Abchasien Aufruhr gegen einen Ausverkauf an Russland
Abchasien steht unter militärischem Schutz Russlands. Die Soldaten sind willkommen, doch die Einwohner wehren sich dagegen, dass Ausländer Immobilien kaufen dürfen. Sie fürchten einen Ausverkauf an Russland.
In Abchasien haben Demonstranten das Parlament und den Präsidentensitz gestürmt, um die Verabschiedung eines Investitionsabkommens mit Russland zu verhindern. Sie fordern den Rücktritt des umstrittenen Präsidenten Aslan Bschania.
Abchasien ist eine von Georgien abtrünnige Region. Sie hatte sich bereits nach einem Krieg Anfang der 1990er-Jahre von Georgien abgespalten und zur Republik erklärt. Nach einem weiteren Krieg 2008 erkannte Russland den subtropischen Küstenstreifen am Schwarzen Meer als unabhängig an und errichtete dort Militärstützpunkte mit mehreren Tausend Soldaten.
Georgien und dessen Verbündete beschreiben Abchasien als russisch okkupiert. Die Mehrheit der 240.000 Bewohner betrachtet sich hingegen als unabhängig, auch wenn Abchasien von Finanzierung und Energiezufuhr aus Russland abhängig ist. Hunderttausende russische Touristen sorgen jeden Sommer für Einnahmen in der Region, die sonst noch Kohle an die Türkei verkauft.
Angst vor russischer Übernahme
Jedoch wehren sich die Menschen in Abchasien seit Langem gegen politische Einflussnahme aus Moskau und vor allem gegen Gesetze, die den Erwerb von Grundstücken und Wohnraum durch ausländische Staatsangehörige ermöglichen. Sie befürchten den Ausverkauf ihres Landes an Russland. Insbesondere die ethnischen Abchasen wehren sich dagegen, dass sie erneut zur Minderheit werden wie zu Sowjetzeiten, als ethnische Georgier die Mehrheit stellten.
Der Aufruhr nun ist der Höhepunkt von Protesten gegen Präsident Bschania. Er gilt als Kreml-hörig, weil er bereits mehrfach dem Druck Russlands nachgegeben hat. Dazu zählt die Auftragsvergabe an einen Kreml-nahen Investor für die Sanierung des brachliegenden Flughafens. Der Vertrag ist laut Opposition so nachteilig gestaltet, dass der Investor am Ende Besitzer des Geländes werden könnte.
Widerstand gegen Abkommen mit Russland
Als vergleichbar nachteilig für Abchasien beschreiben Vertreter der Zivilgesellschaft das Investitionsabkommen mit Russland. Wirtschaftsministerin Kristina Ozgan unterzeichnete es bereits in Moskau - ohne die vorgeschriebene Zustimmung des Parlaments, die nun nachgeholt werden sollte. Oppositionelle hatten im Vorfeld die Bevölkerung dazu aufgerufen, ihre Abgeordneten von einer Ablehnung zu überzeugen.
Als fünf Oppositionelle nach einer Veranstaltung in Gudauta aus ihrem Auto heraus vom Staatssicherheitsdienst wie Schwerverbrecher festgenommen wurden, besetzten Hunderte die Verkehrsknotenpunkte der Region, bis die fünf wieder freigelassen wurden.
Vor der Abstimmung über das Investitionsabkommens stürmten Hunderte das Parlament und den Sitz von Präsident Bschania. Es wurde berichtet, dass einige Einsatzkräfte zu den Demonstranten übergelaufen seien. Der Pressedienst Bschanias teilte daraufhin mit, dass er die Rücknahme des Abkommens vorbereite.
Strategisch von Bedeutung
Bschania gelang es als Präsident kaum, zwischen dem Druck aus Moskau und der sehr lebendigen Zivilgesellschaft zu balancieren. Für Russland hat der 240 Kilometer lange Küstenstreifen strategische Bedeutung. Das Schwarze Meer wird als Teilstrecke eines Transportkorridors zwischen Asien und Europa immer wichtiger. In Sichtweite Abchasiens plant Georgien seit Jahren einen Tiefseehafen. Die EU plant ein Unterseekabel als Kommunikations- und Stromleitung durch das Meer.
Im Krieg Russlands gegen die Ukraine gewann Abchasien zudem militärisch an Bedeutung. Im Oktober 2023 sagte Bschania der russischen Zeitung Iswestija, er habe mit Russland ein Abkommen über die Einrichtung eines ständigen Stützpunktes der russischen Marine in der Region Otschamtschire geschlossen. Der Hafen dort ist Stützpunkt des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, dem auch die Grenztruppen unterstellt sind. Für Kriegsschiffe müsste die Hafenanlage ausgebaut werden, wofür es zuletzt auf Satellitenbildern Anzeichen gab.