Folgen von Fachkräftemangel Personalnot hier führt zu Personalnot dort
47.436 - so viele Stellen sind im Gesundheitswesen nicht mit dem nötigen Personal besetzt. Laut einer Studie ist die Branche am stärksten vom Fachkräftemangel betroffen - was sich auf andere Wirtschaftszweige auswirkt.
Das Gesundheitswesen ist die am stärksten vom Fachkräftemangel betroffene Branche in Deutschland. Rund 47.400 Stellen konnten im Jahresdurchschnitt 2023/2024 nicht mit passend qualifizierten Bewerbern besetzt werden. Das geht aus einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor.
Die meisten Engpässe gibt es demnach mit knapp 11.600 Stellen bei Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten. Bei zahnmedizinischen Fachangestellten sind es 7.350, in der Gesundheits- und Krankenpflege 7.100.
Mehr Bedarf an Gesundheitsleistungen bei zu wenig Fachkräften
Der demografische Wandel werde das Problem perspektivisch vergrößern, so die Studienautoren. "Eine alternde Bevölkerung führt zu einem steigenden Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen. Dadurch wächst die Belastung auf die vorhandenen Fachkräfte". Insbesondere sei dies der Fall, wenn offene Stellen im Gesundheitsbereich in großem Maße unbesetzt bleiben.
Gleiches gelte auch für Fachkräfte in der Altenpflege, schreiben die Autoren. Ebenso wie fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten führten auch fehlende Pflegeangebote indirekt zu einer Verstärkung von Fachkräfteengpässen in anderen Berufen. Ein knappes Angebot an Dienstleistungen der Daseinsfürsorge müsse oft privat aufgefangen werden und zwinge Eltern und Pflegende, ihre Wochenarbeitszeiten zu reduzieren.
Das Gesundheitswesen lag in der Branchen-Rangliste bereits in den Vorjahren auf dem ersten Platz.
Fachkräftelücke verstärkt Probleme beim Wohnungsbau
Die zweitgrößte Fachkräftelücke gibt es laut der Studie im Bereich vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe. Hier sind etwa 42.000 Jobs nicht besetzt. Besonders viele entfallen mit 10.338 auf Bauelektrik sowie auf Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (8.720). Die Berufsgattung mit der drittgrößten Fachkräftelücke sind die Dachdecker (2.705).
Alle drei Berufsgattungen seien entscheidend für den Wohnungsbau und insbesondere für die energetische Gebäudesanierung, so die Autoren. Die Engpässe trügen demnach auch zum schleppenden Wohnungsbau bei. "Jährlich müssten mehr als 372.000 neue Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken - rund 78.000 mehr als tatsächlich gebaut werden."
Mit rund 41.250 am drittmeisten Fachkräfte fehlen laut der Studie im Wirtschaftszweig "öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung". Stark betroffen sind besonders die öffentliche Verwaltung, Sozialarbeit und -pädagogik sowie Kinderbetreuung und -erziehung.
Auf den Plätzen vier und fünf im Ranking liegen die Branchen Einzelhandel (29.800) und Sozialwesen (28.000), Heime nicht inbegriffen.
Etwa 532.000 Fachkräfte fehlen insgesamt
Die Fachkräftelücke hat sich zuletzt insgesamt leicht verringert. Zwischen Juli 2023 und Juni 2024 fehlten im Schnitt etwa 532.000 passend qualifizierte Arbeitsuchende. Das waren knapp 13 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Historisch bleibt der Fachkräftemangel laut Studie jedoch weiterhin auf "sehr hohem Niveau".
Die Zahl offener Stellen lag im Jahresdurchschnitt 2023/2024 (zwischen Juli 2023 und Juni 2024) bei knapp 1,3 Millionen und damit um 4,2 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum.