Energetische Sanierung eines Einfamilienhauses.

Trotz Fördergeld vom Staat Warum Eigentümer die Sanierung scheuen

Stand: 15.12.2024 17:21 Uhr

Viele Eigentümer von älterer Häuser halten sich beim energetischen Sanieren bislang zurück - trotz umfangreicher Förderung. Warum das so ist und wie es mit den Zuschüssen im kommenden Jahr weitergehen könnte.

Von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion

Wegen steigender Energiekosten und gesetzlicher Verpflichtungen in den kommenden Jahren lassen sich Häuser mit alten Heizungen oder schlechter Dämmung nach Einschätzung von Fachleuten in Zukunft nur noch mit wachsenden Preisabschlägen verkaufen. Trotzdem sind viele Eigentümer in Deutschland Umfragen zufolge zurückhaltend bei der energetischen Sanierung ihrer Immobilie.

Sanierung ist teuer und erfordert Unterstützung

Laut Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) lag die Quote energetischer Sanierungen von Januar bis Ende September bei gerade einmal 0,72 Prozent. Für das Gesamtjahr rechnet der Verband mit einer Sanierungsquote von 0,69 Prozent. Damit ist sie in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken. Für das Erreichen der Klimaziele bis 2030 ist eigentlich eine jährliche Quote von zwei Prozent nötig.

Den geringen Sanierungswillen beobachtet auch Alexander Müller, Mitgründer des Energieberatungsunternehmens Enter. "Wir haben gut zu tun, haben aber auch schon mal mehr Dynamik gesehen", sagt Müller im Gespräch mit tagesschau.de. Sandra Duy, Expertin für energetische Sanierung beim Verbrauchermagazin Finanztip, meint: "Die Gründe dafür sind vielfältig." So seien die ohnehin schon hohen Kosten für Maßnahmen am Haus durch teureres Baumaterial und Handwerkermangel noch einmal gestiegen. Einer ING-Studie zufolge sind sie derzeit um rund 56 Prozent höher als noch im Jahr 2016.

Außerdem überschätzen viele Nicht-Sanierer in einer Umfrage der Initiative Klimaneutrales Deutschland den Energiestandard ihrer eigenen vier Wände. Hausbesitzer verweisen oft auf die Komplexität von Sanierungen sowie fehlende Unterstützung. Diese bieten neben Verbraucherzentralen auch Beraterinnen und Berater von der offiziellen Expertenliste der Deutschen Energieagentur - zu denen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Enter zählen. Mehr als 60 Prozent der Befragten haben diese Informationsquellen jedoch nicht genutzt.

Hin und Her sorgte für viel Unsicherheit

Die Unsicherheit entsteht aber auch durch unklare Förderbedingungen. Sechs von zehn Eigentümern sagen, dass sie die politische Debatte über die Sanierungsförderung und das Heizungsgesetz verunsichert habe. Das bemerkt auch Energieberater Müller: "Es ist ein Problem, dass Programme ständig in Frage gestellt werden." Durch die fehlende Planungssicherheit blieben viele Hausbesitzer in einer Abwartehaltung. "Man muss sich vorstellen: Es geht um die Altersvorsorge der Menschen und um ihren größten Besitz. Das ist keine leichte Entscheidung und erfordert klare Rahmenbedingungen", so Müller.

Ein Beispiel: Seit Februar konnte ein Zuschuss für den Austausch von alten Heizungen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragt werden - allerdings zeitlich gestaffelt nach Art des Antragstellers. Die Auszahlung des Geldes zum Einbau einer Wärmepumpe lief jedoch erst ab Herbst. "Erst darauf achten zu müssen, wann man den Zuschuss beantragen darf und dann noch monatelang auf die Auszahlung zu warten - das hat für Verunsicherung gesorgt", sagt Finanztip-Expertin Duy. Zahlreiche Menschen hätten das Geld eben nicht einfach so herumliegen und seien auf Förderungen angewiesen.

Dazu kamen wegen des Haushaltsstreits der Ampel-Koalition Förderstopps bei anderen Programmen wie den Zuschüssen für energetische Berater, Bewilligungspausen und generelle Verzögerungen bei der Auszahlung von Förderung. All das könnte ein Grund sein, dass mehr als die Hälfte der Befragten in der Studie der Initiative Klimaneutrales Deutschland die staatlichen Angebote als unattraktiv bewerteten. Nur 35 Prozent der Menschen, die saniert oder eine Sanierung geplant haben, haben demnach überhaupt eine Förderung in Anspruch genommen.

Was der Staat alles fördert

Dabei sind die staatlichen Angebote durchaus umfangreich - wenn auch etwas kompliziert. Bei einzelnen Sanierungsschritten wie der Dämmung der Fassade oder dem Austausch von Fenstern sind Kosten für Planung und Einbau von maximal 30.000 Euro im Jahr förderfähig. Wenn ein Energieberater nachweist, dass durch die Maßnahmen Energie eingespart wird, zahlt der Bund über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) 15 Prozent der Ausgaben. Mit einem individuellen Sanierungsfahrplan steigt die Grenze der förderfähigen Kosten auf 60.000 Euro, und der Staat legt noch einmal einen Bonus von weiteren fünf Prozentpunkten oben drauf.

Auch der freiwillige Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung wird gefördert. Einfach gesagt: Für den Heizungsaustausch gibt es im besten Fall 70 Prozent der Kosten von der staatlichen Förderbank KfW. Die maximal förderfähigen Ausgaben liegen bei 30.000 Euro für ein Einfamilienhaus. Danach sind umgerechnet bis zu 21.000 Euro drin. Allerdings ist die Förderung nicht gerade einfach zu durchblicken, es gibt neben der Grundförderung von 30 Prozent einen Klimageschwindigkeits-Bonus sowie einen Einkommensbonus. Darüber hinaus gibt es für eine Rundumsanierung verschiedene zinsvergünstigte Kredite der KfW.

All diese Förderungen sind Teil der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), für die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zuständig ist. Seit September bietet das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) zusätzlich den KfW-Kredit "Jung kauft Alt" an, der Familien mit kleinen und mittleren Einkommen beim Kauf und der Sanierung von alten Häusern und Wohnungen unterstützt. Dazu gibt es noch regionale und lokale Programme, die mit den staatlichen Förderungen kombiniert werden können.

Laufen die Programme weiter?

Nach dem Aus der Ampel-Koalition und der bevorstehenden Auflösung des Bundestags stellt sich nun jedoch die Frage, wie es weitergeht. Klar ist: Die Förderprogramme des Bundes sollen nach dem Willen der Regierung auch ohne einen beschlossenen Haushalt im kommenden Jahr vorerst weiterlaufen. "Das Programm Jung kauft Alt wird trotz vorläufiger Haushaltsführung auch ab dem 1. Januar 2025 zur Verfügung stehen. Anträge können weiterhin gestellt werden", sagt etwa ein BMWSB-Sprecher gegenüber tagesschau.de.

Das Ministerium verweist ebenfalls auf die vorläufige Haushaltsführung: "Auf dieser Basis können im Rahmen der noch vom Bundesfinanzministerium festzulegenden Rahmenbedingungen auch die Förderprogramme weiterlaufen. Das heißt, alle Rechtsverpflichtungen werden bedient." Die BEG sei auch in 2025 bedarfsgerecht finanziert, die Höhe der Mittel entspreche nach aktueller Planung dem Bedarf. "Minister Habeck hat sich hier stets klar geäußert, dass in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister die Förderung bleibt." Und auch die Firma Enter hat nach eigenen Angaben Signale aus den Verbänden und Ministerien erhalten, dass die Förderungen weitergeführt werden und in den Töpfen noch Gelder vorhanden seien.

Allerdings kann es bei neuen Anträgen trotzdem zu Mittelkürzungen oder Verzögerungen kommen - etwa im Zuge einer Haushaltssperre, die der Bundesfinanzminister bei Lücken im Haushalt verhängen kann. In dem Fall entscheidet die Regierung von Fall zu Fall, ob für bestimmte Vorhaben und Programme weiter Geld ausgegeben wird oder nicht. "Es kann also durchaus passieren, dass die Förderprogramme vorübergehend erst einmal pausiert werden", meint Duy. Alles, was bereits bewilligt ist, werde aber natürlich ausgezahlt. "Wir werden 2024 weiterhin die BEG bewilligen können", schreibt das BMWK dazu.

Förderantrag bis Jahresende stellen - wenn möglich

Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Verbraucherinnen und Verbraucher, die gerade in der Sanierungsplanung stecken, die Förderung also noch bis Jahresende beantragen - im Gegensatz zu den Krediten, die gemeinsam mit der Hausbank besprochen werden müssen, ist das zumindest beim Heizungsaustausch wohl möglich. "Der Antrag auf Heizungsförderung wird eigentlich direkt bewilligt, da gibt es einen Automatismus", betont Finanztip-Expertin Duy. Für die Zuschüsse muss aber ein Lieferungs- oder Leistungsvertrag mit einem Handwerker abgeschlossen sein. Dieser muss das voraussichtliche Datum der Umsetzung und einen Vermerk enthalten, dass er vom Förderantrag abhängig ist.

Auch Zuschüsse für einzelne Effizienzmaßnahmen seien durchaus noch vorstellbar, meint Enter-Berater Müller. "Die Anträge werden von der BAFA mittlerweile zunehmend schneller bewilligt." Für die Umsetzung der Sanierung habe der Eigentümer anschließend zwei Jahre Zeit. "Sobald der Antrag gestellt und bewilligt wurde, gibt es einen Anspruch auf das Geld." Sich die aktuellen Fördersätze zu sichern, könne sich ohnehin lohnen - auch noch zu Beginn des Jahres 2025, falls die Förderprogramme wie versprochen weiterlaufen. "Es gehen sehr wenige Beobachter davon aus, dass die Konditionen unter einer neuen Regierung besser werden", so Müller.

Dass die Förderungen für die energetische Sanierung unter einer möglichen unionsgeführten nächsten Koalition komplett wegfallen, ist unwahrscheinlich. "Von gewissen Vorgaben kann auch die CDU nicht abrücken, weil sie von der EU vorgegeben sind. Wir müssen raus aus den fossilen Brennstoffen, die Heizungen werden also früher oder später umgestellt", betont Duy.

Die Expertin hat zudem noch einen Tipp: "Was auf jeden Fall weiterläuft, ist die steuerliche Abschreibung. Das ist im Einkommenssteuergesetz verankert." Pro Haus können 200.000 Euro geltend gemacht werden. 20 Prozent können Eigentümer im Rahmen ihrer Einkommenssteuer über drei Jahre verteilt erstattet bekommen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. Oktober 2024 um 13:54 Uhr.