Ein russisches Militärgerät feuert in der Region Kursk auf ukrainische Stellungen
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Krieg gegen die Ukraine ++ Russische Truppenverlegung wegen Kursk-Offensive? ++

Stand: 23.08.2024 14:07 Uhr

Russland hat laut US-Experten erstmals Truppen aus der Ostukraine abgezogen, um sie nach Kursk zu verlegen. Die Ukraine hat nach eigenen Angaben in der Nacht 14 von 16 russischen Drohnen abgeschossen. Die Entwicklungen im Liveblog.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich besorgt angesichts der Debatte in Deutschland über die Finanzierbarkeit künftiger Ukraine-Hilfen gezeigt. Sollte Deutschland in den kommenden Jahren seine militärische Unterstützung verringern, wäre das "sehr besorgniserregend", sagte Borrell bei einer Rede in der spanischen Stadt Santander.

Bundeskanzler Scholz hatte Berichte über eine geplante Deckelung der künftigen Militärhilfe für die Ukraine zurückgewiesen. "Sehr besorgniserregend ist die Ankündigung, dass Deutschland seine militärische Unterstützung in den kommenden Jahren verringern wird. Dies ist eine schlechte Nachricht", erklärte Borrell. "Bisher war Deutschland, ohne viel Lärm zu machen, der größte Unterstützer der Ukraine", fügte er hinzu. Das, was die EU für Kiew tue, werde "hauptsächlich von Deutschland getan".

Borrell bezog sich auf Berichte vom Wochenende, wonach die Bundesregierung kommendes Jahr keine Haushaltsmittel über bereits eingeplante vier Milliarden Euro hinaus für die Ukraine-Hilfe zur Verfügung stellen will. Scholz bekräftigte daraufhin umgehend, die Bundesregierung werde weiter Waffen wir Luftverteidigungssysteme, Munition und Panzer liefern. Die Mittel dafür stünden zur Verfügung.

Ein seit Tagen brennendes Tanklager in Südrussland soll nach inoffiziellen Angaben erneut von einer ukrainischen Drohne attackiert worden sein. Die Drohne sei am frühen Freitagmorgen eingeschlagen, berichteten der Telegram-Kanal Shot und andere russische Medien.

Das Feuer im Treibstofflager Proletarsk mit mehr als 70 einzelnen Tanks war am vergangenen Sonntagmorgen durch einen ukrainischen Drohnenangriff ausgelöst worden und konnte bislang nicht gelöscht werden. Die Ukraine versuche offenbar, das Feuer auf Zisternen voller Kerosin auszuweiten, die noch nicht brennen, hieß es zu dem angeblichen neuen Angriff. Offizielle Stellen äußerten sich nicht. Das russische Verteidigungsministerium berichtete von nächtlichen ukrainischen Drohnenangriffen auf die Regionen Belgorod und Kursk - Rostow wurde nicht erwähnt.

Die Regionalbehörden von Rostow haben allerdings für den Landkreis Proletarsk den Katastrophenfall ausgerufen. Die staatliche Nachrichtenagentur Tass berichtete am Mittwoch, dass inzwischen 47 Feuerwehrleute bei dem Brand verletzt worden seien.

Wegen des Vormarschs ukrainischer Truppen im westrussischen Gebiet Kursk hat Moskau nach Einschätzung von Experten erstmals Truppen aus dem von ihm überfallenen Nachbarland abgezogen. Die russische Militärführung habe zumindest aus dem südukrainischen Gebiet Saporischschja vereinzelte Truppenteile verlegt, um die Verteidigung von Kursk zu stärken, schrieb das US-Institut für Kriegsstudien (ISW). Es verwies auf Einträge abkommandierter Soldaten in sozialen Netzwerken. Demnach versuche Russland aber, die Hauptachse seines Angriffs im ostukrainischen Gebiet Donezk nicht zu schwächen.

Offiziell hat Kiew keine neuen Angaben zum Vormarsch in Russland gemacht. Nach Angaben des russischen Exil-Medienportals Meduza verlaufen die schwersten Gefechte entlang der Strecke zwischen der von den Ukrainern eingenommenen Kleinstadt Sudscha und der Gebietshauptstadt Kursk sowie rund um die strategisch wichtige Ortschaft Korenjewo. Dort hätten die Ukrainer Fortschritte gemacht beim Versuch, die Siedlung von Norden und Süden her zu umgehen und einzukreisen.

Die ukrainische Marine hat eigenen Angaben zufolge eine Fähre im russischen Hafen Kawkas zerstört. "Ein weiteres zweifellos militärisches Ziel wurde zerstört", sagt Marinesprecher Dmytro Pletentschuk im ukrainischen Fernsehen. Mit der Fähre sollte der Feind mit Treibstoff versorgt werden. Die Fähre sei gesunken und der Hafen derzeit nicht nutzbar.

Örtlichen Behörden zufolge hat der Angriff bereits am Donnerstag stattgefunden. Die Fähre sei dabei in Brand geraten. Wie russische Medien berichteten, ist der Brand bislang noch nicht komplett gelöscht.

Von dem Hafen Kawakas am Schwarzen Meer wird unter anderem die Krim, die Russland 2014 von der Ukraine annektierte, mit Treibstoff versorgt.

Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben in der Nacht 14 von 16 russischen Drohnen abgeschossen, die auf die Regionen Cherkassy, Kirowohrad, Poltawa and Sumy gezielt hätten

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der indische Premierminister Narendra Modi ist zu einem Besuch in der Ukraine eingetroffen. Das berichteten indische wie ukrainische Medien. Wie alle ausländischen Gäste während des russischen Angriffskrieges kam er mit dem Zug in der Hauptstadt Kiew an. Dort ist ein Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj geplant.

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat sich klar zur NATO bekannt und auch versprochen, der von Russland angegriffenen Ukraine weiter beizustehen. "Ich werde fest an der Seite der Ukraine und unserer NATO-Verbündeten stehen", sagte sie in ihrer Rede zum Abschluss des viertägigen Parteitags der Demokraten in Chicago. 

Ihr republikanischer Kontrahent Donald Trump hingegen habe damit gedroht, die NATO im Stich zu lassen, sagte Harris. Auch habe er den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu ermutigt, in Europa einzumarschieren.

Dem russischen Botschafter in den USA zufolge glaubt Russland, dass die Vereinigten Staaten bald alle Beschränkungen für den Einsatz von Waffen, die an die Ukraine geliefert werden, aufheben werden. So zitierte die Nachrichtenagentur RIA den Botschafter Anatoli Antonow.

"Die derzeitige Regierung verhält sich wie jemand, der eine Hand ausstreckt und mit der anderen einen Dolch hinter dem Rücken hält", sagte Antonow. Sie würden den Nährboden dafür bereiten, alle bestehenden Beschränkungen zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne nachzudenken aufzuheben. Antonow sagte, ein ernsthafter Dialog mit den USA sei nur möglich, wenn diese ihre "feindselige" Politik gegenüber Russland beendeten.

Die ukrainische Regierung geht angesichts der durch russische Angriffe zerstörten Strom- und Energieinfrastruktur des Landes von einem bitteren Winter aus. "Wir stehen vor dem härtesten Winter in unserer Geschichte", sagte Energieminister Herman Haluschtschenko bei einer Videokonferenz.

Dieser Winter werde noch viel schwerer als der vergangene, weil sich die Schäden durch die andauernden russischen Angriffe summiert hätten. Die russische Armee kombiniere den Einsatz verschiedener Waffen, um möglichst große Zerstörung anzurichten. Obwohl die Ukrainer versuchen, Kraftwerke zu reparieren und Strom aus den benachbarten EU-Ländern zu importieren, bleibt eine gewaltige Versorgungslücke zu dem von Haluschtschenko prognostizierten Bedarf von 18 bis 19 Gigawatt - abhängig davon, wie frostig der Winter wird. Die Ukrainer müssten daher mit massiven Stromabschaltungen und Heizungsausfällen rechnen.

Der indische Regierungschef Narendra Modi freut sich nach eigenen Angaben auf das heutige Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. "Ich freue mich auf die Gelegenheit, Perspektiven für eine friedliche Lösung des anhaltenden Ukraine-Konflikts auszutauschen", so Modi. Als Freund und Partner hoffe Indien auf eine baldige Rückkehr von Frieden und Stabilität in der Region.

Modis Besuch ist die erste Reise eines indischen Regierungschefs in die Ukraine seit der Unabhängigkeit Kiews von der Sowjetunion 1991.

Die USA wollen nach Angaben von Regierungsvertretern zusätzliche Militärhilfen im Umfang von etwa 125 Millionen Dollar in die Ukraine schicken. Das berichtet die Nachrichtenagentur AP.

Das Hilfspaket beinhalte Luftabwehrraketen, Munition für HIMARS-Mehrfachraketenwerfer und eine Reihe anderer Waffen, Ausrüstung und Fahrzeuge, sagten die Regierungsvertreter. Die offizielle Ankündigung soll es demnach heute im Laufe des Tages geben (Ortszeit). Die Waffen stammen aus Armeebeständen und könnten damit rasch geliefert werden.

Laut dem ukrainischen Präsident Selenskyj soll der Kursk-Einmarsch dazu beitragen, den Krieg zu beenden. In der Region Krasnodar soll eine russische Fähre nach einem Beschuss in Brand geraten sein.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. August 2024 um 08:00 Uhr.