Gebäude der Konzernzentrale der Deutschen Bank in Frankfurt.

Rechtsstreit um Übernahme Deutsche Bank muss Postbank-Aktionären mehr zahlen

Stand: 23.10.2024 15:54 Uhr

In einem Entschädigungsstreit zwischen der Deutschen Bank und früheren Postbank-Aktionären hat ein Gericht den ehemaligen Anteilseignern Recht gegeben. Sie erhalten deutlich mehr Geld. Weitere Klagen sind noch anhängig.

Die Deutsche Bank hat im jahrelangen Rechtsstreit um die Übernahme der Postbank eine juristische Schlappe eingesteckt. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln gab den Klägern heute umfassend recht - das Frankfurter Geldhaus muss ihnen nun mehr Geld zahlen. Es hatte eigentlich schon entsprechende Rückstellungen gebildet und konnte davon bereits wieder einen Teil auflösen. Auch das verhalf dem Frankfurter Geldhaus im dritten Quartal zu einer deutlichen Steigerung des Gewinns.

OLG-Senat folgt der Argumentation der Kläger

Hintergrund ist die Mehrheitsübernahme der Postbank durch die Deutsche Bank im Jahr 2010. Es ging um die Frage, ob die beschlossene Zwangsabfindung der Minderheitsaktionäre angemessen war und ob die Deutsche Bank nicht schon vor dem öffentlichen Übernahmeangebot für die Postbank faktisch die Kontrolle über das Bonner Institut hatte - und den Anlegerinnen und Anlegern mehr Geld hätte zahlen müssen.

Zunächst hatten die Kläger das Übernahmeangebot über 25 Euro je Aktie angenommen, klagten dann aber gegen das Institut und forderten stattdessen 57,25 Euro. Sie argumentieren, sie hätten Anspruch auf den höheren Preis, weil die Deutsche Bank schon zwei Jahre vorher ein Pflichtangebot hätte abgeben müssen, nachdem sie 29,75 Prozent der Postbank-Anteile von der Deutschen Post gekauft hatte - für 57,25 Euro je Aktie. Damit war sie bewusst unter der Marke von 30 Prozent geblieben, oberhalb der ein Pflichtangebot an alle Aktionäre fällig wird.

Strittig war, ob die Bank durch ihre späteren Vereinbarungen mit der Post de facto nicht doch schon vor 2010 Zugriff auf deren verbliebenen Anteil hatte. Das OLG Köln gab den 13 verbliebenen Klägern nun in vollem Umfang recht. Eine Revision ließ der Senat nicht zu. Die Deutsche Bank kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. "Die Deutsche Bank wird nach Erhalt der Urteilsgründe die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde prüfen", erklärte sie.

Außergerichtliche Einigungen mit 70 Prozent der Kläger

Damit kommen weitere Nachzahlungen auf die Deutsche Bank zu. In dem vom OLG entschiedenen Komplex gab es ursprünglich noch viel mehr Kläger. In zwei Vergleichen hatte sich die Bank jedoch vor einigen Wochen nach eigenen Angaben mit insgesamt 70 Prozent der Kläger außergerichtlich einigen können. Dies habe 62 Prozent aller geltend gemachten Forderungen entsprochen. Die Kläger erhielten bei den Vergleichen einen Aufschlag von 31 beziehungsweise 36,50 Euro je Aktie. Das Institut erklärte, dass das Urteil keine Auswirkungen auf die zuvor erzielten Vergleichsvereinbarungen habe.

"Das Urteil gefällt uns nicht", räumte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing in einer Analysten-Konferenz dennoch ein. Gleichzeitig merkte der Manager an: "Im abgelaufenen Quartal haben wir wichtige Fortschritte dabei erzielt, juristische Altlasten hinter uns zu lassen." In einer mündlichen Verhandlung Ende April hatte das OLG Köln schon angedeutet, dass es zugunsten der Kläger entscheiden könnte. Daher legte die Deutsche Bank vorsorglich 1,3 Milliarden Euro zurück, was bei dem DAX-Konzern im zweiten Quartal noch für rote Zahlen sorgte. Nach den Einigungen konnte die Bank im dritten Quartal 440 Millionen Euro wieder auflösen, wie sie mitteilte.

Beim Landgericht Köln sind laut Bank noch weitere Klagen in der Angelegenheit anhängig. Die dafür noch übrigen Rücklagen bezifferte sie auf knapp 550 Millionen Euro. Die Bank habe Rückstellungen gebildet, die die ausstehenden Forderungen der Kläger plus die aufgelaufenen Zinsen vollständig abdeckten, hieß es in einem Statement. "Damit sieht sich die Bank finanziell praktisch voll abgesichert."

Investmentbanking boomt

Operativ liefen die Geschäfte des größten deutschen Bankhauses im dritten Quartal derweil rund. Nach Steuern und Anteilen Dritter kletterte der Gewinn auf 1,46 Milliarden Euro - von 1,03 Milliarden im Vorjahr - und übertraf damit die Erwartungen der Analysten von rund 1,4 Milliarden Euro. Die Deutsche Bank könnte ihre ursprünglichen Ziele für die Kapitalausschüttung an ihre Aktionäre nun übertreffen. Das Geldhaus beantragte die Genehmigung für weitere Aktienrückkäufe. Zudem zeigte sich Finanzchef James von Moltke zuversichtlich, "dass wir unsere Ertragsprognose von 30 Milliarden Euro für das Jahr 2024 erreichen werden". Das Institut sei auch auf Kurs zu seinen Zielen für 2025.

Die Erträge legten im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal um fünf Prozent auf 7,5 Milliarden Euro zu. Zudem trat der Vorstand weiter auf die Kostenbremse. Die Deutsche Bank habe ihr Ziel, bis Jahresende rund 3.300 Stellen abzubauen, zu mehr als 90 Prozent erreicht, hieß es heute im Rahmen der Bilanzvorstellung. Im dritten Quartal wurden rund 600 Stellen abgebaut.

In den Geschäftsbereichen konnte vor allem die Investmentbank zulegen. Hier stiegen die Erträge um elf Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. In der Unternehmens- sowie der Privatkundenbank lief es dagegen weniger rund. Die Deutsche Bank steht mit den Zuwächsen in der Investmentbank nicht allein. Auch bei vielen US-Instituten glänzte das Investmentbanking - bei der Großbank Morgan Stanley sorgte es etwa für einen Gewinnsprung. Morgan-Stanley-Finanzchefin Sharon Yeshaya hatte der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, sie rechne auch für die kommenden Quartale mit Zuwächsen im Geschäft mit der Beratung von Übernahmen und Kapitalmaßnahmen.

Commerzbank-Einstieg kein Thema

Weniger gut kam bei den Anlegern der Deutschen Bank dagegen die Aufstockung der Risikovorsorge für faule Kredite an. Auf rund 1,4 Milliarden Euro summierte sich diese nach neun Monaten. Im Gesamtjahr könne die Summe auf 1,8 Milliarden Euro und damit höher als früher angenommen ansteigen, sagte von Moltke. Offenbar färbe die flaue wirtschaftliche Lage in Deutschland auf die Deutsche Bank ab, erklärten JPMorgan-Analysten.

Ein Einstieg bei der heftig vom Rivalen UniCredit umworbenen Commerzbank komme für die Deutsche Bank indes nicht in Frage, hieß es. Die Deutsche Bank warte nicht auf Anrufe in Sachen Commerzbank, sagte Finanzchef von Moltke. Das Geldhaus wolle in Sachen Übernahmen nicht in den Ring steigen, dies gelte auch in anderen Fällen, betonte er.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 23. Oktober 2024 um 15:38 Uhr.