Nord-Süd-Achse der Bahn Vollsperrung zwischen Frankfurt und Mannheim
Fünf Monate Sperre auf einer der wichtigsten Bahnstrecken: Die Verbindung zwischen Frankfurt am Main und Mannheim wird von heute an saniert. Ein Mammutprojekt, das auch als Generalprobe für weitere Strecken gilt.
Heute wird eine der Hauptstrecken der Deutschen Bahn für mindestens fünf Monate gesperrt: Die nach der südhessischen Rheinebene benannte "Riedbahn" soll von Grund auf saniert werden. Ab 23 Uhr wird der Schienenverkehr auf dem Abschnitt daher eingestellt. Die 70 Kilometer lange Strecke führt von Frankfurt am Main westlich von Darmstadt nach Mannheim.
Nahverkehrszüge werden durch Busse ersetzt. Der Fern- und Güterverkehr wird umgeleitet. Jeder siebte deutsche Fernverkehrszug ist betroffen. Fahrtzeiten verlängern sich erheblich. Die wenigen ICE, die von Frankfurt nach Mannheim über Darmstadt führen, fahren weiterhin.
Die Strecke ist auch Teil Europas wichtigster Güterverkehrsachse. Elf regionale Unternehmen im Ried, die auf Güterzüge angewiesen sind, sollen nach Lage der Bauarbeiten und nachts individuell angefahren werden.
Ausweichen wird schwierig
Die Strecke wird täglich von mehr als 300 Zügen genutzt. Nach Angaben der Bahn fahren dort allein im Nahverkehr bis zu 16.000 Kundinnen und Kunden. Doch auch der Fernverkehr hat große regionale Bedeutung: Viele Menschen pendeln mit dem ICE aus Mannheim oder gar Stuttgart nach Frankfurt am Main.
Kundinnen und Kunden können ausweichen auf Strecken im Westen von Ludwigshafen nach Mainz - und von dort weiter nach Frankfurt - oder im Osten von Heidelberg nach Frankfurt. Wegen des umgeleiteten Fern- und Güterverkehrs ist dort aber nicht mehr genug Platz für Nahverkehr in der üblichen engen Taktung. Die Bahn will daher längere Nahverkehrszüge und ebenfalls Busse einsetzen.
Die sonst nicht immer zuverlässige Bahn-App weist die Ersatzbusse aus. Zwar müssten sich Reisende auf "besondere Herausforderungen" einstellen, heißt es da. "Im Fernverkehr wird ein Großteil der Fahrgäste die Sperrung kaum bemerken", schreibt die Bahn - bis auf 30 Minuten längere Fahrzeiten. Nach überstandenem Bau winken stabiler, schneller Bahnbetrieb mit weniger Verspätungen und "Zukunftsbahnhöfe".
Vor 40 Jahren ausgebaut
Der wesentliche Teil der Riedbahn ist 1869 gebaut und vor 40 Jahren ausgebaut worden. Bis zum Winterfahrplan (14. Dezember) will die Bahn Gleise, Weichen, Unterbau, Kabel und Lärmschutzwände erneuern. Die Steuerung der Strecke soll digitalisiert werden. Auch an den teils heruntergekommenen Bahnhöfen wird gearbeitet. Durch die komplette Sperre erhofft die Deutsche Bahn, zügige und effektive Arbeitsabläufe zu ermöglichen.
Aus der Bauwirtschaft und vom Verband der privaten Güterbahnen sind Bedenken zur Planung der Bahn laut geworden. Die Einzelabschnitte seien zu groß bemessen, das Budget zu knapp, und an den Kapazitäten der Bahn, die Baustelle zu führen, habe man Zweifel.
Drei Wochen lang Generalprobe
Anfang des Jahres war die Strecke für Vorbereitungen bereits drei Wochen lang gesperrt. Während die Bahn verkündete: "Ersatzverkehr funktioniert", überschrieb eine Regionalzeitung einen Test mit "Und dann beginnt die Irrfahrt".
Busse kamen nicht, hielten nicht und fuhren in falsche Richtungen. Wegen zwei Tagen Winterwetters im Januar scheiterte der Zeitplan. Bahndämme erwiesen sich danach als nicht standfest genug für den regulären Betrieb und mussten nachgebessert werden. Da parallel die Lokführer streikten, fielen die Probleme nicht weiter auf.
Pilotprojekt für neue Sanierungsstrategie
Die Sperre der "Riedbahn" ist Pilotprojekt für eine neue Sanierungsstrategie: Statt zahlloser kleiner Baustellen, die schwer zu koordinieren sind und immer wieder wegen des Zugbetriebs unterbrochen werden müssen, will die Bahn in Zukunft sperren und am Stück arbeiten.
In den nächsten sechs Jahren sollen Generalsanierungen mit monatelangen Vollsperrungen auf 40 Strecken im ganzen Land erledigt werden. Der zuständige Bahnvorstand Berthold Huber bezeichnete die "Riedbahn" als "Leuchtturmprojekt".