DAX dreht ins Plus Vertrauen ist jetzt alles an der Börse
Das Bankenbeben geht weiter. Ein wichtiger Krisenindikator gibt allerdings Entwarnung. Das Vertrauen der Banken untereinander ist noch da - und das ist ein großer Unterschied zur Finanzkrise 2008.
Nach einem neuerlichen Ausverkauf zu Handelsbeginn haben sich die Aktienmärkte beruhigt. Der DAX, der zeitweise bis auf 14.458 Punkte in die Tiefe gerauscht war, hat seine Kursverluste ausgeglichen und ist ins Plus gedreht. Das vorläufige Tageshoch liegt bei 14.891 Punkten.
Eine Handelsspanne von über 400 Punkten zeigt, wie sehr die Nerven der Anleger mittlerweile blank liegen. Sowohl die Notrettung der Credit Suisse am Wochenende als auch die konzertierte Aktion der Notenbanken haben Erinnerungen an die Zeiten der Finanzkrise geweckt. Auch Aktien vermeintlich gut aufgestellter Banken leiden. Anleger fragen sich: Wer ist der nächste Wackelkandidat?
Doch ein wichtiger Krisenindikator gibt weiterhin Entwarnung. Die Rede ist vom Interbankensatz Euribor. Dabei handelt es sich um einen wichtigen Zinssatz, zu dem sich die Banken gegenseitig Geld leihen. Der an den Märkten viel beachtete Drei-Monats-Euribor war in der vergangenen Woche sogar gesunken, aktuell notiert er weiterhin klar unter der Marke von 3,0 Prozent.
Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 hatte der Euribor über der Marke von 5,0 Prozent gelegen. Der Euribor-Satz lässt keinen anderen Schluss zu, als dass das Vertrauen der Banken untereinander immer noch intakt ist. Die Banken sind weiterhin bereit, sich gegenseitig Geld zu leihen. Das ist ein wichtiger Signalgeber, dass die Furcht vor einer neuen Finanzkrise womöglich überzogen sein könnte.
Auch ein anderer wichtiger Börsenindikator gibt Entwarnung: Der Volatilitätsindikator VDAX, ein Maß für die erwarteten Kursschwankungen im deutschen Leitindex, ist zwar in den vergangenen Tagen massiv nach oben geschnellt auf Werte von zeitweise über 30 Prozent. Doch das ist kein Vergleich zu den Anfangszeiten der Corona-Krise oder zu der Zeit nach der Lehman-Pleite, als der VDAX bei über 80 Prozent notierte.
Positiv herauszustreichen ist überdies - und das ist ein großer Pluspunkt im Vergleich zu 2008 -, dass Notenbanken wie Politiker sofort parat stehen und zum Handeln bereit sind. Sie wissen mittlerweile, dass auch die Marktpsychologie entscheidend ist, damit sich eine Bankenkrise nicht ungebremst ausbreitet.
"Die Bankenkrise ist momentan mehr in den Köpfen der Anleger, denn eine reale Gefahr", unterstrich jüngst der Schweizer Vermögensverwalter Mojmir Hlinka im Gespräch mit tagesschau.de. "Doch panische Verkäufe der Anleger haben wiederum durchaus das Zeug dazu, den Markt und damit letztlich die Unternehmen und die Wirtschaft in eine echte Krise zu stürzen."
Nun gilt es, eine Kettenreaktion an den Märkten zu vermeiden. Denn fangen die Anleger erst einmal an, mit den Finger auf einzelne Banken zu zeigen, werden diese automatisch zu den nächsten Wackelkandidaten. Dann steigen die Preise für die Kreditausfallversicherungen, die Credit Default Swaps (CDS), und die Bank gerät in finanzielle Bedrängnis. Die nächsten Dominosteine würden fallen, prognostizierte jüngst Larry Fink, Chef des Vermögensverwalters Blackrock.
Die Notenbanken sind einer solchen Situation mehr gefordert denn je. Die jüngsten Marktturbulenzen lassen die schon in der Vorwoche aufgekommenen Forderungen nach einer Zinspause der US-Notenbank abermals lauter werden. Ursprünglich wollte die Fed übermorgen den Leitzins um 25 Basispunkte anheben.
Wie sehr der Wind an den Märkten jedoch gedreht hat, zeigt ein Blick auf das Fed Watch Tool der CME Group. Demnach rechnen derzeit nur noch 58 Prozent der Marktteilnehmer mit einem kleinen Zinsschritt. 42 Prozent erwarten, dass die Fed gar nicht an der Zinsschraube drehen wird. Zum Vergleich: Noch vor einem Monat lag die Wahrscheinlichkeit für einen kleinen Zinsschritt bei 82 Prozent, 18 Prozent rechneten gar mit einem großen Zinsschritt und null Prozent mit einer Zinspause.
Es ist nicht zuletzt diese Perspektive, die an der Wall Street derzeit für etwas Beruhigung sorgt. Nach einer rabenschwarzen Börsenwoche dürften sich die großen US-Indizes heute zu Handelsauftakt etwas stabilisieren. Der Future auf den Leitindex Dow Jones Industrial Average gewinnt zur Stunde 0,1 Prozent.
Dass die Risikoaversion der Anleger allmählich nachlässt, lässt sich derweil auch am Goldpreis ablesen. Konnte das gelbe Edelmetall im frühen Handel noch deutliche Gewinne einfahren und bei 2009 Dollar ein frisches Elf-Monats-Hoch markieren, so pendelt es zur Mittagszeit seitwärts. Auch der sichere Hafen Dollar ist nicht mehr ganz so stark gefragt. Der Euro zieht parallel dazu auf ein Tageshoch von 1,0716 Dollar an.
Wie sehr das Vertrauen der Anleger in die Bankenbranche erschüttert ist, zeigen allerdings die frühen Kursverluste bei den beiden großen börsennotierten deutschen Banken. Für die Aktien der Deutschen Bank geht es in der Spitze um 11,0 Prozent nach unten, Titel der Commerzbank fallen um bis zu 9,6 Prozent, können ihr Kursminus jedoch im weiteren Handelsverlauf deutlich reduzieren. Beide Bank-Aktien sind im Tief nur noch 8,31 Euro wert. Seit Ausbruch der Bankenkrise sind Papiere der Commerzbank und der Deutschen Bank um jeweils rund 30 Prozent eingebrochen.
Derweil ist der Rüstungskonzern und Autozulieferer Rheinmetall dank einer deutlich gestiegen Bewertung am Aktienmarkt in der ersten Börsenliga angekommen. An ihrem ersten Handelstag im DAX ist die Rheinmetall-Aktie mit einem Plus von bis zu fünf Prozent der mit Abstand größte Gewinner. Seit dem Beginn des Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist die Rheinmetall-Aktienkurs in der Spitze um über 180 Prozent gestiegen.