Rentenbescheid

Pläne der Bundesregierung Wie die Betriebsrente die Rente retten soll

Stand: 18.09.2024 06:42 Uhr

Die Betriebsrente soll neben der gesetzlichen Rente die Altersversorgung der Deutschen sichern. Nur: Wie bringt man mehr Unternehmen dazu, eine Betriebsrente anzubieten? Das Kabinett berät heute einen Gesetzesentwurf. 

Von Jan-Peter Bartels, ARD-Hauptstadtstudio

Die Sache ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern, aber sie soll das Leben seiner Kollegen verändern. Eine Betriebsrente. "Ein bisschen Licht am Horizont." So nennt Sven Ebeling das. Er hat bei den Verhandlungen mit am Tisch gesessen - über viele, viele Monate. Jetzt ist er "richtig froh" und auch ein bisschen stolz.

Ebeling kennt die Probleme seiner Kollegen. Er weiß, wie es ist, wenn man mit wenig Geld auskommen muss: Seit mehr als 25 Jahren arbeitet er am Flughafen Düsseldorf. Am Check-in hat er angefangen, Passagiere abgefertigt, ein Studentenjob. Später hat er in der Gepäckermittlung gearbeitet. Jobs, die einen Flughafen am Laufen halten und Urlaubsträume möglich machen, aber nicht gut bezahlt sind.

Eine Betriebsrente als Investition in die Zukunft

"Da verdient man nicht so viel, dass man privat groß vorsorgen kann", sagt Ebeling. "Und die Rente sieht alles andere als rosig aus." Viele Kolleginnen und Kollegen könnten auch nur Teilzeit arbeiten, aus familiären Gründen. Dann seien die Aussichten: Ein Leben lang arbeiten und in der Rente womöglich nicht mehr die bisherige Mietwohnung zahlen zu können.

Ebeling wollte etwas dagegen tun. Auch deswegen hat er lange für eine Betriebsrente gekämpft. Anfang des nächsten Jahres werde sie nun hoffentlich kommen. Sein Arbeitgeber AHS soll dann für jeden Mitarbeitenden zusätzlich zum Gehalt in eine Anlage einzahlen. "Manche möchten vielleicht lieber einen Urlaubstag extra bekommen", sagt Ebeling. Oder eine Sonderzahlung. Das sei nachvollziehbarer, man merke es direkt. "Aber am Ende fanden alle die Betriebsrente gut, weil das halt eine Investition in die Zukunft ist, für das Alter."

Aktuell 54 Prozent der deutschen Arbeitnehmer mit Betriebsrente

Eine Betriebsrente haben derzeit rund 54 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland, schätzt das Sozialministerium. "Niemand soll sich im Alter finanziell Sorgen machen müssen", sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). "Die Kombination aus gesetzlicher Rente und Betriebsrente ist der beste Weg dorthin." Damit es für kleine und mittlere Unternehmen einfacher wird, eine Betriebsrente einzuführen, will das Bundeskabinett heute einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen.

Dadurch sollen Unternehmen leichter bei anderen, bereits bestehenden Betriebsrentenmodellen mitmachen können. Das soll den langen und bürokratischen Verhandlungsweg abkürzen und es kleinen Betrieben ermöglichen, eine einfache und sichere Betriebsrente anzubieten. Zudem soll der Staat bei Betriebsrenten von Beschäftigten mit niedrigem Einkommen mehr dazugeben, wenn der Arbeitgeber eine Betriebsrente anbietet: Die Einkommensgrenze für die zusätzliche Förderung soll auf 2.718 Euro monatlich angehoben und dynamisiert werden.

Die Hoffnung dabei: dass mehr Unternehmen es attraktiv finden, eine Betriebsrente anzubieten - nicht zuletzt profitieren auch Arbeitgeber von Steuererleichterungen, wenn sie eine Betriebsrente anbieten. Sie bekommen für jeden Euro, den sie für ihre Mitarbeiter mit geringem Einkommen einzahlen, 30 Cent zurück.

Vorbild Niederlande: Dort sind Betriebsrenten weit verbreitet

Allerdings selbst in den Ampel-Fraktionen gibt es Zweifel: "Zwar verbessern die Maßnahmen die Bedingungen für bestehende Betriebsrenten, doch bleibt fraglich, ob sich die Betriebsrente dadurch weiter verbreitet", sagt Anja Schulz, Rentenexpertin der FDP-Fraktion. Sie sieht durchaus "noch erhebliches Potenzial" bei Betriebsrenten in Deutschland - vor allem im Vergleich zu einigen europäischen Nachbarn mit Betriebsrenten-Quoten von mehr als 90 Prozent wie beispielsweise den Niederlanden. Aber es brauche weitere Maßnahmen "außerhalb tariflich organisierter Strukturen".

Das zielt unter anderem auf das sogenannte Sozialpartnermodell, das 2017 von der damaligen Arbeitsministerin Andrea Nahles durchgesetzt wurde. Danach können Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Tarifverträgen vereinbaren, dass der Arbeitgeber zwar garantiert, dass er bestimmte Beiträge in eine Betriebsrente zahlen wird. Eine bestimmte Höhe der späteren Rente muss er aber nicht garantieren. Der Arbeitgeber haftet also nicht mehr für die Betriebsrente und kann damit das finanzielle Risiko besser berechnen. Denn er muss kein Geld zurücklegen für den Fall, dass Zinsen gering und spätere Renten klein ausfallen.

FDP will Zugang zum Sozialpartnermodell weiter fassen

Die FDP sieht zwar in der Idee, eher eine Beitragszusage zu geben als eine Rentenhöhe zu garantieren, den richtigen Ansatz. Die Liberalen plädieren aber seit langem dafür, das Sozialpartnermodell weiter zu öffnen für nicht-tarifgebundene Unternehmen. Denn dazu gehörten mehr als die Hälfte aller kleinen und mittelständischen Unternehmen, die 99 Prozent aller Betriebe in Deutschland ausmachten.

Laut dem Gesetzentwurf soll 2028 von der nächsten Bundesregierung überprüft werden, ob sich die Betriebsrenten-Quote erhöht hatSei das nicht der Fall, müsse man auch über verpflichtende Betriebsrenten nachdenken, heißt es in dem Entwurf. Sven Ebeling aus Düsseldorf findet das den richtigen Weg und Betriebsrenten das richtige Mittel gegen Altersarmut: "Gerade wenn man selbst nicht in der Lage ist, finanziell privat vorzusorgen", sagt er, "dann ist es umso wichtiger, dass auch Arbeitgeber da in die Pflicht genommen werden."