ifo-Beschäftigungsbarometer Arbeitsmarkt leidet unter Konjunkturflaute
Das ifo-Beschäftigungsbarometer sinkt auf den tiefsten Stand seit 2020. Die Konjunkturschwäche lässt die Unternehmen bei Neueinstellungen zögern. Auch die Sorgen der Menschen wachsen.
Die aktuelle Konjunkturschwäche macht sich am Arbeitsmarkt bemerkbar. Das ifo-Beschäftigungsbarometer sinkt im Oktober auf den niedrigsten Wert seit vier Jahren, als die Corona-Pandemie durchschlug. "Die Unternehmen sind zurückhaltender bei der Personalplanung", erklärte das ifo heute. Das Beschäftigungsbarometer des Münchener Instituts sank im Oktober leicht auf 93,7 Punkte nach 94,0 im September.
"Die Situation am Arbeitsmarkt entwickelt sich seit Monaten negativ, nicht stark, aber kontinuierlich", kommentierte der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, die Entwicklung. "Die Unternehmen besetzen eher Stellen nicht neu, als dass sie Mitarbeiter entlassen."
Industrielle Schwäche zeigt Wirkung
In den einzelnen Wirtschaftsbereichen unterscheiden sich die Beschäftigungsabsichten. In der Industrie ist das Barometer erneut rückläufig. "Aufgrund der schwierigen Auftragslage werden weniger Mitarbeiter benötigt", so das ifo-Institut dazu. Ähnliches gelte für den Handel, obwohl dort der Indikator leicht gestiegen sei.
Bei den Dienstleistern gleichen sich positive und negative Antworten gegenwärtig nahezu aus. "Hier ist von einer konstanten Entwicklung der Mitarbeiterzahlen auszugehen", so das Institut. Gleiches gilt für das Bauhauptgewerbe. Mitarbeiter gesucht werden weiterhin im Tourismus und der IT-Branche.
Keine Herbstbelebung am Arbeitsmarkt
Auch die aktuellen Daten vom Arbeitsmarkt zeigen die Folgen der Konjunkturschwäche. Die Zahl der Arbeitslosen sank im Oktober lediglich um 16.000 auf 2,791 Millionen. "Die Herbstbelebung am Arbeitsmarkt fällt in diesem Jahr weitgehend aus", sagte Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 6,0 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresmonat hat sich die Quote um 0,3 Prozentpunkte erhöht.
Nach Prognose der meisten Experten dürfte Deutschlands Volkswirtschaft in diesem Jahr das zweite Mal in Folge schrumpfen. Für das kommende Jahr erwarten Fachleute wieder ein schwaches Wachstum. Die Bundesbank machte jüngst aber deutlich, dass sie für die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr keine Rezession "im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung" erwartet. Vielmehr steckt die Konjunktur "nach wie vor in der seit Mitte 2022 anhaltenden Schwächephase fest".
Sorge um Erhalt des Lebensstandards nimmt zu
Die Konjunkturschwäche wirkt sich zunehmend auf das Lebensgefühl vieler Bürger aus. Deutlich mehr als 50 Prozent der Menschen in der unteren Einkommenshälfte, aber auch knapp 47 Prozent der oberen Mittelschicht fürchteten im vergangenen Jahr, ihren Lebensstandard zukünftig nicht mehr halten zu können. Das geht aus dem aktuellen Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. 2020 lag der Anteil der unteren Einkommenshälfte noch klar unter 50 Prozent, in der oberen Klasse sogar bei weniger als 32 Prozent.
Mit materiellen Einschränkungen und Zukunftssorgen geht vor allem bei ärmeren Menschen eine erhebliche Distanz zu wichtigen staatlichen und politischen Institutionen einher: Weniger als die Hälfte der Armen und der Menschen mit prekären Einkommen findet der Studie zufolge, dass die Demokratie in Deutschland im Großen und Ganzen gut funktioniert. Sie sehen für sich auch nicht die Möglichkeit, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen.