Krieg gegen die Ukraine ++ Selenskyj will stärkeren Schutz an Grenze zu Belarus ++
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat einen besseren Schutz der Grenze zu Belarus gefordert. Der Kreml hat die NATO aufgerufen, sich mit der Lage am AKW Saporischschja zu befassen. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen.
- Zahl der Todesopfer in Lyman steigt auf neun
- Treffen zwischen Duda und Selenskyj
- Biden: USA könnten Ukraine Schutz bieten wie Israel
- Ukraine drängt auf eindeutige NATO-Zusage
- Steinmeier äußert sich in Streumunitions-Debatte
Ende des Liveblogs
Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Selenskyj will stärkeren Schutz an Grenze zu Belarus
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bei einem Besuch in Luzk im Nordwesten des Landes in der Nähe von Belarus erneut für einen besseren Schutz der Staatsgrenze ausgesprochen. Priorität sei es, die ganze nördliche Grenze zu stärken, alle Regionen dort, sagte er am Sonntag in seiner täglichen Videobotschaft, diesmal aufgenommen an der Burganlage in der Altstadt von Luzk. Selenskyj hatte sich dort nach Besuchen in der Türkei, in Tschechien, der Slowakei und Bulgarien über die Lage informiert.
Biden und Erdogan telefonieren vor NATO-Gipfel
Kurz vor dem NATO-Gipfel in Litauen haben US-Präsident Joe Biden und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan telefoniert. Sie hätten in Vilnius ein bilaterales Treffen vereinbart, teilte das türkische Präsidialbüro mit. Erdogan habe Biden in dem Telefonat für die Unterstützung der Forderung nach US-Kampfjets vom Typ F-16 gedankt. Zugleich habe er deutlich gemacht, dass er es nicht für richtig halte, das Thema F-16 mit dem NATO-Beitritt Schwedens zu verknüpfen. Die Türkei blockiert derzeit die Aufnahme des skandinavischen Landes in die Militärallianz. Schweden habe mit der Änderung der Terrorgesetzgebung zwar Schritte in die richtige Richtung gemacht, habe Erdogan Biden gesagt. Er warf Schweden aber zugleich vor, "Terrorismus" verherrlichende Demonstrationen zu erlauben und damit die Fortschritte wieder zunichte zu machen, wie aus der Mitteilung hervorging. Das Weiße Haus machte zunächst keine Angaben zu dem Telefonat.
Bas für ernsthafte NATO-Perspektive für Ukraine
Kurz vor dem NATO-Gipfel ist Bundestagspräsidentin Bärbel Bas in Lettland zu politischen Gesprächen mit ihren Kollegen aus den baltischen Staaten, Polen und der Ukraine zusammengetroffen. "Wir sind gemeinsam der Auffassung, dass es nach dem Krieg eine ernsthafte Perspektive geben muss für die Ukraine, sich der NATO anzuschließen", sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa am Rande ihres zweitägigen Besuchs in Riga. Dafür müsse ein Weg aufgezeichnet werden. "Da sind wir uns schon recht einig, dass dazu vom NATO-Gipfel ein Signal ausgehen sollte."
Biden: USA könnten Ukraine Schutz bieten wie Israel
Die USA sind nach Angaben von Präsident Joe Biden bereit, der Ukraine nach einem Ende des russischen Angriffskriegs ähnlichen Schutz zu bieten wie Israel. Den Vorschlag bezog Biden auf die Zeit zwischen Kriegsende und einem möglichen NATO-Beitritt. Der Prozess für ein Land, dem westlichen Militärbündnis beizutreten, brauche Zeit, sagte Biden dem Sender CNN in einem Interview, das heute vollständig ausgestrahlt wurde. In der Zwischenzeit könnten die USA der Ukraine die nötigen Waffen bereitstellen und mit Fähigkeiten ausstatten, um sich selbst zu verteidigen. Biden betonte aber, dass dies nur im Fall eines Waffenstillstands und eines Friedensabkommens denkbar wäre. Die USA unterstützen Israel jedes Jahr mit rund 3,8 Milliarden US-Dollar - davon geht ein beachtlicher Teil in die Abwehr von Raketen und Militärtechnik.
Selenskyj stellt Bedingung für Gipfel-Teilnahme
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Teilnahme am bevorstehenden NATO-Gipfel erneut an eine Bedingung geknüpft. "Wir möchten, dass alle Entscheidungen während des Gipfels getroffen werden. In diesem Fall ist es klar, dass ich dort sein werde", sagte Selenskyj in einem Interview des US-Senders ABC. "Ich will nicht zum Spaß nach Vilnius fahren, wenn die Entscheidung schon vorher gefallen ist", fügte Selenskyj hinzu.
"Die Ukraine sollte klare Sicherheitsgarantien bekommen, solange sie nicht in der NATO ist", forderte er. "Und das ist ein sehr wichtiger Punkt. Nur unter diesen Bedingungen wäre unser Treffen sinnvoll."
Am Dienstag und Mittwoch kommen die Staats- und Regierungschefs der 31 NATO-Staaten im litauischen Vilnius zusammen, um unter anderem über die Beitrittsperspektive für die Ukraine zu beraten.
Steinmeier zu Streumunitionslieferung
Die Bundesregierung muss nach Auffassung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Lieferung von Streumunition durch die USA an die Ukraine akzeptieren. Es sei zwar richtig, dass diese Art der Munition nach wie vor von der Bundesregierung geächtet werde und sich Deutschland gegen Lieferungen ausspreche, sagte Steinmeier im ZDF-"Sommerinterview". Deutschland könne aber "in der gegenwärtigen Situation den USA nicht in den Arm fallen".
Steinmeier wies darauf hin, dass er 2008 in Oslo als Außenminister für Deutschland das internationale Abkommen zur Ächtung der Streumunition unterschrieben habe. Er sei in dieser Debatte daher "befangen", sagte Steinmeier.
Mit Blick auf die Diskussionen um Waffenlieferungen an Kiew sagte er, wenn das Land seine Verteidigung einstelle "oder wir dafür sorgen, dass sie nicht mehr verteidigungsfähig sind, wird es das Ende der Ukraine sein".
Kambodscha warnt Ukraine vor Einsatz von Streumunition
Per Tweet hat der Regierungschef von Kambodscha, Hun Sen, die Ukraine eindringlich davor gewarnt, die von den USA in Aussicht gestellte Streumunition einzusetzen. "Es wäre für die Ukrainer die größte Gefahr für viele Jahre oder für bis zu hundert Jahre, wenn Streubomben in den von Russland besetzten Gebieten auf dem Territorium der Ukraine verwendet würden", schrieb er.
Hun Sen verwies auf die "schmerzhafte Erfahrung" seines Landes durch die in den 1960er- und 1970er-Jahren von den USA während des Vietnam-Kriegs über Kambodscha und Laos abgeworfenen Streubomben. Zehntausende Menschen seien durch die Sprengsätze getötet oder verstümmelt worden.
ABC-Training für ukrainisches Militär
In Bayern bereiten sich Soldatinnen und Soldaten aus der Ukraine auf verschiedene Katastrophenszenarien vor - den Einsatz chemischer oder radioaktiver Waffen durch Russland beispielsweise. Autor Christoph Scheule vom Bayerischen Rundfunk konnte das Trainingsgelände besuchen.
Russische Angaben: Rakete über Krim abgeschossen
Der Aussage des von Russland eingesetzten Gouverneurs der annektierten Halbinsel Krim, Sergej Axjonow, wurde von Raketenabwehrsystemen ein Marschflugkörper über der Halbinsel Krim abgeschossen. Der Vorfall habe sich in der Nähe der Stadt Kertsch ereignet, aber keine Opfer oder Schäden zur Folge gehabt.
Ukraine meldet mindestens neun Tote bei Beschuss von Lyman
Nach dem russischen Beschuss der ostukrainischen Stadt Lyman ist die Zahl der Toten dort auf mindestens neun gestiegen. Die Behörden meldeten, dass nach dem Beschuss am Vortag noch ein Mensch gestorben sei. Demnach lag die Zahl der Verletzten bei 12.
Die Stadt Lyman im Norden der Region Donezk wurde im Mai 2022, vier Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs, nach schweren Kämpfen von moskautreuen Truppen besetzt. Im Herbst gelang den Ukrainern im Zuge ihrer Gegenoffensive die Rückeroberung der Stadt. Allerdings verläuft die Front immer noch in unmittelbarer Nähe von Lyman. Derzeit trennen die Stadt nur etwas mehr als zehn Kilometer von den russischen Truppen. Sie ist daher von Artillerie und Raketenwerfern leicht zu erreichen.
Polens Präsident Duda trifft Selenskyj
Der polnische Präsident Andrzej Duda ist in der westukrainischen Stadt Luzk eingetroffen. Mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj besuchte er eine Kirche. Vor dem 80. Jahrestag der Massaker in Wolhynien und Ostgalizien gedachten sie gemeinsam der Opfer. Bei den Massakern zwischen 1943 und 1945 ermordeten ukrainische Nationalisten der Aufstandsarmee UPA etwa 100.000 Polen.
"Zusammen ehren wir die unschuldigen Opfer von Wolhynien! Erinnerung vereint uns! Zusammen sind wir stärker", schrieb Selenskyj bei Telegram.
Selenskyj und Duda in einer Kirche in Luzk
Duda war erst vergangene Woche zu Besuch in Kiew. Dort zeigte er sich besorgt über die Lage im benachbarten Belarus und die Verlegung der Wagner-Truppen dorthin: "Wir können heute nur schwer ausschließen, dass die Präsenz der Wagner-Gruppe in Belarus eine potenzielle Bedrohung für Polen, das eine gemeinsame Grenze mit Belarus hat, sowie (...) für Litauen und möglicherweise auch für Lettland darstellen könnte."
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
US-Experten: Wagner-Truppen weiter Gefahr für Putin
Die Wagner-Armee des russischen Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin stellt aus Sicht von US-Experten weiter eine potenzielle Gefahr für Kremlchef Wladimir Putin dar. "Putin erlaubt Wagner und Prigoschin weiter, in Russland zu operieren und potenziell eine Gefahr für sein Regime zu sein", hieß es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien ISW in Washington. Putin habe entweder ein bemerkenswertes Vertrauen in die beteuerte Loyalität Prigoschins, oder er sei unfähig, gegen die Wagner-Truppen vorzugehen, so die ISW-Experten. "Aber die Ukraine hat schon Nutzen aus der Rebellion gezogen und kann weiter davon profitieren", hieß es in der Analyse.
London: Russische Staatsmedien von Aufstand überrascht
Die staatlich kontrollierten russischen Medien wurden nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten vom Aufstand der Söldnertruppe Wagner überrascht. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London hervor. Demnach lief das normale Programm im russischen TV einfach weiter.
Nachdem der Aufstand beendet war, versuchten die russischen Kanäle zunächst der Behauptung entgegenzutreten, Sicherheitskräfte hätten sich passiv verhalten, so die Briten. Stattdessen hätten sie versucht, das Narrativ zu bedienen, Präsident Wladimir Putin habe triumphiert, indem er die Revolte ohne Blutvergießen erfolgreich zu Ende gebracht habe. Eine Woche später sei dann die Bedeutung Prigoschins heruntergespielt worden. Kanäle Wagners im sozialen Netzwerk Telegram hingegen seien wohl auf staatliche Intervention hin verstummt.
Moskau: NATO soll sich mit AKW befassen
Russland fordert die NATO dazu auf, sich mit dem ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja zu befassen. Auf seinem Gipfel am Dienstag und Mittwoch sollte das Militärbündnis seine Aufmerksamkeit vor allem dem AKW widmen, erklärt die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Immerhin würde die überwiegende Mehrheit der NATO-Mitgliedstaaten im direkten Wirkungskreis liegen, falls mit der Anlage etwas passieren sollte.
Der Ukraine wirft Sacharowa vor, dem Kernkraftwerk "systematisch Schaden zuzufügen". Das größte europäische AKW wird von russischen Truppen besetzt. Es kam während der russischen Ukraine-Invasion mehrfach unter Beschuss, die Kriegsparteien geben sich dafür gegenseitig die Schuld.
Das Atomkraftwerk Saporischschja
Ukraine fordert eindeutige NATO-Zusage
Kurz vor dem NATO-Gipfel dringt die Ukraine weiter auf eine eindeutige Zusage, in das Bündnis aufgenommen zu werden. "Auf dem Gipfel in Vilnius erwarten wir eine klare und deutliche Einladung und Wegweisung zum NATO-Beitritt", sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, der Nachrichtenagentur dpa. Auch, wenn der Beitritt nicht von heute auf morgen passieren werde, erwarte man, dass die NATO keine Zweideutigkeit mehr zulasse.
Am Dienstag und Mittwoch kommen die Staats- und Regierungschefs der 31 NATO-Staaten im litauischen Vilnius zusammen, um unter anderem über die Beitrittsperspektive für die Ukraine zu beraten. Makeiev mahnte, mutmaßliche Fehler des NATO-Gipfels in Bukarest 2008 nicht zu wiederholen. Damals hatte sich vor allem Deutschland unter der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen eine schnelle Aufnahme der Ukraine in das Bündnis gestemmt. "Wäre die Ukraine 2014 bereits NATO-Mitglied gewesen, hätte es die Krim-Annexion, den Krieg im Donbass und jetzt den russischen großangelegten Angriffskrieg sicherlich nicht gegeben", sagte der Botschafter den Angaben zufolge weiter.
Russische Paramilitärs: Planen weitere Operationen im Grenzgebiet
Das paramilitärische russische Freiwilligenbataillon "Legion Freiheit Russlands" plant nach Angaben eines Sprechers weitere Aktionen im russischen Grenzgebiet. "Im kommenden Monat oder so wird es eine weitere Überraschung geben", sagte Maximillian Andronnikow, der sich Cäsar nennt, in einem Interview der britischen Sonntagszeitung "The Observer". "Das wird unser dritter Einsatz sein", sagte er. Danach werde es einen vierten und einen fünften geben. "Wir haben ehrgeizige Pläne. Wir wollen unser gesamtes Gebiet befreien", so der Sprecher weiter.
Die Gruppe besteht aus russischen Nationalisten, die aktuell auf der Seite der Ukraine kämpfen. Bereits im Mai und Juni waren Kämpfer der "Legion" zusammen mit dem "Russischen Freiwilligenkorps" an Angriffen in der russischen Grenzregion Belgorod nahe der Ukraine beteiligt. Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes sollen solche Operationen unter anderem der "Befreiung des Gebiets vom sogenannten Putin-Regime" dienen. Die Regierung in Kiew betont, nichts mit den Angriffen zu tun zu haben.
Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen
Polen verlegt etwa 1000 Soldaten an die Grenze zu Belarus. Ukraines Präsident Selenskyj ernennt Olexandr Piwnenko zum neuen Chef der Nationalgarde.