Firmenkunden Banken werden zurückhaltender bei Kreditvergabe
Die Banken in Deutschland wollen bei der Kreditvergabe künftig genauer hinsehen. Vor allem Firmen müssen sich offenbar auf eine restriktivere Haltung bei der Vergabe von Krediten einstellen.
Unternehmen müssen sich in den kommenden Monaten auf eine strengere Prüfung von Kreditanträgen durch Banken einstellen. Jedes zweite der 100 befragten Finanzinstitute (52 Prozent) rechnet innerhalb der nächsten sechs Monaten mit einer restriktiveren Haltung bei der Vergabe von Krediten an Unternehmenskunden, wie aus dem heute veröffentlichten "Bankenbarometer" der Beratungsgesellschaft EY hervorgeht.
Demnach gehen gerade einmal acht Prozent der befragten Banken davon aus, dass es bei der Gewährung von Krediten ein weniger strenges Vorgehen geben wird, 40 Prozent gehen davon aus, dass sich nichts ändern wird. Sieben von zehn Banken (72 Prozent) rechnen zudem damit, dass die Kreditrisiken infolge des Strukturwandels der deutschen Wirtschaft zunehmen werden.
Banken haben von hohen Zinsen profitiert
Dennoch betrachtet die Mehrheit der Banken die eigene Lage durchaus positiv: 92 Prozent der befragten Finanzinstitute bewerten ihre aktuelle Geschäftsentwicklung positiv. Das sind mehr als in den beiden vorangegangenen Befragungen in den Jahren 2022 und 2019. Auch die künftige Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten schätzen 93 Prozent als positiv ein.
"Trotz der schwierigen konjunkturellen Situation stehen Banken in Deutschland deutlich besser da als vor zwei Jahren, die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbanken haben hier zweifellos geholfen und die Einnahmesituation deutlich verbessert. Insofern verwundert es nicht, dass die Stimmung im deutschen Bankensektor deutlich besser ist als die gesamtwirtschaftliche Situation", resümiert Ralf Eckert, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY. Zudem würden viele Banken aktuell neue Einnahmemöglichkeiten erschließen und gleichzeitig Kosten senken.
Filialsterben geht weiter
Ein wichtiger Bestandteil der Geschäftsstrategie der Banken ist aktuell die Senkung der Kosten und damit einhergehend das Schließen von Filialen. Das Filialsterben wird nach einhelliger Einschätzung der Branche weitergehen. In der EY-Umfrage erwartet eine Mehrheit von 63 Prozent einen weiteren Rückgang der Zahl der Bankfilialen in Deutschland bis 2025 um bis zu zehn Prozent oder sogar mehr. Nur eines der 100 befragten Institute rechnet damit, dass es bis 2025 keine weiteren Einschnitte im Filialnetz in Deutschland geben wird.
Jüngsten Bundesbankzahlen zufolge ist die Zahl der Bankfilialen in Deutschland im vergangenen Jahr erstmals unter die Marke von 20.000 gesunken: 19.501 mit Mitarbeitern besetzte Standorte betrieben Banken und Sparkassen hierzulande Ende Dezember noch. Weil viele Menschen Bankgeschäfte am heimischen Computer oder per App auf dem Smartphone erledigen, dünnen Geldhäuser seit Jahren ihr teures Filialnetz aus und versuchen, abseits von festen Standorten ihre Präsenz in der Fläche aufrechtzuerhalten, beispielsweise durch Videoberatung, mit Sparkassen-Bussen oder geteilten Filialen über Institutsgrenzen hinweg.
Für das aktuelle "Bankenbarometer" hat EY im April und Mai des laufenden Jahres 100 repräsentativ ausgewählte Finanzinstitute in Deutschland befragen lassen, darunter Privatbanken, Volksbanken und Sparkassen.