Die Elsässer Straße im saarländischen Kleinblittersdorf steht unter Wasser. (Archivbild vom 19. Mai 2024)

Gutachten Fast 400.000 Menschen von Hochwasser bedroht

Stand: 11.09.2024 17:10 Uhr

Bei Starkregen kommt es in Deutschland immer wieder zu Hochwasser. Wie ein Gutachten zeigt, sind in den kommenden Jahren mehr als 380.000 Menschen potenziell betroffen. Die Experten mahnen zu besseren Vorkehrungen.

In Deutschland sind einem Gutachten zufolge fast 400.000 Menschen unmittelbar von Hochwasser bedroht. Demnach werden etwa 384.000 Menschen in den kommenden Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Hochwasser-Ereignis betroffen sein - davon allein rund 190.800 Bewohner entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse. Das zeigt ein Gutachten des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen (Ufu) im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion.

Auch Menschen, die an der Elbe wohnen, seien gefährdet: Insgesamt zählte das Ufo dort etwa 98.800 Betroffene. In der Saale-Region seien 42.100 Einwohner potenziell betroffen. Grundlage der Berechnung, die heute veröffentlicht wird, sind den Angaben zufolge Pläne der Bundesländer zum Hochwasserrisikomanagement. 

Zahlen können sich künftig weiter verändern

Die Autoren weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass sich die Daten zu Betroffenen wegen künftiger Veränderungen auch verschieben könnten. Frühere Hochwasser, etwa an der Oder, gäben außerdem Hinweise darauf, dass die berechnete Dimension eher eine untere Annahme darstelle. 

Eine Studie im Auftrag der Versicherungswirtschaft (GDV) war im Februar zum Ergebnis gekommen, dass in Deutschland mehr als 300.000 Gebäude von Hochwasser bedroht sein könnten

Hessen als Vorbild bei Starkregen

Mit Blick auf Starkregen mahnen die Ufu-Forscher an, die bisherigen Vorkehrungen auszuweiten. "Obwohl Starkregenereignisse nur kurzfristig vorhersehbar sind, bleibt der Aufbau von Monitoringsystemen und Vorhersagemodellen wichtig", heißt es. Hier gehe das Land Hessen mit gutem Beispiel voran. Dort seien anwenderfreundliche Starkregen-Gefahrenkarten entwickelt worden, und es gebe ein kommunales Monitoring-System, das aus Sicht der Experten bundesweit ausgebaut werden sollte.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Julia Verlinden, sprach mit Blick auf die potenziell von Hochwasser Betroffenen von "alarmierenden Zahlen". Auch in dieser Woche würden in Teilen Deutschlands wieder große Niederschlagsmengen erwartet. Es sei deshalb "höchste Zeit, den Hochwasserschutz an die Anforderungen der Klimakrise anzupassen" und die Menschen stärker zu schützen. 

Neben besseren Vorkehrungen wie stabilen Deichen und großen Überschwemmungsflächen seien gesetzliche Schritte nötig: Noch in dieser Legislaturperiode solle der Versicherungsschutz gegen Elementarschäden, die von Hochwasser verursacht werden, ausgeweitet werden, sagte Verlinden. "Ungebremst wird die Klimakrise nicht bezahlbar sein."

Entscheidung zu Elementarschäden-Pflichtversicherung offen

Bislang konnte sich die Bundesregierung mit den Ländern nicht auf die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden einigen. Während die Länder darauf dringen, eine möglichst flächendeckende Pflichtversicherung einzuführen, die Mieter und Eigenheimbesitzer finanziell aber nicht überfordern soll, stellte sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bislang dagegen. 

Möglich schien zuletzt ein Kompromiss, wonach Versicherer verpflichtet werden könnten, Hausbesitzern eine solche Police anzubieten. Eine Pflicht, diese abzuschließen, soll es nach jetzigem Stand aber nicht geben.

Nach den Fluten an Ahr und Erft im Jahr 2021 belief sich der Gesamtschaden auf mehr als 40 Milliarden Euro. Die Befürworter einer Pflichtversicherung argumentieren, dass der Staat solche Summen nicht mehr allein aufbringen könne. Die Lasten müssten anders verteilt werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 21. Mai 2024 um 11:20 Uhr.