Trump-Forderung zu Verteidigungsausgaben "Wir sind nicht auf einem Basar"
Fünf Prozent des BIP für die Verteidigung? Diese Trump-Forderung wird parteiübergreifend klar abgelehnt. Man befinde sich auf keinem Basar, sagte die Europaabgeordnete Strack-Zimmermann. Dennoch geht die Diskussion über den Wehretat weiter.
Schon vor seinem offiziellen Amtsantritt sorgt Donald Trump für Verwunderung und Kopfschütteln. Mit seiner Forderung an die NATO-Staaten, künftig fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Verteidigungssektor auszugeben, stößt er in Deutschland auf parteiübergreifenden Widerstand.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber (FDP), sieht fünf Prozent als zu hoch an. Im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte er aber auch: "Die 32 NATO-Staaten werden sich auf ein neues gemeinsames Minimum jenseits des Zwei-Prozent-Ziels einigen müssen." Er rechne aber eher mit drei Prozent - und dies müsse im Konsens beschlossen werden, betonte Faber.
Strack-Zimmermann sieht Handlungsbedarf
Auch seine Vorgängerin im Verteidigungsausschuss, die Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hält Trumps Forderung eines Fünf-Prozent-Ziels für überzogen. "Wir sollten uns jetzt nicht von jeder Aussage von Trump kirre machen lassen. Wir sind hier nämlich nicht auf einem Basar", sagte die FDP-Politikerin dem RND.
Die USA erwarteten aber zu Recht, dass die NATO-Mitglieder mehr Geld für ihre Landes- und gemeinsame Bündnisverteidigung in die Hand nähmen.
Das ist angesichts der geographischen Lage und des wirtschaftlichen Potenzials und der Größe Deutschlands auch angemessen, nachdem wir uns über Jahrzehnte hinter den USA versteckt haben in der Hoffnung, wir können uns schon auf sie verlassen und sie werden für unsere Sicherheit geradestehen.
Zwei Prozent reichten nicht aus, aber man solle auch nicht "aus der hohlen Hand heraus Pi mal Daumen eine Zahl in den Raum stellen".
Merz: Auftrag wichtiger als Prozentzahl
CDU-Chef Friedrich Merz hält den Anteil des Verteidigungshaushalts vom Bruttoinlandprodukt vor allem für eine Rechengröße. Wichtig sei der Aufwuchs der Bundeswehr und die Wiederherstellung der Landes- und Bündnisverteidigung, sagte er im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. "Und die zwei, die drei oder die fünf Prozent sind im Grunde irrelevant, entscheidend ist, dass wir das tun, was notwendig ist, um uns zu verteidigen."
Ziel sei, zunächst die zwei Prozent als Untergrenze in Deutschland wirklich zu erreichen. Dies sei derzeit nur durch das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen möglich. Dieses hatte Bundeskanzler Olaf Scholz kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine angekündigt, bis 2027 wird es voraussichtlich aufgebraucht sein.
CSU-Chef Markus Söder sagte den Sendern RTL und ntv am Rande der CSU-Klausurtagung in Kloster Seeon zu Trumps Fünf-Prozent-Forderung, man müsse erst sehen, ob das überhaupt machbar und notwendig sei. Fakt sei, dass es "deutlich über drei Prozent" sein müssten.
Nach Meinung von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wäre aber selbst dieses Ziel, wenn überhaupt, nur Schritt für Schritt erreichbar. Seiner Einschätzung zufolge wird sich die Debatte zukünftig von Prozentzahlen wegbewegen und auf bestimmte militärische Fähigkeiten konzentrieren, sagte er in Seeon.
Wagenknecht setzt auf Paris statt Washington
Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner wies die Trump-Forderung hingegen klar zurück. "Wir brauchen nicht mehr Waffen in der Welt, sondern weniger," sagte er dem Nachrichtenportal Politico. Sehr ähnlich drückte sich Stegners Parteifreund und Bundestagsfraktionsvize Dirk Wiese aus. Er sprach bei ntv von "komplettem Irrsinn".
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht forderte einen außenpolitischen Kurswechsel im Verhältnis zu den USA. "Dass Trump jetzt Rüstungsausgaben in Höhe von fünf Prozent fordert, ist keine Überraschung", sagte sie ebenfalls zu Politico. Es sei nun Zeit, die "Vasallentreue zur USA" zu beenden. Deutschland benötige "Eigenständigkeit statt Unterwürfigkeit" sowie "eine deutliche Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen".
Auch Die Linke stemmt sich gegen Trumps Vorstoß und will die Verteidigungsausgaben auf dem jetzigen Niveau einfrieren. "2024 lag der Verteidigungshaushalt bei 52 Milliarden - zusammen mit den europäischen Partnerstaaten ist das vollkommen ausreichend für eine Landesverteidigung", sagte Parteichef Jan van Aken der Nachrichtenagentur dpa. Es sei ein völlig unsinniger Maßstab, den Etat am Bruttoinlandsprodukt zu bemessen.
Bereits während Trumps erster Amtszeit waren die Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten ein zentraler Streitpunkt. Der Republikaner hatte damals mit einem Austritt der USA aus dem Militärbündnis gedroht, falls die Partnerländer nicht ihre Verpflichtung erfüllen, mindestens zwei Prozent des BIP in Verteidigung zu investieren.
Habeck: Kredite für Bundeswehr nötig
Die Debatte um die angemessene Höhe des Wehretats hat aber auch jenseits von Trump wieder an Fahrt gewonnen. Bundeswirtschaftsminister und Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck warf Bundeskanzler Olaf Scholz vor, die Bundeswehr in Zeiten der Großen Koalition kaputtgespart zu haben.
"Das Sondervermögen, mit dem wir angefangen haben, gegen das Desaster anzuarbeiten, steht schon übernächstes Jahr nicht mehr zur Verfügung. Wir müssen also in den nächsten Jahren mehr für den Schutz des Friedens und die Sicherheit dieses Landes tun", sagte Habeck dem Magazin Stern. Er würde die von ihm geplanten massiven Verteidigungsausgaben über neue Milliardenkredite finanzieren. Die Schuldenbremse dürfe "nicht darüber entscheiden, wie sicher Deutschland ist", sagte Habeck weiter.
"Deutschland muss verteidigungsfähig sein - in allen Bereichen, bei Cybersicherheit, dem Schutz der digitalen Infrastruktur, Zivilschutz. Und dazu muss das nötige Geld zur Verfügung stehen. Klar ist, dass wir das nicht einfach irgendwo ersparen können, sondern hier Kredite für die Sicherheit aufnehmen müssen", sagte er.
3,5 Prozent für die Verteidigung?
Habeck hatte zuvor in einem Interview mit dem Magazin Spiegel für die kommenden Jahre eine Erhöhung des Wehretats auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) gefordert. Daraufhin war er vom Bundeskanzler dafür kritisiert worden, keine Vorschläge zur Gegenfinanzierung geliefert zu haben.