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marktbericht

Nächster Kursrutsch So tief kann der DAX jetzt fallen

Stand: 02.08.2024 09:58 Uhr

Nach dem gestrigen Kurssturz nehmen die DAX-Anleger weiter Reißaus. Der Börsenindex reißt die Marke von 18.000 Punkten. Wo können die Kurse nun noch Halt finden?

Die Anleger am deutschen Aktienmarkt befinden sich weiter im Fluchtmodus. Wer nach dem gestrigen Kurssturz auf eine Gegenbewegung gehofft hatte, sieht sich getäuscht. Die Zeiten der Schaukelbörse sind vorbei. Der DAX scheint seine Richtung gefunden zu haben - und die deutet klar gen Süden.

Bereits zum Handelsstart durchbricht der DAX die Marke von 18.000 Punkten nach unten. In den ersten Handelsminuten geht es bis zu 1,6 Prozent auf 17.787 Zähler abwärts.

Damit summieren sich die Kursverluste seit dem XETRA-Schluss am Mittwochabend bereits auf über 700 Punkte. Gestern war der deutsche Leitindex um 2,3 Prozent auf 18.083 Stellen eingebrochen. Für den DAX war es der größte Kursverlust im bisherigen Jahresverlauf.

Heute folgt im frühen Handel gleich der nächste Nackenschlag: Der DAX rauscht unter das Tief vom 14. Juni bei 17.951 Punkten. Der Bruch dieser Marke sorgt für den Abschluss einer Topformation, wie Jörg Scherer, Leiter Technische Analyse HSBC, erklärt.

Eine Topformation bedeutet eine Trendumkehr hin zum Abwärtstrend. Die technischen Perspektiven für das Börsenbarometer sind damit so trübe wie seit langem nicht mehr. Laut HSBC-Experte Scherer verläuft die nächste Unterstützung für den DAX erst bei 17.619 Zählern.

Doch was hat die Anleger eigentlich so in Aufruhr versetzt? Es sind vor allem neu entfachte Rezessionssorgen, die den Investoren den Appetit auf Aktien verderben. Hintergrund sind überraschend schwache US-Konjunkturdaten: So war der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in den USA im Juli auf 46,8 Punkte von 48,5 Zählern im Juni gesunken. Ökonomen hatten mit einem Anstieg gerechnet.

"Die Zahlen zeigen den Investoren, dass sich die Wirtschaft in einem schlechteren Zustand befinden könnte als bisher angenommen", sagt Robert Pavlik, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Dakota Wealth.

Die Vorgaben von der Wall Street sind verheerend: Der Dow-Jones-Index der Standardwerte büßte gestern 1,2 Prozent auf 40.347 Punkte ein. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 1,4 Prozent auf 5.446 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gab 2,3 Prozent auf 17.194 Stellen nach. Nach US-Börsenschluss ging es mit den US-Futures weiter steil bergab.

"Die Dynamik des US-Marktes hat sich über Nacht ins Negative gedreht, und die Sorgen über eine Rezession haben zugenommen", erklärt Yugo Tsuboi, Chefstratege bei Daiwa Securities.

Die US-Konjunktursorgen schwappen auch über den Pazifik und sorgen für einen Kurssturz im Nikkei. Der japanische Leitindex notiert zum Handelsschluss in Tokio 5,8 Prozent tiefer bei 35.910 Punkten und fällt damit auf den tiefsten Stand seit sechs Monaten.

Der "sichere Hafen" Gold ist am Morgen gefragt. Die Feinunze Gold kostet 2.464 Dollar und damit 0,7 Prozent mehr. Das gelbe Edelmetall hatte bereits an den vergangenen Tagen klar zulegen können und hat nun bereits wieder sein Rekordhoch bei 2.484 Dollar im Visier. Der Euro liegt bei 1,0799 Dollar.

Die Ölpreise legen erneut zu, geopolitische Spannungen lassen die Angst vor Versorgungsunterbrechungen wieder aufflammen. Am Rohstoffmarkt verteuert sich die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um 0,7 Prozent auf 80,08 Dollar je Barrel (159 Liter).

Im DAX rauscht die Aktie des Chipkonzerns Infineon im frühen Handel in die Tiefe. Mit einem Minus von über drei Prozent gehört sie zu den größten Verlierern im deutschen Leitindex. Auch Papiere des Chipindustrie-Ausrüsters Aixtron und Nebenwerte wie Elmos Semiconductor und Kontron stehen unter Druck. Hintergrund sind mit Enttäuschung aufgenommene Quartalszahlen des Halbleiter-Pioniers Intel.

Der kriselnde Chip-Hersteller Intel kündigte gestern Abend die Streichung von mehr als 15 Prozent der insgesamt etwa 125.000 Stellen an. Der Intel-Chef will außerdem Investitionen zurückfahren. Intel-Aktien brachen nachbörslich um rund 20 Prozent ein. Das war der stärkste Kursrutsch seit vier Jahren.

Auch der weltgrößte Online-Händler Amazon hat die Märkte enttäuscht. Anleger ließen die Aktie gestern im nachbörslichen Handel zeitweise um mehr als vier Prozent fallen. Amazon stellte für das laufende Vierteljahr Erlöse zwischen 154 und 158,5 Milliarden Dollar in Aussicht. Analysten hatten im Schnitt mit einer Prognose von gut 158 Milliarden Dollar gerechnet.

Apple hat im vergangenen Quartal etwas weniger Geld mit seinen iPhones gemacht - doch die iPad-Tablets konnten diese Lücke mehr als ausfüllen. Der Konzernumsatz stieg im Jahresvergleich um fünf Prozent auf 85,5 Milliarden Dollar. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von rund 21,5 Milliarden Dollar in den Büchern - rund acht Prozent mehr als vor einem Jahr.

Der französische Übernahmemarkt kommt in Schwung: Die Bank BNP Paribas befindet sich eigenen Angaben zufolge in Gesprächen mit der AXA, um den zweitgrößten Versicherer Europas für 5,1 Milliarden Euro zu schlucken. Das neue Unternehmen würde Vermögenswerte von etwa 1,5 Billionen Euro verwalten und damit zu einem der führenden Vermögensverwalter Europas aufsteigen.

Der Airline-Konzern IAG, Muttergesellschaft von British Airways und Iberia, hat sein Übernahmeangebot für die spanische Fluggesellschaft Air Europa zurückgezogen. Nach von der EU-Kommission geforderten Zugeständnissen wäre das Geschäft demnach nicht mehr sinnvoll gewesen, so IAG.

Österreichs größte Bank Erste Group hat im zweiten Quartal operativ mehr verdient. Das Betriebsergebnis (Ebit) stieg um 2,5 Prozent auf 1,47 Milliarden Euro. Für das Gesamtjahr prognostiziert Erste Group nun eine stabile Entwicklung beim Ebit, bislang hatte sie mit einem leichten Rückgang gerechnet.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 02. August 2024 um 09:00 Uhr.