Generaldebatte im Bundestag Aus allen Wolken
Weitere Waffen für die Ukraine - der Kanzler blieb in der Generaldebatte nicht wolkig, sondern wurde konkreter. Das ist auch ein Verdienst von Merz, der Scholz an seinen Schwachstellen gepackt hat.
Wenn jede Regierung, die Opposition bekäme, die sie verdient, dann müsste die Ampel-Koalition sich eigentlich bedanken. Nicht nur weil CDU und CSU der Grundgesetzänderung zum Sondervermögen prinzipiell zustimmen wollen, sondern vor allem aus einem ganz anderen Grund: Weil Oppositionsführer Friedrich Merz den Kanzler zu Höchstleistungen provoziert.
Merz, der als Chef der größten Oppositionsfraktion traditionell die Generaldebatte eröffnen darf, hat Olaf Scholz dazu aufgefordert, das vorbereitete Manuskript beiseite zu legen. Das mag ein bisschen eitel sein, weil Merz sich für den besseren Redner hält, aber Scholz hat sich zumindest genug darüber geärgert, um tatsächlich am Anfang frei zu reden. Und siehe da: Er wirkte um einiges lebhafter als man ihn bisher bei Regierungserklärungen kannte.
Ein Luftabwehrsystem - Scholz wird konkreter
Außerdem hat Merz vor allem Fragen gestellt. Zwar können Fragen keine klaren Positionen der Union ersetzen, wie der Kanzler folgerichtig konterte. Aber weil Scholz so oft ausweicht und Fragen fast schon prinzipiell nicht direkt beantwortet, hat Merz den Kanzler an einem seiner offensichtlichsten Schwachpunkte gestellt.
Alles hat Scholz auch diesmal nicht beantwortet. Aber vielleicht aus Ärger wurde er dann doch an mehreren Punkten konkreter als sonst. Tatsächlich hat der Bundeskanzler klar gesagt, welche militärischen Hilfen Deutschland der Ukraine gibt und geben will. Neben Panzern im Ringtausch, Munition und Handgranaten sollen immerhin ein Luftabwehrsystem dabei sein sowie Mehrfachraketenwerfer und ein Dutzend Panzerhaubitzen. Das stand wohl bereits im Manuskript. Aber wahrscheinlich auch deshalb, weil Merz eben schon mehrfach die Wolkigkeit des Regierungschefs angegriffen hat.
Union hat ebenfalls Schwachpunkte
Natürlich gibt es auch bei der Union einige offensichtliche Schwachstellen: Sie hat die Bundestagswahl verloren, sie ist noch mitten in der Programmfindung für die Zeit nach Merkel, vor allem aber: Sie war bis vor Kurzem 16 Jahre lang an der Macht.
Kein Wunder, dass gerade die Grünen Merz unter die Nase reiben, dass es ja Unions-Minister und Ministerinnen gewesen sind, die die Bundeswehr zum Sanierungsfall gemacht haben.
Dennoch bleibt der Eindruck: Anders als Populisten in Frankreich, England oder USA ist Merz ein seriöser politischer Gegner. Ein deutscher Konservativer, der nur selten populistisch wird. Damit erweist er sich als Glücksfall - sogar für Bundeskanzler Scholz. Weil der wohl erst so richtig gut wird, wenn Merz ihn ärgert.