Berlinale 2023 Der rote Teppich wird wieder ausgerollt
Nach zwei Corona-Jahren kehrt die Berlinale zurück auf die große Bühne. Der deutsche Film ist auf dem Festival stark vertreten, doch die aktuellen Krisen machen der Branche zu schaffen.
Ihre Vorfreude ist groß - das merkt man Mariette Rissenbeek an. Die Geschäftsführerin der Berlinale kommt gut gelaunt zum Interview in einem Bürogebäude am Potsdamer Platz. "Endlich kann alles wieder in voller Stärke stattfinden. Die Gäste sind zurück am roten Teppich, unsere Diskussionsrunden sind wieder live, und natürlich gibt es auch wieder große Partys", sagt die Niederländerin, die die Berlinale seit 2019 gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter Carlo Chatrian verantwortet.
Die betriebsame Hektik ist zurück
Das gemeinsame Erlebnis Kino, der fachliche Austausch und die künstlerische Inspiration des Festivals waren in den vergangenen zwei Jahren kaum möglich. 2021 fand das ansonsten weltweit größte Publikums-Filmfestival in einer deutlich verkleinerten Version erst im Sommer statt. Und auch im vergangenen Jahr konnte aufgrund der strengen Corona-Regeln bei Abstands- und Maskenpflicht ohne Großveranstaltungen kaum Festivalstimmung aufkommen.
Doch nun, zur Eröffnung der 73. Internationalen Filmfestspiele Berlin, herrscht wieder die gewohnte Hektik zwischen den Hochhäusern am Berlinale-Palast. Die Schlange für die Festival-Akkreditierungen reicht fast einmal um den ganzen Block, letzte Absperrungen für die Besucherströme werden aufgestellt und der rote Teppich eilig ausgerollt.
Großes Kino auf Leinwand und rotem Teppich
Hier werden in den kommenden Tagen die ganz großen internationalen Stars auftreten: Unter anderem der Regisseur Steven Spielberg, die Schauspieler Willem Dafoe und Cate Blanchett oder der U2-Sänger Bono haben sich angekündigt. Mit der US-Schauspielerin Kristen Stewart konnte die Berlinale erneut eine hochkarätige Jury-Präsidentin gewinnen.
19 Filme konkurrieren um den diesjährigen Goldenen Bären - die höchste Auszeichnung des Festivals. Im Wettbewerb stehen auch fünf deutsche Filme, darunter das Liebesdrama "Roter Himmel" von Regisseur Christian Petzold oder die Literaturverfilmung "Irgendwann werden wir uns alles erzählen" von Emily Atef. Insgesamt sind bis zum 26. Februar in den verschiedenen Programmsektionen 287 Filme aus 67 Ländern zu sehen.
Das Filmfestival als politische Botschaft
Die diesjährige Ausgabe steht stark im Zeichen der aktuellen Weltpolitik. Solidarität mit der Ukraine zeigt sich etwa im Festival-Logo als Ansteck-Pin. Der Berlinale-Bär ist in den ukrainischen Nationalfarben gehalten. Insgesamt neun Filme haben einen Bezug zum russischen Angriffskrieg und seinen Auswirkungen. So feiert die Dokumentation "Superpower" über Präsident Wolodymyr Selenskyj Weltpremiere. Die Dreharbeiten von Sean Penn waren vom Kriegsausbruch überschattet worden. Selenskyj wird zur Eröffnungsfeier per Video zugeschaltet.
Gleich mehrere Filme thematisieren auch die politische Situation und die Menschenrechtsproteste im Iran. Hinzu kommen Podiumsdiskussionen mit iranischen Filmschaffenden und Protestaktionen. Berlinale-Geschäftsführerin Rissenbeek ist es ein zentrales Anliegen, die Festspiele als Plattform politischer Diskussion und des Protests zu verstehen: "Ob im Iran, der Ukraine, Afghanistan oder anderswo - wir wollen auf das Leid der Menschen aufmerksam machen. Wir wollen Öffentlichkeit schaffen und moralische Unterstützung leisten."
Eine Branche in der Krise?
Zugleich steht die Filmbranche vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Die Besucherzahlen in den deutschen Kinos erholen sich zwar, haben aber das Niveau der Zeit vor der Pandemie noch nicht erreicht. Wie aus aktuellen Zahlen der Filmförderungsanstalt hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr 78 Millionen Kinotickets verkauft. Das ist noch rund ein Drittel weniger als 2019.
Dennoch gibt sich der Branchenverband HDF Kino optimistisch. "Die Zahlen steigen deutlich. Nach zwei Jahren Pandemie merken wir: Die Leute haben wieder Lust ins Kino zu gehen", sagt Vorstandsvorsitzende Christine Berg. Zudem habe dank staatlicher Überbrückungshilfen und dem Unternehmergeist der Betreiber kaum ein Kino in der Krise schließen müssen.
Auch Berlinale-Direktorin Rissenbeek ist sich sicher, dass die kommenden Tage helfen werden, den Film wieder als Gemeinschaftserlebnis zu stärken: "Festivals führen ja gerade dazu, dass man auf bestimmte Filme aufmerksam wird, das regt Diskussionen an, und die Menschen lachen oder ärgern sich gemeinsam." Die Ticketverkäufe für die ersten Tage seien jedenfalls schon so gut angelaufen, wie in den Jahren vor der Pandemie.