Tagesgeschäft läuft gut Gewinnrückgang bei Volkswagen
Auch wenn es Tagesgeschäft rund läuft für VW, ist der Nettogewinn um ein Viertel gesunken. Zudem verschiebt der Autobauer seine Investitionsplanungsrunde. Die Lage bei Audi und Porsche ist derweil gemischt.
Trotz eines ordentlichen Laufs im Tagesgeschäft mit höheren Auslieferungszahlen und besseren Verkaufspreisen hat der Volkswagen-Konzern wegen hoher Sonderkosten im dritten Quartal einen spürbaren Gewinneinbruch erlitten. Im eigentlichen Geschäft konnten die Wolfsburger deutlich zulegen, auch weil das Vorjahresquartal stark von Covid-Einschränkungen geprägt war.
Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sprang um knapp zwei Drittel auf rund 4,3 Milliarden Euro, wie der Autobauer heute mitteilte. Die Kosten für den Börsengang der Konzerntochter Porsche und Abschreibungen durch die Aussetzung des Russland-Geschäfts belasteten das Ergebnis allerdings mit insgesamt 1,6 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieben nach Steuern aber nur ein Gewinn von 2,13 Milliarden Euro übrig - gut ein Viertel weniger als vor einem Jahr.
VW verschiebt Investitionsplanungsrunde
Wegen anhaltender Lieferengpässe und der aufziehenden Rezession ist Europas größter Autokonzern zudem beim Absatz pessimistischer geworden: Statt eines Wachstums von fünf bis zehn Prozent erwartet das Unternehmen Auslieferungen nur noch in der Größenordnung von 2021. Grund für die gekappten Aussichten seien im Wesentlichen Probleme in den Lieferketten und die damit verbundene Teileknappheit, sagte VW-Konzern-Finanzchef Arno Antlitz heute in einer Telefonkonferenz.
Von Juli bis September lag der Absatz mit 2,18 Millionen Fahrzeugen noch elf Prozent über dem Wert aus dem Vorjahr, als der Mangel an Elektronikchips die Produktion besonders stark eingeschränkt hatte. Nach Ansicht von Experten läuft die Sonderkonjunktur nun jedoch aus, in der die Autobauer vor allem renditestarke Fahrzeuge verkauften und die Preise anhoben. Darüber hinaus sehen sie 2023 die nächste Krise aufziehen, wenn die hohe Inflation, steigende Zinsen und die Energiekrise in Europa durch Russlands Krieg in der Ukraine durchschlagen.
Deshalb verschiebt Volkswagen seine üblicherweise im November anstehende große Investitionsplanungsrunde in das kommende Jahr. Angesichts der starken Veränderungen in der Weltwirtschaft brauche der Konzern etwas mehr Zeit, sagte Antlitz. In der sogenannten Planungs- oder Budgetrunde legt der Konzern fest, wie die Investitionsmittel der kommenden fünf Jahre auf die einzelnen Bereiche des Geschäfts verteilt werden.
Prognose für Umsatz und Rendite bestätigt
"Im dritten Quartal ist Volkswagen auf dem Weg zu einer stärkeren nachhaltigen Wertschöpfung für die Aktionäre ein gutes Stück vorangekommen", erklärte der neue Vorstandschef Oliver Blume, der in Personalunion die Sportwagentochter Porsche AG leitet. Er hob vor allem Fortschritte im China-Geschäft sowie in den USA hervor. Auch bei der Absicherung der Rohstoffe für die ehrgeizigen Pläne in der E-Mobilität sei man vorangekommen.
Der Umsatz kletterte um 24 Prozent auf 70,7 Milliarden Euro. "Dieses Quartal war ein weiterer Schritt auf dem Weg, unsere Ziele zu erreichen", sagte Finanzchef Antlitz. Die Prognose für Umsatz und die Ertragskraft bestätigte er. Volkswagen geht danach unverändert davon aus, dass die Erlöse in diesem Jahr zwischen acht und 13 Prozent zulegen und die operative Rendite am oberen Ende der prognostizierten Spanne zwischen 7,0 und 8,5 Prozent landen wird.
Die VW-Aktie gab nach dem Handelsstart nach, das im DAX notierte Vorzugspapier verlor am Mittag mehr als drei Prozent und gehörte damit zu den Schlusslichtern im deutschen Leitindex. JPMorgan-Analyst Jose Asumendi sprach allerdings von starken Resultaten, wenn die Sonderbelastungen wie für Russland und den Porsche-Börsengang aus dem operativen Ergebnis herausgerechnet würden. Es habe zwar viele Sondereffekte gegeben, aber die Zahlen sähen nicht so schlimm aus wie befürchtet, schrieb Stifel-Experte Daniel Schwarz.
Audi passt Jahresprognose an
Unter dem Strich sank der Quartalsgewinn um mehr als ein Viertel, weil Volkswagen 1,9 Milliarden Euro für die Abwicklung des mit Ford gehaltenen Startups Argo AI für Roboterautos vom Finanzergebnis abziehen musste. Der Einstieg vor drei Jahren war mit großen Hoffnungen begleitet worden. Den künftigen Partner beim autonomen Fahren nannte Volkswagen noch nicht. Reuters hatte gestern berichtet, der Konzern werde seine Zusammenarbeit mit Mobileye ausweiten, um den Wegfall von Argo wettzumachen.
Auch wenn VW-Chef Blume den Schritt als Fokussierung der Softwareambitionen darstellte, zeigt das Ende für Argo doch auch, welche schwierigen Aufgaben auf den neuen VW-Chef in Sachen Auto-Software warten. Zuletzt hatte VW auch in seiner konzerneigenen Softwaresparte Cariad mit Problemen zu kämpfen, die teils Modellanläufe verzögerten und mit ein Grund für das Aus von Ex-Chef Herbert Diess waren. Zudem fielen hohe Sonderkosten für die Aussetzung der Geschäfte in Russland und für den Porsche-Börsengang an.
Die Markengruppe Premium um Audi, Lamborghini, Bentley und Ducati schraubte derweil ihre Ziele für die Verkäufe zurück und sprach von einer anhaltend herausfordernden Versorgungslage. Die VW-Konzerntochter Audi erwartet für dieses Jahr jetzt nur noch 1,65 bis 1,75 Millionen Fahrzeug-Auslieferungen und 60 bis 63 Milliarden Euro Umsatz - also rund 150.000 weniger Autoverkäufe und zwei Milliarden Euro weniger Umsatz als bisher geplant. Die Umsatzrendite soll aber mit elf bis 13 Prozent um zwei Prozentpunkte höher sein als bisher erwartet. Die Auftragsbücher seien sehr gut gefüllt, sagte Finanzvorstand Jürgen Rittersberger.
Volkswagen-Chef Blume nährt Hoffnung auf weitere IPOs
Die Renditeperle Porsche AG konnte indes rund um ihren Börsengang deutlich zulegen. In den ersten neun Monaten legte der Umsatz - inklusive der Finanzdienstleistungen - um knapp 16 Prozent auf 26,7 Milliarden Euro zu. Das operative Ergebnis zog von knapp 3,6 Milliarden Euro im Vorjahr auf 5,05 Milliarden Euro an.
Porsche AG-Finanzchef Lutz Meschke bleibt dabei, den Erlös dieses Jahr auf 38 bis 39 Milliarden Euro steigern zu wollen und eine operative Marge zwischen 17 und 18 Prozent zu erreichen. Nach den ersten drei Quartalen hat Porsche AG dabei einen gewissen Puffer: Bisher stehen 18,9 Prozent Marge zu Buche.
Volkswagen-Chef Blume sieht den Börsengang von Porsche als Vorbild, um den Börsenwert des Konzerns insgesamt zu steigern. Die Mehr-Markengruppe habe noch nicht von der Aktienplatzierung ihrer Sportwagentochter profitiert, räumte Blume ein. Das solle sich ändern, indem die einzelnen Marken wie angekündigt virtuelle Börsengänge durchliefen. Die Ergebnisse will Volkswagen bei einem Kapitalmarkttag im nächsten Jahr präsentieren. Dann solle sichtbar werden, welches Potenzial in der Gruppe stecke, sagte Blume.