Der britische König Charles III. stellt bei der Parlamentseröffnung in London das neue Regierungsprogramm vor.

Neues Regierungsprogramm verlesen Charles III. eröffnet britisches Parlament

Stand: 17.07.2024 17:09 Uhr

Seit dem 16. Jahrhundert wird das Parlament in London traditionell vom britischen König eröffnet. Dazu gehört auch die Verlesung des neuen Regierungsprogramms, das Charles III. nun im Palast von Westminster vorgestellt hat.

Rund zwei Wochen nach dem Regierungswechsel in Großbritannien hat König Charles III. das Parlament in London eröffnet. Der Monarch verlas das Regierungsprogramm des neuen Premierministers Keir Starmer. Der 61-Jährige ist der erste Regierungschef der sozialdemokratischen Labour-Partei seit 14 Jahren.

Der König und seine Frau, Königin Camilla, waren zuvor per Kutsche in einer Prozession vom Buckingham-Palast zum Parlament gefahren. Das "State Opening of Parliament" gehört zu den wichtigsten Terminen im royalen und politischen Kalender. 

Wirtschaftswachstum als "fundamentale Mission"

In der "King's Speech" wurde eine ganze Reihe von Gesetzesinitiativen angekündigt, mit denen Starmer Probleme wie die Wohnungsnot, bröckelnde Infrastruktur und schlechte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel in den Griff bekommen will. "Stabilität wird der Grundpfeiler der wirtschaftlichen Politik meiner Regierung sein", las König Charles aus dem Programm vor, das mehr als 35 Gesetze umfasst. Wirtschaftswachstum sei die "fundamentale Mission".

Starmer hatte zuvor versprochen, in die alternde Infrastruktur des Landes zu investieren und die maroden öffentlichen Dienste zu sanieren, ohne dafür auf Steuererhöhungen zurückzugreifen. Er pochte darauf, dass der Wandel an "unumstößliche fiskalische Regeln" gebunden sein müsse. Lokale Behörden sollen mehr Befugnisse erhalten und ein Gesetz soll sicherstellen, dass alle Regierungsbudgets vorab unabhängig geprüft werden.

König Charles III. verliest Regierungserklärung von Labour-Chef Starmer im britischen Parlament

Annette Dittert, ARD London, tagesschau, 17.07.2024 17:00 Uhr

Stärkung von Investitionen in erneuerbare Energien

Zu den angekündigten Gesetzesinitiativen gehört zudem eine Reform des Planungsrechts. Damit soll der Bau von Wohnimmobilien und Großprojekten vereinfacht werden. Bahnbetreiber sollen schrittweise in staatliche Hand übergehen, die Rechte von Arbeitnehmern und Mietern gestärkt werden.

Die Regierung bestätigte weiterhin ihren Plan, einen Nationalen Vermögensfonds zu gründen, um Investitionen in wichtige Industriezweige wie erneuerbare Energien zu lenken. Der Staatsfonds setzt auf der bestehenden britischen UK Infrastructure Bank auf. Er soll 7,3 Milliarden Pfund (8,72 Milliarden Euro) an Kapital erhalten, um 20 Milliarden Pfund an privaten Investitionen anzulocken.

Abschiebe-Pläne der Tories werden verworfen

Erwartet werden auch neue Schritte zur Stärkung der Grenzsicherheit. Zuvor hatte Starmer den Plan der abgewählten Konservativen verworfen, Menschen, die im Vereinigten Königreich ankommen, nach Ruanda zu verfrachten. Der umstrittene Plan wurde mehrfach gerichtlich angefochten und hat Großbritannien mehrere hundert Millionen Pfund gekostet, ohne dass ein einziger Flug stattfand.

Darüber hinaus soll der zunehmenden Verschmutzung von Flüssen und Küsten mit mehr Rechten für die Aufsichtsbehörde der Wasserversorger ein Ende gesetzt werden. Auch eine Wiederannäherung an die EU steht auf dem Programm. Von der Vorgängerregierung übernimmt Starmer Pläne für eine neue Aufsichtsbehörde im Fußball und ein schrittweises Verbot von Tabak.

Starmer: "Ernsthafte Lösungen" statt Populismus

In einer schriftlichen Einleitung zur Thronrede mahnte Starmer zu Geduld. Der Wandel erfordere "entschlossene, geduldige Arbeit und ernsthafte Lösungen" anstelle der einfachen Antworten von Populisten. Er nannte die Thronrede eine "Anzahlung auf unsere Pläne für die nächsten fünf Jahre". Sie solle "die Bremsen in Großbritannien lösen" und Wohlstand für Menschen überall im Land schaffen, indem das Wirtschaftswachstum angekurbelt werde.

Starmers Labour-Partei hatte bei der Wahl am 4. Juli einen Erdrutschsieg eingefahren. Nach Jahren mit hoher Inflation, Ethikskandalen und wechselnden Premierministern straften die Wähler die bis dahin regierenden konservativen Tories mit einem historisch schlechten Ergebnis ab.

Polizei meldet Festnahmen wegen geplanter Störung

Vor der Eröffung des Parlaments hatte die Londoner Polizei nach eigenen Angaben mehrere Menschen festgenommen, weil sie geplant haben sollen, die Zeremonie zu stören. Beamte hätten zehn Unterstützer der Gruppe "Youth Demand" festgenommen, teilte die Metropolitan Police mit. "Jeder hat das Recht, friedlich zu protestieren, aber nicht, Straftaten zu begehen oder schwere Störungen zu verursachen."

Der britische König Charles III. fährt mit Königin Camilla in einer Kutsche an einem Protestschild von Monarchiegegnern vorbei

Vor der Ankunft am Parlament kam es entlang der Strecke des britischen Königs Charles III. und Königin Camilla zu Protesten von Monarchiegegnern.

"Youth Demand" kritisiert den Umgang Großbritanniens mit dem Krieg im Gazastreifen und fordert ein Ende britischer Waffenexporte an Israel. Aktivisten hatten im April auch vor dem Privathaus von Premier Starmer demonstriert. Sie setzen sich zudem für einen besseren Klimaschutz ein. Vor dem Parlament demonstrierten auch Monarchiegegner der Gruppe "Republic". Auf ihren Plakaten stand zum Beispiel "Not my King" ("Nicht mein König") und "Down with the Crown" ("Nieder mit der Krone").

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Juli 2024 um 16:00 Uhr.