Krieg gegen die Ukraine ++ Polen verlegt Soldaten an Grenze zu Belarus +++
Polen verlegt etwa 1000 Soldaten an die Grenze zu Belarus. Ukraines Präsident Selenskyj ernennt Olexandr Piwnenko zum neuen Chef der Nationalgarde. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen.
- Polen verlegt Soldaten an Grenze zu Belarus
- Mehrere Asowstal-Verteidiger können in die Ukraine zurück
- Russland beantragt Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu Nord-Stream
- Selenskyj besucht Schlangeninsel
- UN: mehr als 9000 getötete Zivilisten in Ukraine
- Erdogan sichert Ukraine Unterstützung zu
- Biden: Ukraine nicht bereit für NATO-Beitritt
Ende des Liveblogs
Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Selenskyj ernennt neuen Chef der Nationalgarde
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Olexandr Piwnenko zum neuen Chef der Nationalgarde ernannt. Piwnenko sei ein hochdekorierter Offizier mit Kampferfahrung, der sich insbesondere bei den Gefechten gegen russische Truppen um die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine hervorgetan habe, lobte Selenskyj ihn bei der Ernennung. So sei ihm auch der Orden "Held der Ukraine", die landesweit höchste Auszeichnung, verliehen worden. Die Ernennung fand im Rahmen einer Veranstaltung in der westukrainischen Stadt Lwiw unmittelbar nach der Rückkehr Selenskyjs aus der Türkei statt.
Polen verstärkt Militär an Grenze zu Belarus
Polen will über 1.000 Soldaten an die östliche Grenze zu Belarus verlegen. "Dies ist eine Demonstration unserer Bereitschaft, auf Destabilisierungsversuche an der Grenze unseres Landes zu reagieren", twitterte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak. Hintergrund sind Befürchtungen, die Aufnahme von Wagner-Söldnern in Belarus könnten die Lage an der Grenze destabilisieren.
Kreml: Türkei hat Abmachungen verletzt
Die russische Regierung hat der Türkei vorgeworfen, mit der Ausreise-Erlaubnis für die kriegsgefangenen Asowstal-Kämpfer Abmachungen verletzt zu haben. Die Männer hätten im Rahmen des Gefangenen-Austausches bis zum Kriegsende in der Türkei bleiben sollen, erklärte Regierungssprecher Dmitri Peskow nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Ria. Die russische Regierung sei über die Freilassung der Soldaten nicht informiert worden.
Selenskyj bringt Asowstal-Verteidiger in die Ukraine zurück
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben mehrere an der Verteidigung des Stahlwerks Asowstal in Mariupol beteiligte hochrangige Offiziere aus der Türkei heimgebracht. "Nach Hause", unterschrieb er ein Foto auf seinem Telegram-Kanal, das ihn im Flugzeug zusammen mit drei Kommandeuren des Regiments "Asow", dem Chef der Marineinfanteriebrigade 36 und dem Kommandeur der 12. Brigade der Nationalgarde zeigt.
Die Männer waren nach der Eroberung von Asowstal in russische Gefangenschaft geraten, wurden dann aber an die Türkei ausgeliefert. Sie seien nun "nach Verhandlungen mit der türkischen Seite" wieder in ihre Heimat zurückgebracht worden, heißt es auf der Seite der ukrainischen Präsidialadministration. Selenskyj habe sie am Flughafen von Istanbul getroffen und zu ihrer Rückkehr beglückwünscht.
Wagner-Kommandeur: Erst Urlaub, dann nach Belarus
Die Söldner der Wagner-Gruppe haben nach Angaben eines Kommandeurs nach ihrem Aufstand gegen die russische Militärführung einen Urlaub angetreten. Erst danach würden sie wie vereinbart nach Belarus ziehen, wurde Wagner-Kommandeur Anton Jelisarow am in russischen Telegram-Kanälen zitiert. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte die Revolte und den Marsch seiner Söldner auf Moskau vor zwei Wochen abgebrochen und eingewilligt, gemeinsam mit seinen Kämpfern nach Belarus ins Exil zu gehen. Im Gegenzug sollten sie nicht strafrechtlich verfolgt werden.
Militärgeheimdienst: Weitere Minen um AKW gelegt
Der ukrainische Militärgeheimdienst hat Russland vorgeworfen, weitere Minen rund um das Atomkraftwerk Saporischschja gelegt zu haben. Die Anschuldigungen konnten nicht unabhängig überprüft werden. In den vergangenen Tagen hatten sich die Ukraine und Russland gegenseitig vorgeworfen, Angriffe auf Europas größtes Atomkraftwerk zu planen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kreml: Streumunition-Zusage ist "Akt der Verzweiflung"
Russland hat die von den USA angekündigte Lieferung von umstrittener Streumunition an die Ukraine als "Akt der Verzweiflung" bezeichnet. Es handele sich um ein Eingeständnis der Schwäche "vor dem Hintergrund des Scheiterns der vielgepriesenen ukrainischen Gegenoffensive", erklärte die russische Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa.
Die jüngste "Wunderwaffe", auf die Washington und Kiew "ohne Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen" für die Zivilbevölkerung setzten, werde keine Auswirkungen auf Moskaus "militärische Sonderoperation" in der Ukraine haben, erklärte Sacharowa weiter. Das Versprechen der Kiewer Führung, die Munition nur gegen militärische Ziele anzuwenden, bezeichnete sie als wertlos. Russland setzt selbst Streumunition im Krieg gegen die Ukraine ein.
Selenskyj trifft in Istanbul orthodoxen Patriarchen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist bei seinem Besuch in Istanbul mit dem geistigen Führer der orthodoxen Christenheit, Bartholomäus I., zusammengetroffen. Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel ist für seine offene Kritik an der russischen Invasion im Nachbarland bekannt. Wie Selenskyj auf Twitter mitteilte, kam er mit ihm zu einem Gedenkgottesdienst für die Opfer des Kriegs in der Georgskathedrale in Istanbul, dem früheren Konstantinopel, zusammen.
Spanien kritisiert Lieferung von Streumunition
Spanien hat die Ankündigung der USA, der Ukraine Steumunition liefern zu wollen, klar kritisiert. Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles sagte vor Journalisten in Madrid, sie sage zwar "Ja" zur legitimen Verteidigung der Ukraine, aber "Nein" zu Streumunition. Ihr Land vertrete den Standpunkt, dass bestimmte Waffen und Bomben unter keinen Umständen geliefert werden dürften.
Der britische Premierminister Rishi Sunak verwies dahingehend auf die Konvention: "Das Vereinigte Königreich ist Unterzeichner einer Konvention, die Herstellung oder Nutzung von Streumunition untersagt - und wir raten von dem Einsatz ab", sagte er dem Nachrichtensender Sky News. Die Bundesregierung äußerte sich am Freitagabend eher bedeckt. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, die Ampelkoalition sei sich "sicher, dass sich unsere US-Freunde die Entscheidung über eine Lieferung entsprechender Munition nicht leicht gemacht haben".
Resnikow: "Streumunition wird nicht in Russland eingesetzt"
Die Ukraine zeigt sich erleichtert über die Zusage der USA, das Land auch mit Streumunition zu unterstützen. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow schrieb auf Twitter, die US-Entscheidung werde das Leben ukrainischer Soldaten retten und zur Befreiung von besetzten Gebieten beitragen. Die Munition werde "nicht auf dem offiziell anerkannten Territorium Russlands" eingesetzt werden. Die Ukraine werde über den Einsatz genau Buch führen und Informationen mit ihren Partnern austauschen.
"Streumunition ist kein Gamechanger"
Die USA haben am Freitag angekündigt, der Ukraine umstrittene Streumunition liefern zu wollen. Von einem Gamechanger im Krieg würde ARD-Korrespondent Vassili Golod aber nicht sprechen. "Es ist wichtig zu wissen, dass die Ukraine weniger Munition hat als Russland", sagt er. Weil der Westen aktuell nicht genügend Munition liefern könne, habe die Ukraine um Streumunition gebeten, weil diese ausreichend vorhanden sei.
"Die Ukraine erhofft sich dadurch militärisch die Möglichkeit, die russischen Verteidigungslinien besser treffen zu können", sagt er. Eine Gamechanger, höre man aus militärischen Kreisen, wäre die Lieferung von F-16 Kampfjets und Raketen mit weiter Reichweite. Russland setze Streumunition bereits seit Beginn des Krieges ein, was international geächtet werde.
Russland beantragt Sitzung des UN-Sicherheitsrats
Russland beantragt eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu den Hintergründen der Explosionen an den Nord-Stream-Gaspipelines. Man werde zu dem Treffen am kommenden Dienstag einige "interessante unparteiische Redner" einladen, schrieb der stellvertretende russische UN-Botschafter Dmitri Poljanski auf der Nachrichtenplattform Telegram.
Bei den Detonationen im September 2022 waren Gas-Pipelines schwer beschädigt worden, die Russland und Deutschland unter der Ostsee verbinden. Die Ukraine macht Russland dafür verantwortlich, die Regierung in Moskau wiederum den Westen. Beide Seiten bestreiten dies. Zuletzt hatten Medien - darunter eine Recherche der ARD und "Zeit" - berichtet, die Spur zu den Tätern führe in die Ukraine. Im März hatte Russland vergeblich versucht, den UN-Sicherheitsrat dazu zu bewegen, eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle zu fordern.
US-Institut sieht Fortschritte der Ukraine im Kampf um Bachmut
Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) schreibt dem ukrainischen Militär im seit Monaten andauernden Kampf um die Stadt Bachmut "beachtliche Fortschritte" zu. Demnach zeigten Filmaufnahmen, dass die ukrainischen Streitkräfte bedeutende taktische Gewinne nahe des Dorfes Jahidne zwei Kilometer nördlich Bachmuts erzielt hätten. Zudem setze das Militär seine Gegenoffensive an mindestens drei weiteren Frontabschnitten fort.
Bachmut war von russischen Truppen nach monatelangen Kämpfen im Mai erobert und komplett zerstört worden. Auch der ukrainische Generalstab hatte zuletzt gemeldet, dass die ukrainischen Kräfte offensive Operationen nördlich und südlich Bachmuts führten.
Ukraine meldet Beschuss der Stadt Lyman
In der ukrainischen Stadt Lyman sollen mindestens sechs Menschen durch russischen Artillerie-Beschuss getötet worden sein. Das teilte der Gouverneur der ostukrainischen Provinz Donezk, Pawlo Kyrylenko, mit. Mindestens fünf Menschen seien zudem verletzt worden. In Lyman befindet sich ein wichtiger Bahnverkehrsknotenpunkt.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Britischer Geheimdienst: Russland fehlen bei Bachmut Reserven
Nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes kann das russische Militär seinen Kampf um die ukrainische Stadt Bachmut derzeit kaum ausweiten. Dafür fehlten die notwendigen Reserven. Wörtlich heißt es in dem Bericht: "Die russischen Verteidiger ringen höchstwahrscheinlich mit geringer Moral, zusammengewürfelten Einheiten und einer beschränkten Fähigkeit, die ukrainische Artillerie zu finden und zu treffen."
Für Russland käme es aber nicht infrage, die Stadt aufzugeben, hieß es weiter. Demnach habe es seit einer Woche wieder schwere Kämpfe gegeben, die zu den derzeit heftigsten der gesamten Front zählten.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Selenskyj auf Schlangeninsel
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die symbolträchtige Schlangeninsel im Schwarzen Meer besucht. In einer Videobotschaft dankte er dem Militär seines Landes, für dessen Einsatz in dem mittlerweile 500 Tage dauernden Krieg. Wann genau das Video aufgenommen wurde, ist unklar.
Die Schlangeninsel bezeichnete Selenskyj als "Ort des Sieges" und versicherte, dass sie "niemals von den Besatzern erobert werden wird". Am ersten Tag des russischen Einmarschs in der Ukraine hatte die Besatzung des russischen Kriegsschiffes "Moskwa" die auf der Insel stationierten ukrainischen Grenzschützer aufgefordert, sich zu ergeben. Die lehnten das jedoch mit eindeutigen Worten in einem Funkspruch ab. Seitdem gilt die Insel als Symbol für den Widerstand der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg.
Die Schlangeninsel wurde kurze Zeit später jedoch von der russischen Armee eingenommen, die Grenzschützer wurden in Gefangenschaft genommen. Ende Juni zog sich Russland wieder von der Insel zurück - als "Geste des guten Willens", wie es aus dem Kreml hieß.
Hofreiter gegen Lieferung von Streumunition
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter hat sich gegen die von den USA geplante Ausrüstung der ukrainischen Armee mit Streumunition gestellt. "Die Lieferung von Streumunition lehne ich ab. Sie ist zurecht geächtet", sagte Hofreiter der Nachrichtenagentur dpa. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag forderte stattdessen die Lieferung deutscher Marschflugkörper an die Ukraine und eine Unterstützung der von Dänemark und den Niederlanden geführten Kampfjet-Allianz mit Logistik und Ausbildung.
Kanzler Olaf Scholz forderte Hofreiter auf, beim bevorstehenden NATO-Gipfel klare Ansagen dazu zu machen. "Es ist wichtig, dass Scholz beim NATO-Gipfel ein Zeichen mit Blick auf die Waffenlieferungen setzt - insbesondere aufgrund der schwierigen Lage an der Front", sagte er. "Nachdem wir so lange gezögert und somit ermöglicht haben, dass die russische Armee die Front so schwer befestigt, sollten wir daraus lernen und schneller werden."
Schulze: Entwicklungshilfe nicht mehr an Militärausgaben koppeln
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze rückt von dem Ziel der Bundesregierung ab, die Höhe der in Entwicklungshilfe investierten Ausgaben an die Verteidigungsausgaben zu koppeln. Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sei dieses Ziel "über den Haufen geworfen" worden und "nicht mehr realistisch, so bitter das auch ist", sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Es sei "offensichtlich", dass in die Bundeswehr mehr investiert werden müsse, sagte Schulze weiter, mahnte aber zugleich, den Etat für Entwicklungshilfe angemessen auszustatten. "Krisen können nicht nur mit Waffen bekämpft werden, wir müssen auch die tieferen Ursachen angehen", so die Ministerin.
UN-Mission: Mehr als 9000 Zivilisten seit Kriegsbeginn in Ukraine getötet
Mehr als 9000 Zivilisten sind nach UN-Angaben seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine getötet worden. Darunter seien 500 Kinder, erklärte die UN-Mission zur Überwachung der Menschenrechte in der Ukraine (HRMMU) anlässlich des 500. Tags seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Nach Einschätzungen von UN-Vertretern liegt die tatsächliche Zahl der zivilen Todesopfer allerdings deutlich höher.
Erdogan: Türkei will Wiederaufbau in der Ukraine unterstützen
Die Türkei will nach Worten von Präsident Recep Tayyip Erdogan den Wiederaufbau in der Ukraine unterstützen. Das sagte der türkische Staatschef nach dem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Istanbul.
US-Präsident Biden: Ukraine noch nicht bereit für NATO-Beitritt
US-Präsident Joe Biden hält einen raschen Beitritt der Ukraine zur NATO für unrealistisch. "Ich glaube nicht, dass sie für die Mitgliedschaft in der NATO bereit ist", sagte Biden in einem beim US-Sender CNN veröffentlichten Interview-Ausschnitt. Er glaube, es gebe unter den NATO-Mitgliedstaaten noch keine Einigkeit darüber, ob man die Ukraine "jetzt, mitten im Krieg", in das Bündnis aufnehmen solle oder nicht.
Wenn man das täte, sei man auch verpflichtet, jeden Zentimeter des NATO-Territoriums zu verteidigen. Wenn der Krieg dann weiterginge, befänden sich alle NATO-Partner im Krieg.
Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen
Der ukrainische Präsident Selenskyj ist in der Türkei eingetroffen - dort will er auch über das Getreideabkommen sprechen. Die Ukraine verzeichnet die höchsten Währungsreserven seit der Unabhängigkeit 1991.