Im Übernahmekampf Commerzbank auf Kurs zu Rekordjahr
Die im Visier der Unicredit stehende Commerzbank hat im Sommerquartal weniger verdient. Unicredit war im September bei der Commerzbank eingestiegen und will das Institut wohl vollständig übernehmen.
Die Commerzbank hat in dem vom Einstieg der Unicredit geprägten dritten Quartal etwas weniger verdient als ein Jahr zuvor. Im dritten Quartal verdiente das Frankfurter Institut unter dem Strich 642 Millionen Euro und damit gut sechs Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, allerdings mehr als von Analysten erwartet. Weil es in den Quartalen zuvor besser lief, steht nach neun Monaten eine Gewinnsteigerung um etwas mehr als fünf Prozent zum Vorjahreszeitraum auf gut 1,9 Milliarden Euro in der Zwischenbilanz.
Somit sieht sich der DAX-Konzern für das Gesamtjahr 2024 unvermindert auf Kurs zu einem Rekordgewinn von rund 2,4 Milliarden Euro. "Wir sind überzeugt, dass wir den Gewinn in diesem Jahr erneut steigern können", sagte Konzernchefin Bettina Orlopp, die zum 1. Oktober auf den Chefposten befördert worden war. "Das Kundengeschäft hat sich im dritten Quartal sehr gut entwickelt. Erfreulich ist vor allem das Wachstum des Provisionsüberschusses." Beim Zins- und Provisionsüberschuss erwartet die Bank im Gesamtjahr nun mehr als bislang.
Mit dem über den Erwartungen liegenden Quartalsergebnis und ehrgeizigeren Vorgaben warb die neue Konzernchefin bei den Anlegern für Rückendeckung für ihren Kurs. "Unsere Zahlen und unser starkes Kundengeschäft unterstreichen, dass unsere Strategie greift." Denn in der Abwehrschlacht gegen die italienische Unicredit pocht die Commerzbank weiter auf ihre Unabhängigkeit.
"Wir stehen am Anfang"
Gleichzeitig buhlt Unicredit-Chef Andrea Orcel weiter um Deutschlands zweitgrößtes börsennotiertes Geldhaus. Die beiden Institute passten perfekt zusammen, sagte der Italiener bei der Veröffentlichung des eigenen Zwischenberichts, bei der Unicredit die Gewinnprognose für 2024 auf über neun Milliarden Euro erhöhte. Orcel rechnete mit einer Entscheidung, eine mögliche komplette Übernahme der Commerzbank einzuleiten, innerhalb eines Jahres.
"Wir stehen hier am Anfang. Wer kurzfristig mit einer Übernahme rechnet, liegt falsch", sagte Orcel im Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX. "Wir werden uns die Zeit nehmen, die wichtigsten Stakeholder in Ruhe von dem großen Potenzial eines Zusammenschlusses, insbesondere für den Mittelstand, zu überzeugen."
Italiens zweitgrößte Bank hat sich über Finanzderivate nach eigenen Angaben Zugriff auf bis zu 21 Prozent der Anteile an der Commerzbank gesichert. Sie hat zudem bei den bei der Europäischen Zentralbank angesiedelten Aufsichtsbehörden beantragt, die Commerzbank-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent ausbauen zu können. Börsianer spekulieren darauf, dass die Unicredit die Commerzbank übernehmen will.
Frankfurter Geldhaus betont Unabhängigkeit
In Frankfurt betont man derweil: "Wir konzentrieren uns auf die Umsetzung unserer eigenen Strategie, denn es liegt nichts auf dem Tisch", sagte Bankchefin Orlopp in einer Medienkonferenz. "Wir haben kein Angebot erhalten." Unicredit habe kürzlich um ein weiteres Investorengespräch gebeten. Orlopp erklärte, dieses Gespräch dürfte zeitnah stattfinden. Von Verhandlungen über einen Zusammenschluss will sie aber nichts wissen.
Die bestehende Strategie 2027 sei mit geringen Umsetzungsrisiken verbunden und dürfte den Aktienkurs nach oben treiben. "Da haben wir ja noch einen Weg zu gehen und daher haben wir überhaupt keine Veranlassung, im Moment von unserer Seite aus ein Gespräch zu führen."
Einstieg durch Anteilsverkauf des Bundes möglich
Möglich geworden war der Einstieg der Unicredit durch den Verkauf von Anteilen, den die Bundesregierung an dem Frankfurter Institut hält. Nachdem die Unicredit ein Paket von 4,5 Prozent aus dem Besitz des Bundes bei einer Auktion erworben und damit die Regierung auf dem falschen Fuß erwischt hatte, legte die Regierung weitere Verkäufe aus dem in der Finanzkrise erworbenen Paket zunächst auf Eis.
In deutschen Regierungskreisen wurde zuletzt eingeräumt, dass das Vorgehen der Unicredit kaum gestoppt werden könne. Denkbar sei es, die restlichen zwölf Prozent, die noch in Besitz des Bundes sind, in Verhandlungen zu nutzen, beispielsweise für Zugeständnisse wie Standortsicherungen in Deutschland. Derzeit gebe es aber keine richtigen Gespräche der Regierung mit Unicredit. Die Eigenständigkeit der Commerzbank ist für Berlin die bevorzugte Variante. Es könnte ansonsten der Abbau zahlreicher Jobs und ein Bedeutungsverlust drohen.
Unicredit bemüht sich derweil, solche Bedenken in Deutschland zu zerstreuen. Der Trend in der Branche bedeute, "dass einige schwierige Entscheidungen nötig wären", hieß es in einer Präsentation zu den Quartalszahlen. "Unicredit ist aber bekannt dafür, diese in konstruktiver Weise mit den Arbeitnehmervertretern zu managen." Auch habe Unicredit zwar eine zentrale Strategie - die deutschen Unicredit-Tochter HypoVereinsbank treffe aber alle relevanten Entscheidungen für Deutschland.