Börsenhändler in Frankfurt
marktbericht

Versöhnlicher Wochenausklang Anleger schnaufen durch

Stand: 09.08.2024 16:16 Uhr

Nach den heftigen Schwankungen deutet sich für DAX & Co. ein ruhiger Wochenschluss an. Die Indizes stabilisieren sich weiter, auch weil US-Konjunkturängste zuletzt in den Hintergrund getreten sind.

Durchatmen heißt am Nachmittag die Devise am deutschen Aktienmarkt. Nachdem die bald zu Ende gehende Börsenwoche für ein Auf und Ab der Gefühle gesorgt hat, geht es heute deutlich ruhiger zu. Der DAX bewegt sich leicht unterhalb seines gestrigen Schlusskurses von 17.680 Punkten und dürfte sich trotz der heftigen Turbulenzen in dieser Woche unter dem Strich kaum bewegen.

MDAX und SDAX, die Indizes der zweiten Reihe, legen moderat zu und werden dabei von robusten Unternehmensergebnissen gestützt. Auch die Rentenmärkte tendieren sowohl in den USA als auch hierzulande freundlich.

"Die Furcht vor einer Rezession in den USA war überzogen", sagte DZ Bank-Analyst Christian Reicherter. Vor dem Wochenende sei erst einmal Durchatmen angesagt, da keine weiteren Konjunkturdaten auf dem Terminplan stünden.

Für Erleichterung sorgten gestern vor allem die neuen Arbeitslosenzahlen aus den USA. Die wöchentlichen Erstanträge gingen so stark zurück wie seit rund elf Monaten nicht mehr. Dies deute darauf hin, dass der Arbeitsmarkt robuster sei, als es die jüngsten Daten vermuten ließen, heißt es von der Landesbank Baden-Württemberg - und dämpfte Rezessionssorgen an der Wall Street, die als eigentlicher Auslöser der jüngsten Börsenkapriolen gelten.

Der Entwicklung an den US-Börsen konnten und können sich die anderen Weltmärkte nicht entziehen. Auch der Fortgang der heimischen Berichtssaison änderte daran nichts. Zudem liegen die geostrategischen Ereignisse im Nahen Osten und in der Ukraine weiterhin wie ein Damoklesschwert über den Märkten.

Update Wirtschaft vom 09.08.2024

Melanie Böff, HR, Update Wirtschaft, 09.08.2024 09:00 Uhr

Unter den Einzelwerten im DAX setzen Rheinmetall an der Spitze ihren Aufwärtstrend fort und legen wie schon am Vortag weitere 3,4 Prozent zu. Die Papiere nehmen damit weiter Kurs auf ihr im April bei fast 572 Euro erreichtes Rekordhoch. Gefragt sind aber auch Vonovia, der einzige Immobilienkonzern im Leitindex. Auch im MDAX gehören LEG Immobilien nach Geschäftszahlen zu den größten Gewinnern.

LEG grenzte im ersten Halbjahr seinen Verlust deutlich ein und musste sein Portfolio nur noch um 1,6 Prozent abwerten. Branchenprimus Vonovia hatte zum Halbjahr bereits erklärt, er habe die Immobilien-Krise hinter sich gelassen. Vonovia hatte den Wert der Bestände im ersten Halbjahr um 1,7 Prozent heruntergeschrieben.

"Der Abwertungszyklus kommt absehbar zu einem Ende und wir sehen eine Belebung am Transaktionsmarkt", sagte LEG-Chef Lars von Lackum. "Wir erwarten für das zweite Halbjahr eine deutliche Stabilisierung der Werte", fügte er hinzu. Rasant gestiegene Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) und hohe Baukosten hatten den Immobilienkonzernen im vergangenen Jahr zu schaffen gemacht. Die Immobilienpreise brachen ein. Zahlreiche Projektentwickler schlitterten in die Pleite.

Auch an der Wall Street deutet sich ein ruhiger Wochenausklang an. Die großen Indizes tendieren in den ersten Handelsminuten bei geringen Schwankungen uneinheitlich. Während die Technologiebörse Nasdaq leicht zulegt, überwiegen beim Leitindex Dow Jones und dem S&P-500-Index die Abgaben. Nennenswerte Konjunkturdaten stehen heute nicht mehr auf der Agenda und auch aus dem Unternehmenssektor ist die Nachrichtenlage übersichtlich.

Entwarnung kann aber nicht gegeben werden, Experten blieben vorsichtig. "Die Marktvolatilität könnte noch einige Zeit erhöht bleiben", sagte Mark Haefele, Chief Investment Officer bei UBS Global Wealth Management. Anleger sollten aber nicht überreagieren, wenn die Marktstimmung schwankt, empfahl er.

Der Portfoliomanagerin Marie de Leyssac vom Vermögensverwalter Edmond de Rothschild zufolge werden Investoren die anstehenden Konjunkturdaten auf mögliche Signale für eine US-Rezession abklopfen und sämtliche Aussagen von Notenbankern auf Hinweise zur Geldpolitik prüfen. Daher warteten sie bereits gespannt auf das jährliche Zentralbanktreffen in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming Ende August.

Der Euro wird aktuell bei 1,0927 Dollar etwas höher gehandelt und damit auf dem Niveau von heute Morgen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Donnerstagnachmittag auf 1,0930 Dollar festgesetzt.

Der Euro stabilisiert sich damit nach den Kursverlusten vom Vortag. Gestern hatten die besser als erwartet ausgefallenen wöchentlichen Daten vom US-Arbeitsmarkt dem Dollar Auftrieb gegeben, der Euro war im Gegenzug zeitweise unter 1,09 Dollar gefallen.

Bei den Rohstoffen tendieren die Rohölpreise am Nachmittag kaum verändert zum Vortag. Sie dürften aber auf Wochenbasis aufgrund von Angebotsängsten inmitten des sich ausweitenden Nahostkonflikts, bei dem Israel auf einen drohenden Angriff des Irans und seiner Stellvertreter wartet, ordentlich zulegen. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee kostet aktuell gut 79 Dollar je Barrel (159 Liter). Die US-Leichtölsorte WTI notiert bei 76,15 Dollar um 0,1 Prozent höher.

Der Bitcoin und andere Kryptowährungen sind nach dem schwersten Kurseinbruch seit mehr als zwei Jahren am vergangenen Montag wieder auf dem Vormarsch. In der Nacht stieg der Bitcoin-Kurs zeitweise auf über 62.000 US-Dollar, fällt aber aktuell auf 60.500 Dollar zurück.

Vor knapp einer Woche am "schwarzen Montag" war der Kurs der ältesten und bekanntesten Kryptowährung zwischenzeitlich unter die Schwelle von 50.000 Dollar abgestürzt und hatte damit den tiefsten Stand seit Februar erreicht. Auch die zweitwichtigste Kryptowährung Ether erholte sich zum Wochenausklang deutlich.

Esprit schließt bis zum Jahresende alle Filialen in Deutschland. Damit verschwindet die insolvente Modekonzern aus den Fußgängerzonen und rund 1.300 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Dem Insolvenzverwalter gelang es nur, die Marke "Esprit" zu verkaufen, der Geschäftsbetrieb in der Zentrale in Ratingen bei Düsseldorf und in den 56 verbliebenen eigenen Läden wird eingestellt, wie das Unternehmen heute mitteilte.

Endgültige Quartalszahlen von Lanxess haben heute die Anleger positiv überrascht. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) stimme mit der Vorab-Veröffentlichung überein, beim Blick auf die Sparten zeige sich aber, dass Lanxess überall besser als am Markt erwartet abgeschnitten habe, schrieb Analyst Chris Counihan von Jefferies. Zudem sei der freie Mittelfluss für das Quartal positiv. Die Aktie gehört zu den größten Gewinnern im MDAX.

Die Aktien von Jenoptik haben nach ermutigenden Quartalszahlen am Freitag ihre jüngste Kurserholung beschleunigt. Am Nachmittag stiegen die Papiere des Technologiekonzerns um fast 10 Prozent auf 27,52 Euro und sind damit Spitzenreiter im MDAX. Anfang der Woche hatte Jenoptik im Zuge der Verwerfungen am Gesamtmarkt mit 23,44 Euro noch den tiefsten Stand seit November erreicht. Hiervon hat sich der Kurs nun schon wieder um rund ein Sechstel erholt.

Jenoptik hatte im zweiten Quartal dank einer höheren Nachfrage in Europa mehr verdient und schnitt besser ab als von Experten erwartet. Nach fünf rückläufigen Quartalen habe der Auftragseingang beim Technologiekonzern im Jahresvergleich wieder angezogen, schrieb Analyst Michael Kuhn von der Deutschen Bank. Auch Umsatz und operativer Gewinn hätten die Erwartungen übertroffen. Aus Sicht von Jefferies-Analyst Henrik Paganetty erhole sich der Auftragstrend damit früher als gedacht, Jenoptik habe stark abgeschnitten.

Höhere Umsätze mit TV-Werbung und Streaming haben die RTL Group im ersten Halbjahr angetrieben. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Gesamtumsatz um 1,8 Prozent auf knapp 2,9 Milliarden Euro, wie der im MDAX notierte Medienkonzern heute mitteilte. Damit kamen dem Konkurrenten von ProSiebenSat.1 im Streaming-Segment wieder ein deutliches Plus bei Abonnenten sowie ein sprunghafter Erlösanstieg zugute. Der Umsatz mit dem Produktionsgeschäft Fremantle sank dagegen. Die RTL Group begründete dies mit Timing-Effekten.

Es wird ernst mit der neuen Fabrik des taiwanischen Chipherstellers TSMC im "Silicon Saxony" in Dresden. "Am 20. August erfolgt der Spatenstich für dieses Joint Venture", sagte Jochen Hanebeck, Vorstandsvorsitzender des deutschen Halbleiterherstellers Infineon, der mit zehn Prozent an dem Werk beteiligt ist, der "Süddeutschen Zeitung". Auch der Bau der neuen Infineon-Fabrik im Norden von Sachsens Landeshauptstadt komme gut voran. Ab September 2025 sollten die Maschinen kommen und im Jahr darauf die Produktion beginnen. "Da sind wir also voll im Plan." Infineon will fünf Milliarden Euro in diese Erweiterung seiner Produktion in Dresden stecken - und damit über 1.000 neue Jobs schaffen.

Drei Jahre nach Gründung des Lufthansa-Ferienfliegers Discover gibt es erste Tarifverträge für das fliegende Personal des Unternehmens. Die Airline selbst sowie die Gewerkschaft ver.di teilen mit, dass sie für Piloten wie auch für das Kabinenpersonal Vereinbarungen zu Gehalt und Arbeitsbedingungen getroffen haben. Entsprechende Verträge seien in der Nacht unterschrieben worden. Unklar bleibt, wie viele der rund 500 Beschäftigten im Cockpit und der 1.400 in der Kabine bei ver.di organisiert sind. Die Pilotengewerkschaft VC kritisiert das Vorgehen und erwägt weitere Streiks.

Die Thyssenkrupp-Marinetochter TKMS plant ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Naval Vessels Lürssen (NVL) zum Bau von Fregatten. Die beiden Unternehmen hätten Pläne zur Gründung eines solchen Gemeinschaftsunternehmens beim Kartellamt zur Prüfung angemeldet, teilten die Bonner Kartellwächter auf ihrer Internet-Seite mit. Gegenstand des Gemeinschaftsunternehmens seien "Konstruktion und Bau von Fregatten". Von TKMS war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Lürssen hatte im Oktober 2021 sein Marinegeschäft vom Yachtgeschäft getrennt und in das Unternehmen Naval Vessels Lürssen (NVL) abgespalten.

Paramount hat als zweiter US-Medienkonzern in zwei Tagen Milliarden auf seine TV-Sender abgeschrieben. Das Unternehmen, zu dem unter anderem MTV und Nickelodeon gehören, verwies unter anderem auf sinkende Gewinnerwartungen und Abonnentenzahlen im US-Kabelfernsehen. Die Wertberichtigung beläuft sich auf knapp sechs Milliarden Dollar. Erst am Vortag hatte Warner Bros. Discovery 9,1 Milliarden Dollar auf seine TV-Kanäle wie CNN und Discovery abgeschrieben. US-Kabelfernsehen war einst ein verlässlicher Geldbringer für Hollywood, doch inzwischen gehen Zuschauer und Werbedollar verstärkt ins Streaming.

Walt Disney will insgesamt fünf Milliarden Dollar in die Produktion von neuen Filmen und Fernsehsendungen stecken. Über die nächsten fünf Jahre soll in den EMEA-Raum (Europa, Naher Osten und Afrika) jährlich mindestens eine Milliarde Dollar in Spielfilme, Disney+, National Geographic und andere Fernsehproduktionen fließen, teilte der US-Unterhaltungskonzern heute mit. Damit könnte Disney an den jüngsten Erfolg von Filmen wie "Alles steht Kopf 2" anknüpfen, mit dem der Konzern aus dem weltweiten Ticketverkauf bislang rund 1,6 Milliarden Dollar eingenommen hat.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 09. August 2024 um 09:05 Uhr.