Ukraine-Reise des Bundespräsidenten Ehrlichkeit wäre wahre Unterstützung
Bundespräsident Steinmeier hat der Ukraine bei seinem Besuch weiterhin die deutsche Unterstützung zugesagt. Das ist gut und richtig. Schwerer aber wiegt, was Steinmeier weiterhin nicht sagt.
"Wir werden die Ukraine auch in Zukunft unterstützen - wirtschaftlich, politisch und auch militärisch", sagt der Bundespräsident heute in Kiew. Das sind die richtigen Worte am richtigen Ort.
Dass die Ukrainer allerdings den Bundespräsidenten anfangs nicht im Land haben wollten, sollte niemand verwundern. Denn es wäre zu wünschen, dass Steinmeier auch zu Hause, in Deutschland, die richtigen Worte findet, wirklich selbstkritische nämlich.
Ehrliche Selbstreflexion wäre angebracht
Zur Erinnerung: Im April sagte Steinmeier, er habe als Außenminister zu lange an der Nord-Stream-Pipeline festgehalten und sich in der Einschätzung Putins geirrt.
Festgehalten? Geirrt? Wäre es nicht ehrlicher zu sagen: Ich, Frank-Walter Steinmeier war einmal Gerhard Schröders Kanzleramtschef und habe danach über Jahre die Gaspolitik des jetzigen Gazprom-Lobbyisten vertreten und verteidigt?
Ich habe als Außenminister gleich zweier Bundesregierungen jahrelang die Warnungen sämtlicher osteuropäischen Länder ignoriert? Und die vieler Russlandexperten dazu?
Ich habe mich auch 2014, nach der Annexion der Krim und der Besetzung der Ostukraine durch Russland, für mehr Dialog mit Moskau und gegen schärfere Sanktionen ausgesprochen und: Das war ein fatales Signal an den Kreml?
Jahrzehntelang Fehler begangen
So ein Bekenntnis wäre ein Zeichen, sich endlich ehrlich zu machen, es wäre ein Zeichen an die SPD, an Olaf Scholz, an Angela Merkel, letztendlich an uns alle. Nicht nur unsere Wirtschaft hat jahrzehntelang gut mit dem Gasgeschäft gelebt, viele hier haben wie Außenminister Steinmeier den Grundfehler begangen, die ehemalige Sowjetunion notorisch mit Putins Russland gleichzusetzen.
Richtig ist: Die Ukraine ist ein eigenständiger Staat und muss unterstützt werden, das hat Steinmeier als Bundespräsident heute klargestellt. Wer es allerdings mit der Zeitenwende wirklich ernst meint, sollte die Fehler der alten Zeit, bitte, nicht weiter verschweigen.