Macrons Wahlsieg Keineswegs alles gut
Ende gut, alles gut? Nein - denn die Wahl zeigt klar, wie weit sich die Franzosen von Europa entfremdet haben und wie gespalten das Land ist. Macron hat nun eine allerletzte Chance, das Land zu vereinen.
"Uff, mal wieder gut gegangen!", mögen jetzt viele denken. Emmanuel Macron bleibt französischer Präsident, die Rechtsradikale Marine Le Pen hat die Stichwahl gegen ihn zum zweiten Mal verloren. Also Ende gut, alles gut? Mitnichten. Und zwar in mehrfacher Hinsicht.
Erstens: die politische Mitte der französischen Gesellschaft ist erodiert. Die traditionellen Parteien sind in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Und die von Macron gegründete Partei "En Marche" hat diese Lücke nicht 1:1 gefüllt. Sie ist in weiten Teilen ein Präsidenten-Wahlverein geblieben, der nicht tief in den Regionen verwurzelt ist. Der für die Wohlsituierten in den Städten da ist, aber nicht für die Abgehängten auf dem Land.
Zweitens: Der politische Diskurs im Land hat sich deutlich nach rechts verschoben. Marine Le Pen ist gelungen, was ihrem Vater Jean-Marie verwehrt blieb: als "présidentiable" zu gelten, also als präsidententauglich, mit gleichwertigen politischen Zielen. Und das, obwohl sie einen nationalen Vorrang für Franzosen fordert, das Kopftuch im öffentlichen Raum verbieten und die europäischen Verträge aushebeln will.
Von Europa entfremdet
Drittens: Die Europa-Skepsis bei unseren Nachbarn ist groß. Nur knapp jeder Dritte vertraut der EU - damit liegt Frankreich auf dem letzten Platz der 27 Mitgliedstaaten. Auch hier hat es Macron nicht geschafft, die Franzosen bei seiner Europa-Euphorie mitzunehmen.
Nach dieser Wahl ist also mitnichten alles gut. Emmanuel Macron hat eine zweite und letzte Chance bekommen, doch sein Rückhalt bei den Menschen in Frankreich ist geschwunden. Viele haben ihn nur zähneknirschend gewählt, oder gar beiden Kandidaten die Stimme verweigert. Jetzt muss Macron das Land wieder zusammenrücken lassen. Sonst besteht die Gefahr, dass in fünf Jahren das französische Staatsoberhaupt zum ersten Mal nicht mehr der politischen Mitte angehört.