Ein Händler an der Frankfurter Börse vor Computermonitoren mit Kursdaten.
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"Geldpolitischer Rückenwind" DAX steuert auf starkes Wochenplus zu

Stand: 13.09.2024 13:21 Uhr

Am letzten Börsentag der Woche verläuft der Handel ruhig. Der DAX setzt seine Erholung fort. Der Fokus der Anlegerinnen und Anleger richtet sich bereits auf die Sitzung der US-Notenbank in der kommenden Woche.

Zum Abschluss der Woche arbeitet sich der deutsche Aktienmarkt weiter nach oben - wenn auch nur leicht. Medienberichte, wonach die US-Notenbank Federal Reserve am kommenden Mittwoch mit einer Zinssenkung von 0,5 Prozentpunkten statt der bislang favorisierten 0,25 Punkte aufwarten könnte, entfachten an den Börsen nur eine überschaubare Wirkung. "Der Handel verläuft insgesamt ruhig", sagt Marktexperte Andreas Lipkow.

Update Wirtschaft vom 13.09.2024

Samir Ibrahim, HR, Update Wirtschaft, 13.09.2024 09:00 Uhr

Der DAX klettert am Mittag um rund 0,5 Prozent auf 18.615 Punkte, nachdem er bereits gestern gut ein Prozent gestiegen war. Auf Wochensicht deutet sich damit ein Gewinn von knapp 1,7 Prozent an. "Anleger steigen derzeit mit sehr viel geldpolitischem Rückenwind in den Aktienmarkt ein", erklärt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets. "Es scheint, als wäre die kurze Korrektur im DAX von der 19.000er-Marke bereits wieder überstanden."

Am Vortag hatte die Europäische Zentralbank (EZB) erwartungsgemäß den Einlagenzins in der Eurozone um 0,25 Prozentpunkte auf nun 3,5 Prozent gesenkt. Das war an den Märkten bereits eingepreist. Der weitere geldpolitische Kurs in Europa bleibt jedoch unklar. "Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest", sagte EZB-Chefin Christine Lagarde. Das weitere Vorgehen bleibe von den Daten abhängig.

Im Fokus der Investoren steht daher eher der Zinsentscheid der US-Notenbank nächsten Mittwoch. Die Finanzmärkte gehen fest von einer Zinswende aus. Gestern hatten neue Inflationsdaten die Prognose noch einmal bestärkt. Die Erzeugerpreise in den USA legten im August mit 0,2 Prozent etwas stärker als erwartet zu.

Ungewiss ist allerdings, wie groß der Zinsschritt nach unten ausfallen wird. Der ehemalige Präsident der New Yorker Federal Reserve, Bill Dudley, sagte zuletzt, es gebe triftige Argumente für eine Senkung um 50 Basispunkte. Aus Sicht der Commerzbank ist dies allerdings wenig wahrscheinlich. "Kommende Woche wird es für die Fed in erster Linie darauf ankommen, den Zinssenkungsprozess einzuleiten. Dazu reicht ein Schritt von 25 Basispunkten aus, mit dem wir auch rechnen", heißt es in einem Kommentar.

Für die US-Börsen reichte es gestern für moderate Gewinne. Der Leitindex Dow Jones ging 0,58 Prozent höher bei 41.096 Punkten aus dem Handel. In der Tech-Branche war zuletzt wieder neue Fantasie aufgekommen - wenn auch verhaltener als vor den jüngsten Verwerfungen. Der Technologieindex Nasdaq 100 gewann 0,97 Prozent auf 19.423 Punkte. Auch für heute erwarten Broker die US-Indizes im Plus.

Derweil bleibt die schwächelnde Konjunktur weiter ein Risikofaktor an der Börse. "Mit neuen Rezessionssignalen würde sofort wieder Unsicherheit aufkommen", betont Stanzl. Ohne Rezession seien die Leitzinssenkungen "ein Geschenk, da sie das Gewinnwachstum der Unternehmen ohne bremsenden Effekt einer allzu starken wirtschaftlichen Abkühlung beflügeln".

Die Industrie im Euroraum hat ihre Produktion im Juli gedrosselt. Sie verringerte ihre Fertigung um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das EU-Statistikamt heute mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten mit einem stärkeren Rückgang von 0,5 Prozent gerechnet. Im Juni hatte die Produktion stagniert. Zunächst war von einem Minus von 0,1 Prozent die Rede gewesen. Verglichen mit dem Vorjahresmonat sank die Industrieproduktion im Juli um 2,2 Prozent.

Die Erzeugung von Investitionsgütern, etwa Maschinen und Fahrzeuge, verringerte sich diesmal gegenüber Juni - und zwar um 1,6 Prozent. Die Hersteller haltbarer Konsumgüter fuhren ihre Produktion sogar um 2,8 Prozent zurück. Bei Vorleistungsgütern ergab sich ein Minus von 1,3 Prozent zum Vormonat. Energieversorger erzeugten hingegen 0,3 Prozent mehr. Die Volkswirte der Europäischen Zentralbank erwarten für die Euro-Zone nur noch ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr von 0,8 Prozent.

Der Euro hat seine Kursgewinne vom Vortag leicht ausgebaut. Die Gemeinschaftswährung wurde am Vormittag zu 1,1081 Dollar gehandelt. Seit dem frühen Nachmittag war sie gestern im Rahmen der Zinssenkung gestiegen.

Die Ölpreise haben ihre Erholung fortgesetzt. Im Vergleich zu den beiden vergangenen Tagen fielen die Kursgewinne aber nur noch leicht aus. Am Vormittag kostete ein Barrel der Nordseesorte Brent zur Lieferung im November 72,34 Dollar. Das waren 37 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Oktober stieg um 37 Cent auf 69,34 Dollar.

Die Notierungen profitierten kurz vor dem Wochenende von einer weiter freundlichen Stimmung an den Finanzmärkten. Überwiegende Kursgewinne an den Aktienbörsen sorgten für mehr Risikofreude, was die Ölpreise mit nach oben zog, wie es von Marktbeobachtern hieß.

Der Goldpreis hat mit der Aussicht auf sinkende Zinsen seine Rekordjagd fortgesetzt. An der Börse in London stieg die Notierung für eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) bis auf 2.572,98 Dollar und damit so hoch wie noch nie. Auch in Euro gerechnet erreichte der Preis ein Rekordhoch bei 2319,30 Euro je Unze. Seit Beginn des Jahres hat das Edelmetall mittlerweile etwa 25 Prozent an Wert gewonnen. Stärkster Treiber für den Höhenflug sind Spekulationen auf sinkende Zinsen. Da Gold selbst keine Zinsen abwirft, verstärkt die Aussicht auf fallende Zinsen zum Beispiel für Staatsanleihen die Nachfrage nach dem Edelmetall.

Die Aktien aus der europäischen Automobilbranche holen mit Schwung auf. Schon an den beiden Vortagen gab es eine Stabilisierung, die sich nun verstärkte mit klaren Gewinnen. Wie es in einem Medienbericht heißt, drängt der Herstellerverband Acea auf eine Lockerung der CO2-Emissionsziele, die eigentlich 2025 in der Europäischen Union (EU) greifen sollen. Außerdem gab es optimistische Äußerungen eines Analysten zum China-Geschäft.

Der europäische Sektorindex zog in einem weiterhin robusten Marktumfeld am Vormittag um 1,3 Prozent an, womit er in der Sektorwertung die Spitze einnahm. Die Aktien der deutschen Hersteller gaben die Richtung vor, BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen stiegen zwischen 1,5 und 2,5 Prozent. Für die Titel der Porsche AG ging es um 1,3 Prozent hoch.

Die VW-Beschäftigten wollen sich nach Angaben des Betriebsrats notfalls auch mit Streiks gegen die neuen Sparpläne bei Volkswagen zur Wehr setzen. "Wir werden uns gegen Werksschließungen und Massenkündigungen wehren mit allem, was wir haben - bis hin zum Arbeitskampf", sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo in einem Interview mit dem Magazin "Focus". "Die Menschen machen sich große Sorgen. Es geht jetzt wirklich um alles." Cavallo sprach von einem "Ausnahmezustand bei VW".

Bei der möglichen Übernahme der deutschen Commerzbank durch die italienische Unicredit muss aus Sicht der Bundesbank die Stabilität im Vordergrund stehen. "Wir benötigen starke und robuste Banken", sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel im Deutschlandfunk. Es komme bei einem Banken-Zusammenschluss darauf an, dass sich am Ende die Geschäftsmodelle ergänzten und eine Bank entstehe, die wettbewerbsfähig sei. "Das werden sich auch die Aufsichtsbehörden ganz genau anschauen."

Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier sieht derweil in einem möglichen Zusammenschluss der mehr Chancen als Risiken - sowohl für den Standort Deutschland als auch für die Finanzindustrie und den EU-Kapitalmarkt. "Wenn Europa auf dem globalen Finanzmarkt mithalten will, darf die Branche nicht mehr so kleinteilig organisiert bleiben", sagte das Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft der Nachrichtenagentur Reuters. Die Internationalisierung könne durch ein Zusammengehen der beiden Häuser vorangetrieben werden.

Der dänische Logistiker DSV kauft die Logistiktochter der Deutschen Bahn, DB Schenker. Der Preis solle 14,3 Milliarden Euro betragen, teilte DSV mit. Ein Vorvertrag sei unterzeichnet. Nach Zustimmung von Aufsichtsrat und Eigentümern soll der Kauf laut DSV im zweiten Quartal 2025 formal abgeschlossen sein.

DSV setzte sich damit gegen den zweiten verbliebenen Bieter durch, den Finanzinvestor CVC. Dieser hatte nach Angaben aus Verhandlungskreisen etwas weniger geboten, wurde jedoch von der Schenker-Gewerkschaft Ver.di favorisiert. Diese fürchtet beim Verkauf an DSV einen massiven Abbau von Stellen vor allem in der Verwaltung.

Dem kriselnde Flugzeugbauer Boeing ist es nicht gelungen, einen Streik seiner größten Gewerkschaft mit Lohnerhöhungen abzuwenden. Gestern entschieden sich die Arbeiter mit einer überwältigenden Mehrheit von 96 Prozent für einen Streik. Boeing hatte in der Vereinbarung mit der Gewerkschaft IAM ein Einkommensplus von 25 Prozent zugesagt. Die rund 33.000 Beschäftigten bauen unter anderem das Bestseller-Modell Boeing 737. Die Gewerkschaft hatte ursprünglich eine Erhöhung um 40 Prozent gefordert. In der Abstimmung wurde die Vereinbarung mit einer Mehrheit von 94,6 Prozent abgelehnt.

Mitten in der Diskussion um Investitionskürzungen bei Intel hat die Europäische Union (EU) Staatshilfen für ein geplantes Werk des US-Konzerns in Polen genehmigt. Dies gab der polnische Digitalminister Krzysztof Gawkowski heute bekannt. Die Beihilfen seines Landes beliefen sich auf umgerechnet 1,7 Milliarden Euro. Nun müsse noch ein entsprechendes Gesetz verabschiedet und die EU formell informiert werden, bevor der Vertrag mit dem kriselnden US-Konzern unterzeichnet werden könne. "Wir gehen davon aus, dass dieser gesamte Prozess bis Ende des Jahres abgeschlossen sein wird", sagte der stellvertretende Digitalminister Dariusz Standerski.

Der Lufthansa-Konzern setzt auf seinen Kurz- und Mittelstrecken zunehmend auf angemietete Flugzeuge und Crews. Dafür wird die bereits bestehende Partnerschaft mit der lettischen AirBaltic ausgebaut, wie beide Partner berichten. Bereits im kommenden Sommerflugplan sollen bis zu 21 AirBaltic-Jets vom Typ Airbus A220 Flüge an verschiedenen Drehkreuzen, darunter Frankfurt und München, eingesetzt werden. Im Winter reduziert sich die Mietflotte dem Plan zufolge dann auf fünf Flugzeuge. Der Kontrakt gilt für drei Jahre. 

Der weltgrößte Reisekonzern TUI startet den Verkauf von Reisen, Kreuzfahrten und Ausflügen in Lateinamerika. "TUI ist ein globales Unternehmen mit globaler Präsenz, aber heute verkaufen wir hauptsächlich an europäische Kunden", sagte Vorstandschef Sebastian Ebel der Nachrichtenagentur dpa. Lateinamerika stelle eine weitere Wachstumschance dar. "Über unsere digitalen Plattformen sind wir in der Lage, die steigende Nachfrage in der Region zu decken und schnell zu expandieren."

Adobe schockt die Märkte mit einer Umsatzwarnung. Der "Photoshop"-Anbieter geht nach eigenen Angaben vom Vortag für das vierte Quartal von Erlösen zwischen 5,50 und 5,55 Milliarden Dollar aus. LSEG-Daten zufolge hatten Analysten allerdings mit 5,61 Milliarden Dollar gerechnet. Grund seien ein harter Wettbewerb in der Branche und eine maue Nachfrage nach KI-Werkzeugen angesichts des herausfordernden Wirtschaftsumfelds. Im nachbörslichen Handel brach die Adobe-Aktie um mehr als neun Prozent ein.

Der Unternehmenssoftware-Anbieter Salesforce will mit sogenannten KI-Agenten punkten, die eigenständig mehrstufige Aufgaben zum Beispiel in der Kundenbetreuung übernehmen können. Bei der Vorstellung demonstrierte Salesforce, wie die Software ein Telefonat für eine Warenhaus-Kette führen konnte, bei dem es um den Umtausch eines zu klein gekauften Pullovers ging.

Das Programm konnte dabei durch Zugang zum Kundenkonto sofort erkennen, um welche Bestellung es ging, und anhand bisheriger Käufe einschätzen, welche Größe passender gewesen wäre. Das Programm konnte bei dem Telefonat auch die Versandoptionen zur Adresse des Käufers auflisten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 13. September 2024 um 09:00 Uhr.