Menschen gehen an Verkäufern vorbei, die ihre Waren vor stark beschädigten Gebäuden in einem Lager für Vertriebene in Dschabalia im nördlichen Gazastreifen ausstellen.
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Krieg in Nahost ++ UN sehen Zusammenbruch der Wirtschaft in Gaza ++

Stand: 12.09.2024 23:23 Uhr

Der Krieg hat laut UN zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch im Gazastreifen geführt. Bei einem israelischen Angriff auf ein Schulgebäude im Zentrum sind den UN zufolge sechs UNRWA-Mitarbeiter getötet worden. Die Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen.

12.09.2024 • 23:23 Uhr

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Nach einem mehrwöchigen Einsatz als Reaktion auf die Krise im Nahen Osten haben die USA ihren Flugzeugträger "Theodore Roosevelt" aus dem Roten Meer abgezogen. Das Schiff und der dazugehörige Verband befänden sich auf dem Weg durch den Indopazifik, teilte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, mit. Im Nahen Osten befindet sich noch der Flugzeugträger "USS Abraham Lincoln" und dessen Begleitschiffe. 

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte das Militär Ende August angewiesen, zunächst beide Flugzeugträger und deren Begleitschiffe in der Region zu belassen. Ryder nannte nun keine Details zu dem Abzug, sprach aber im Allgemeinen von "Flottenmanagement". Bei Bedarf seien die USA in der Lage, mit zwei Flugzeugträgern vor Ort zu sein, betonte er. 

Bei einem israelischen Angriff im Libanon sind nach Behördenangaben mindestens drei Menschen getötet worden. Darunter sei auch ein Kind gewesen, teilte das Gesundheitsministerium in Beirut mit. Bei dem Angriff nahe Nabatieh im Süden des Landes habe es außerdem drei Verletzte gegeben. Ob unter den Opfern Mitglieder der Hisbollah waren, ist bisher nicht klar.

Zuvor hatte es bereits gegenseitigen Beschuss zwischen der proiranischen Hisbollah und dem israelischen Militär gegeben. Die Hisbollah reklamierte mehrere Angriffe auf Ziele im Norden Israels für sich. Auch die israelische Armee griff nach Angaben der libanesischen Nachrichtenagentur NNA mehrere Ziele im Südlibanon an.

Experten wollen noch in dieser Woche die riskante Operation zur Bergung des "Sounion"-Tankers wiederaufnehmen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Seit dem Angriff von Huthi-Rebellen im vergangenen Monat treibt das Schiff im Roten Meer - und enthält noch immer eine Million Barrel Rohöl.

Schon einmal wurde versucht, die 274 Meter lange "Sounion" zu bergen. Aber das ursprünglich beteiligte Unternehmen stufte die Aktion als zu unsicher ein. Jetzt soll es allerdings in den kommenden Tagen weitergehen. "Es gibt einen Aktionsplan und es gibt Fortschritte", sagte eine Quelle von Reuters.

Karte mit dem Standort des Öltankers "Sounion" im Roten Meer.

Der Leiter der israelischen Elite-Aufklärungseinheit 8200, Jossi Sariel, hat seinen Rücktritt eingereicht. Das teilte die israelische Armee mit. In einem Brief an die Mitarbeiter der Einheit, aus dem die israelische Zeitung Haaretz zitierte, begründete Sariel den Schritt mit der "persönlichen Verantwortung", die er für das Versagen der Aufklärer am 7. Oktober des Vorjahres trage. An jenem Tag hatten die Hamas und andere extremistische Gruppen aus dem Gazastreifen den Süden Israels überfallen.

Die Einheit 8200, die vergleichbar ist mit dem US-Geheimdienst NSA, beschäftigt sich unter anderem mit der Aufdeckung und Entschlüsselung der Kommunikation feindlicher Kräfte. In ihr arbeiten viele Spezialisten aus dem IT-Bereich. Wie auch anderen Teilen des israelischen Sicherheitsapparates wird der Aufklärungseinheit vorgeworfen, am 7. Oktober versagt zu haben. Bereits im April war der Direktor des israelischen Militärgeheimdienstes, Aharon Haliva, aus diesem Grund zurückgetreten.

Der Krieg zwischen Israel und der Terrormiliz Hamas hat laut den UN zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch im Gazastreifen geführt. Das Bruttoinlandsprodukt des umkämpften palästinensischen Gebiets sei auf ein Sechstel des Vorkriegswertes gefallen, teilte die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) mit.

Massive Arbeitsplatzverluste hätten die Armut und die humanitäre Krise im Gazastreifen verschärft. Bis Januar 2024 seien zwei Drittel der Arbeitsplätze aus der Vorkriegszeit, rund 201.000, verloren gegangen. Anfang des Jahres seien zwischen 80 und 96 Prozent der landwirtschaftlichen Anlagen des Gazastreifens, darunter Bewässerungssysteme, Viehzuchtbetriebe, Obstplantagen, Maschinen und Lagereinrichtungen, zerstört gewesen. Dadurch sei die Nahrungsmittelproduktion der Region lahmgelegt und die ohnehin schon große Ernährungsunsicherheit weiter verschärft worden, hieß es.

Die Zerstörungen hätten auch den Privatsektor hart getroffen: 82 Prozent der Unternehmen seien beschädigt oder zerstört worden. Die Schäden an der Produktionsbasis hätten sich mit der Fortsetzung der Militäroperation weiter verschlimmert.

Wenige Tage nach einem mutmaßlichen großangelegten israelischen Luftangriff auf Armeestandorte in Syrien sind Berichten zufolge zwei Menschen bei einem israelischen Drohnenangriff in einem syrisch-kontrollierten Gebiet auf den Golanhöhen getötet worden.

Eine Drohne habe im Süden des Landes eine Rakete auf ein "ziviles Fahrzeug" auf der Straße zwischen Kuneitra und Damaskus abgefeuert und dabei zwei Menschen getötet, berichtete die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von einem "israelischen Luftangriff auf ein Fahrzeug" auf der genannten Straße. Dabei sei ein Mann getötet worden, der mit der libanesischen Hisbollah-Miliz zusammengearbeitet habe. Er sei für "die Rekrutierung von Syrern in dem Gebiet (...) und den Transport von Waffen verantwortlich" gewesen. Auch sein "Assistent" sei getötet worden.

Karte mit Israel, Gazastreifen, Westjordanland, Jordanien, Syrien, Golanhöhen, Libanon

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben im Gazastreifen seit Beginn des von der radikalislamischen Hamas ausgelösten Krieges mit Israel Tausende Menschen so schwere Verletzungen erlitten, dass jahrelange Rehabilitationsmaßnahmen nötig sind. Parallel dazu gebe es allerdings eine "anhaltende Dezimierung des Gesundheitssystems", erklärte der WHO-Repräsentant für die Palästinensergebiete, Richard Peeperkorn, in Genf.

Mindestens 22.500 Menschen, darunter "viele Tausend Frauen und Kinder", seien im Gazastreifen in den elf Monaten seit Kriegsbeginn so schwer verletzt worden, dass Amputationen oder andere "enorme" Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich geworden seien, erklärte die WHO weiter. 

Laut einem Bericht der UN-Organisation wird die Zahl "schwerer Gliedmaßenverletzungen" auf rund 13.455 bis 17.550 geschätzt; in rund 3.000 bis 4.000 Fällen seien Gliedmaßen amputiert worden. Zu weiteren "lebensverändernden Verletzungen" bei Menschen im Gazastreifen gehören demnach Schädigungen des Rückenmarks sowie Hirnverletzungen und schwere Verbrennungen. Gleichzeitig seien derzeit nur 17 der 36 Krankenhäuser im Gazastreifen teilweise funktionsfähig, erklärte die WHO.

Die erste Polio-Impfaktion im Gazastreifen ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Erfolg. "Wir sind zuversichtlich, dass wir wahrscheinlich das Ziel erreichen", sagte der WHO-Repräsentant für die Palästinensergebiete, Richard Peeperkorn, in Genf.

Heute ist der letzte Tag der dritten Phase der Impfaktion, die Hunderttausende Heranwachsende in dem umkämpften Palästinensergebiet vor der Kinderlähmung schützen soll. Laut Peeperkorn bekamen in den drei Runden bereits mehr als 552.000 Kinder im Gazastreifen die erste von zwei Impfdosen. Weitere sollen heute noch hinzukommen.

Der WHO-Repräsentant sagte, er sei "sehr dankbar", dass für die Impfungen die humanitären Pausen in den festgelegten Gebieten eingehalten worden seien. Peeperkorn warb dafür, die humanitären Kampfpausen auf weitere Gebiete auszuweiten und humanitäre Korridore zu schaffen, um die Bedürftigen im Gazastreifen mit Hilfsgütern versorgen zu können.

Bei einer Demonstration gegen israelische Siedlungen im Westjordanland wurde in der vergangenen Woche eine US-türkische Aktivistin getötet. Die Türkei hat nun angekündigt, eine Untersuchung des Falls einzuleiten. Die Leiche der Frau soll am Freitag in der Türkei eintreffen.

Außerdem werde sich die Türkei bei den UN für unabhängige Ermittlungen zu dem Todesfall einsetzen, teilte Justizminister Yilmaz Tunc in Ankara mit. "Wir werden uns dafür einsetzen, dass der UN-Sonderberichterstatter für außergerichtliche und willkürliche Hinrichtungen sofort Maßnahmen ergreift und dass eine unabhängige Untersuchungskommission eingesetzt wird und einen Bericht erstellt", kündigte Tunc an. Dieser Bericht solle dann sowohl an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gehen, als auch an den Internationalen Gerichtshof (IGH).

Die Bundesregierung hat den Tod von UN-Mitarbeitern bei einem israelischen Angriff auf einen Schulkomplex im Zentrum des Gazastreifens verurteilt. "Humanitäre Hilfskräfte sollten niemals Opfer von Raketen werden", erklärte das Auswärtige Amt im Onlinedienst X.

"Israel hat eine Verantwortung, UN-Personal und Hilfskräfte zu schützen", hieß es weiter. Das Hilfswerk leiste "lebensnotwendige Hilfe im Gazastreifen", so das Auswärtige Amt. Der Tod von sechs Mitarbeitern bei dem Beschuss einer Schule sei "vollkommen inakzeptabel".

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat bekanntgegeben, 100 Menschen aus dem Gazastreifen in die Vereinigten Arabischen Emirate evakuiert zu haben. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. "Dies war die bisher größte Evakuierung aus Gaza seit Oktober 2023", sagte demnach Richard Peeperkorn, WHO-Vertreter für die palästinensischen Gebiete. Die Aktion habe schon am Mittwoch stattgefunden.

Unter den evakuierten Menschen seien auch Dutzende Kinder. Peeperkorn forderte die Wiederaufnahme regelmäßiger medizinischer Transfers. "Gaza braucht medizinische Korridore. Wir brauchen ein besser organisiertes und nachhaltiges System", sagte er und fügte hinzu, dass über 10.000 Menschen auf eine Verlegung warten würden.

Angesichts der Spannungen in Nahost passt die Lufthansa erneut ihren Flugplan an. Flüge in die libanesische Hauptstadt Beirut würden nun "bis einschließlich 15. Oktober ausgesetzt", teilte der Konzern in Frankfurt am Main mit. Bislang war dies von der Lufthansa lediglich bis "einschließlich 30. September" angekündigt worden.

Ihre Flüge nach Tel Aviv in Israel hatte die Lufthansa Group, zu der unter anderem auch die Fluggesellschaften Eurowings, Austrian Airlines, Swiss und Brussels Airline gehören, am vergangenen Donnerstag wieder aufgenommen und dies mit der "aktuellen Situation" begründet, ohne Details zu nennen.

Flüge in die jordanische Hauptstadt Amman und nach Erbil im Nordirak, die zeitweise ebenfalls ausgesetzt waren, finden bereits seit Ende August wieder statt.

Das von der Terrororganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium im Gazastreifen hat die Zahl der Todesopfer seit Ausbruch des Krieges in Nahost nochmals erhöht. Demnach sollen seitdem 41.118 Menschen im Gazastreifen getötet worden sein, mehr als 95.100 Menschen seien verletzt worden. Die Angaben lassen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Nach Angaben von palästinensischen Behörden sollen bei dem israelischen Angriff auf ein Schulgebäude in Nuseirat mindestens 18 Menschen getötet worden sein. Von unabhängiger Seite lassen sich die Angaben nicht prüfen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bei einem israelischen Angriff auf ein ehemaliges Schulgebäude in Nuseirat im zentralen Gazastreifen sind nach Angaben der UN sechs Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA getötet worden. "Was in Gaza passiert, ist völlig inakzeptabel", erklärte UN-Generalsekretär António Guterres im Onlinedienst X. "Unter den Getöteten sind sechs unserer UNRWA-Kollegen."

UNRWA erklärte, noch nie seien bei einem einzelnen Angriff so viele Beschäftigte des Hilfswerks getötet worden. "Diese Schule wurde seit Kriegsbeginn fünf Mal getroffen", erklärte UNRWA auf X. "Sie ist das Zuhause von rund 12.000 Vertriebenen, hauptsächlich Frauen und Kinder."

Israel bestätigte den Angriff. In dem Gebäude befand sich laut israelischer Luftwaffe ein Kommando- und Kontrollposten der Terrormiliz Hamas. Bestätigt sind diese Angaben nicht. Mitarbeiter einer Klinik in Nuseirat sprachen von mindestens 14 Todesopfern durch den Angriff.

Eine Hamas-Delegation hat nach Angaben der Terrororganisation am Mittwoch in Doha katarische und ägyptische Vermittler zu Gesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und eine Freilassung der israelischen Geiseln getroffen.

Ihr Verhandlungsführer Chalil al-Hadscha traf mit dem katarischen Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani und dem ägyptischen Geheimdienstchef Abbas Kamel zusammen, wie es in einer Erklärung der Hamas hieß.

Bei Luftangriffen im Gazastreifen sind nach örtlichen Angaben mindestens 20 Menschen gestorben. US-Verteidigungsminister Austin äußerte sich besorgt über die Verantwortung Israels beim Tod einer US-Bürgerin. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. September 2024 um 10:00 Uhr.