modells verständigt: "Deutsche Polizisten sollen das Recht erhalten, gemeinsam mit tschechischen Polizisten die Migrationssituation bereits auf der tschechischen Seite der Grenze zu überwachen."Dies ermögliche der deutsch-tschechische Polizeivertrag.
Zudem seien "mehrere markante Aktionen" gegen Schleuser geplant, sagte Rakusan, ohne ins Detail zu gehen. Faeser habe signalisiert, dass Deutschland auf stationäre Grenzkontrollen verzichten könne, falls diese wirken. Er rechne mit ersten konkreten Schritten bis Ende der Woche. Dazu liefen derzeit Gespräche.
Seit Herbst 2015 gibt es solche vorübergehenden Kontrollen an der Grenze zwischen Bayern und Österreich. Sie werden vom Bundesinnenministerium bei der EU-Kommission angemeldet und jeweils verlängert. Für andere Grenzabschnitte hatte Faeser solche Kontrollen, die in Brüssel mit einem Vorlauf von etwa einem Monat beantragt werden müssen, bislang für nicht sinnvoll erachtet.
Grüne: Vorschläge von Union und FDP nicht sinnvoll
Die Grünen halten ständige Kontrollen direkt an der Grenze und die von Unionspolitikern und der FDP ebenfalls vorgeschlagene Ausgabe von Sachleistungen an Asylbewerber dagegen nicht für sinnvoll. Die Verteilung von Sachleistungen sei schon erlaubt, sagte der Co-Vorsitzende Omid Nouripour. Sie werde aber wegen des großen Aufwands für die Kommunen kaum praktiziert. Mobile Kontrollen seien auch wegen der Belastung für die Bundespolizei besser als stationäre Grenzontrollen, fügte er hinzu.
Aus Sicht der Grünen müssten die Kommunen schnell finanziell entlastet werden, damit sie die Unterbringung und Integration der Geflüchteten bewältigen könnten. Wichtig sei außerdem, dass möglichst schnell mit Herkunftsstaaten Abkommen über Migration- und Rückführung vereinbart würden. Auch müsse der "Integrationsmotor Arbeitsmarkt" schneller angeworfen werden. Dafür sollten die Möglichkeiten genutzt werden, aus dem Asylverfahren in die Erwerbsmigration zu wechseln.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte im Deutschlandfunk, sie und Faeser arbeiteten daran, "dass wir in Europa endlich zu gemeinsamen Regelungen in der Asyl- und Flüchtlingspolitik kommen". Es brauche Struktur und Ordnung. An den Außengrenzen müssten klare Regeln geschaffen werden, "damit endlich Menschen geordnet in Europa verteilt werden". Sie verwies auf schnelle Verfahren an den Außengrenzen und schnelle Rückführungen.
FDP bekräftigt Kritik an Grünen
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bekräftigte unterdessen seine Kritik am grünen Koalitionspartner. Die Bundesregierung müsse bei der Migration ein gemeinsames Verständnis für die Realität im Land haben: "Es wird nicht funktionieren, wenn ein Koalitionspartner die Dinge anders sieht oder durch Bedenken gesamteuropäische Lösungen aufhält."
Bis Ende August registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr als 204.000 Erstanträge auf Asyl - ein Plus von 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Untergebracht und versorgt werden müssen zudem mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.
Bund und Länder uneins über Kosten
Bund und Länder sind indes weiter uneins darüber, wie sie die Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge in Deutschland aufteilen. Zum Ausgang einer Videokonferenz einer Arbeitsgruppe hieß es aus Teilnehmerkreisen, es gebe weiterhin keine Einigkeit bei der Höhe der künftigen Beteiligungen des Bundes.
Die Frage, wie viel Geld der Bund etwa für die Unterbringung beisteuert, ist wegen steigender Flüchtlingszahlen seit Monaten umstritten und soll auch Thema eines Bund-Länder-Gipfels im November werden. Mitte Mai hatte der Bund den Ländern eine Milliarde Euro als zusätzliche Beteiligung für dieses Jahr zugesagt. Damit sollen sie dabei unterstützt werden, ihre Kommunen zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden zu finanzieren.
Länder und Kommunen wollen hingegen künftig ein "atmendes System", bei dem sich die Zahlungen dauerhaft an der tatsächlichen Zahl der Geflüchteten orientieren.