Personalmangel in Hotels Draußen nicht mal Kännchen
In der Pandemie sind viele Arbeitskräfte in Hotellerie und Gastronomie abgewandert. Jetzt fehlen sie ausgerechnet vor dem Sommergeschäft. Manche Betriebe gehen kreativ damit um.
Das Wasser aus der Donauquelle bei Furtwangen im Schwarzwald ist trinkbar - kühl und klar sprudelt es aus dem Gestein. Wer etwas anderes trinken will, muss sich an diesem Sommertag gedulden, denn die Terrasse des nahegelegenen Hotelrestaurants ist noch geschlossen. Wegen Personalmangels.
Der Kolmenhof in Furtwangen wird in dritter Generation als Familienbetrieb geführt. Seniorchef Franz Dold hat Hotel und Restaurant vor 35 Jahren von seinen Eltern übernommen. Inzwischen führt sein Sohn Christoph die Geschäfte. Das Personal in der Region sei immer knapp gewesen, berichtet Franz Dold. Die starke Industrie in der Gegend habe immer Arbeitskräfte an- und von der Gastronomie abgezogen. Aber eine Lage wie derzeit habe er noch nie erlebt: Betriebe stellten teilweise ohne Bewerbung Leute ein, so groß sei die Not.
Für den Personalmangel im eigenen Betrieb gab es eigentlich eine Lösung: Zwei Mitarbeiter aus Rumänien wurden angeworben. Doch die fallen ausgerechnet jetzt aus familiären Gründen aus - und das unmittelbar vor der Sommersaison. Jetzt hat Familie Dold zwei Ukrainerinnen eingestellt, die aber (noch) kein Deutsch sprechen. Die Einarbeitung klappt gut, findet Franz Dold. Anderswo in Baden-Württemberg sind Hoteliers in Marokko fündig geworden und werben dort gezielt Köche an.
Schwarzwald oder Bodensee, überall dieselben Probleme
Nicht nur beim Personal müssen Hotels kreativ werden, sondern auch beim Angebot. Der Kolmenhof öffnet für Restaurantgäste erst am Nachmittag und schließt früher am Abend. Davor können nur noch Hotelgäste bedient werden. Außerdem gibt es jetzt zwei Ruhetage. "Früher hatten wir eine Sieben-Tage-Woche und täglich drei Schichten", erzählt Franz Dold. An der Qualität will er auf keinen Fall sparen. Eher würde er die Karte reduzieren oder einfachere Gerichte anbieten.
Das bestätigt Horst Müller von der Winzerstube Hagnau am Bodensee: "Ich kenne niemanden, der genügend Personal hat", sagt er. Beim Hotelbetrieb seien keine Einschränkungen möglich, Teilschließungen nicht zu machen. Deshalb schränkten viele den Restaurantbetrieb ein. In Restaurants sind etwa zusätzliche Ruhetage umsetzbar, in Hotels nicht - hier müssen Gäste damit rechnen können, jederzeit zu buchen und so lange wie sie wollen. So berichten es viele Hoteliers am Bodensee und im Schwarzwald.
Bürokratieabbau oder Anwerbung im Ausland?
Ein Problem vor allem in Regionen mit starker Industrie: Fachkräfte werden abgeworben. Der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA beklagt gezielte Kampagnen gerade in der Corona-Zeit. Viele Mitarbeitende, die in der Pandemie auch wegen der Schließungen einen anderen Job gesucht haben, kommen nicht mehr zurück. Das berichten viele Betriebe. Aber auch die Arbeitszeiten sind für manche ein Problem. Viele Mitarbeitende achten stärker darauf, ihre Arbeit besser mit Familie und Freizeit in Einklang zu bringen.
Und selbst wenn Interessierte kein Problem mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten haben, kann es sein, dass sie an Grenzen stoßen: Für Roland Birkenmeier, der im Breisgau in der Nähe von Freiburg das Landgasthaus Löwe betreibt, sind Arbeitszeiten und -bedingungen zu stark reglementiert. Wenn seine Angestellten ihre wöchentliche Stundenzahl erreicht haben, dann kann es sein, dass er früher schließen muss - selbst wenn das einen Sonntag betrifft.
Für ihn und auch für seinen Kollegen Dold in Furtwangen ist das schlecht fürs Geschäft. Beide vermuten, dass die Gastronomie vor allem für junge Leute nicht mehr interessant ist. Und das, obwohl es ein abwechslungsreicher Beruf sei, bei dem man viel in der Welt herumkommen könne, wie Dold und Birkenmeier finden. Sie wünschen sich weniger Bürokratie - und dass mehr für die duale Ausbildung getan werde.
An Ruhestand nicht zu denken
Das sieht auch der Hotel- und Gaststättenverband so. DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges betont, wie wichtig die duale Ausbildung sei. Sie bringe außerdem Qualifikationen, die die Menschen später auch anderswo brauchen könnten. Sie fordert außerdem, dass die Einstellung von Fachkräften aus dem Nicht-EU-Ausland vereinfacht werde.
In Furtwangen im Schwarzwald hat Familie Dold zwar die Unterstützung der beiden ukrainischen Mitarbeiterinnen. Aber der Seniorchef und seine Frau müssen auch weiterhin selbst mit anpacken - obwohl sie eigentlich schon im Ruhestand waren. Und nun steht auch noch die Sommersaison bevor. Franz Dold sagt: "Jetzt geht’s erst richtig los."