Ukrainischer Beschuss Gouverneur verhängt Notstand in russischer Region Belgorod
Nach dem Einmarsch ukrainischer Soldaten in der russischen Grenzregion Kursk sieht sich nun auch das benachbarte Gebiet Belgorod unter Druck. Der Gouverneur rief den Notstand aus. Die Ukraine meldete weitere Geländegewinne in Kursk.
Im russischen Grenzgebiet zur Ukraine hat nun auch die Region Belgorod den Notstand verhängt. Die Lage in der Region bleibe ziemlich schwierig und angespannt, sagte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow. Zuvor hatte nach dem Einmarsch ukrainischer Truppen das Gebiet Kursk einen Ausnahmezustand ausgerufen.
Der sogenannte regionale Notstand ermögliche es nun, zusätzliche Mittel freizugeben für den Schutz der Bevölkerung, so Gladkow. Das bedeutet auch, dass Rettungs- und Sicherheitskräfte die Bewohner gegebenenfalls auch gegen ihren Willen in Sicherheit bringen können. Es gebe täglich Beschuss von ukrainischer Seite, sagte Gladkow. Es gebe Tote und Verletzte unter den Zivilisten und zerstörte Häuser. Aufgrund dieser Situation habe man sich entschlossen, mit sofortiger Wirkung den regionalen Ausnahmezustand über das gesamte Gebiet Belgorod zu verhängen, "mit einem anschließenden Appell an die Regierung, einen föderalen Notstand auszurufen."
Unterstützung aus Moskau?
Die Regierung in Moskau könnte diesen anordnen, wenn es mehr als 500 Opfer gibt oder einen Schaden von umgerechnet zwölf Millionen Euro. Zudem könnte ein föderaler Notstand Verstärkung in der jeweiligen Region nach sich ziehen.
Unklar ist, wie es um die jeweilige Verstärkung steht: Der Militärexperte Jurij Fedorow sagte dazu in der oppositionellen Breakfast-Show auf Youtube: "Wichtig ist, dass Russland nicht über vorbereitete Reserven verfügt, die irgendwo bereitstehen. Es gibt keine strategischen Reserven." Das sei seine Schlussfolgerung aus all dem, was in der vergangenen Woche in der Region Kursk passiert ist und noch passiere.
Belgorod immer wieder Ziel von Angriffen
Belgorod wird schon seit Langem von ukrainischer Seite angegriffen. Im vergangenen Jahr rückten dort zeitweise selbsternannte Freiwilligenverbänden ein, in denen auch Russen auf ukrainischer Seite kämpfen. In der vergangenen Woche hatten sich ukrainische Soldaten kurzzeitig im Dorf Poros im Gebiet Belgorod aufgehalten, das an die Region Kursk grenzt, und dort ein Video mit einer Flagge aufgenommen.
Ukraine berichtet von Einnahme von Sudscha
Derweil berichtete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von weiteren Geländegewinnen in der Region Kursk. Ukrainische Truppen seien binnen 24 Stunden ein bis zwei Kilometer in verschiedene Richtungen vorangekommen, sagte das ukrainische Staatsoberhaupt in einer Videokonferenz mit Armeechef Olexander Syrskyj. Dieser erklärte, die ukrainischen Einheiten hätten 100 russische Soldaten gefangen genommen. Selenskyj kündigte an, dass sie für einen Austausch gegen ukrainische Kriegsgefangene vorgesehen seien. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Nach Syrskyjs Angaben brachten die Truppen die Stadt Sudscha vollständig unter ukrainische Kontrolle. "Die Suche und Vernichtung des Feindes in der Ortschaft Sudscha ist abgeschlossen", sagt er in der Videokonferenz mit Selenskyj. In Sudscha verläuft die Pipeline, durch die Russland Gas aus Westsibirien via Ukraine in die Slowakei und andere EU-Länder liefert.
Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Das russische Verteidigungsministerium sprach von 117 abgewehrten Drohnenattacken und vier zerstörten taktischen Raketen in der Region Kursk. Auch russische Militärflugplätze sollen angegriffen worden sein. Die russische Nationalgarde, die Rosgwardija, verstärkte nach eigenen Angaben die Bewachung des Atomkraftwerkes Kursk. Besonderes Augenmerk gelte der Abwehr ukrainischer Drohnen, teilt sie mit.
Das ukrainische Militär ist am 6. August in die an der Staatsgrenze liegende russische Oblast eingedrungen und hat nach eigenen Angaben mehr als 1.000 Quadratkilometer unter seine Kontrolle gebracht. Unabhängig überprüfen lässt sich das nicht. Das AKW liegt gut 30 Kilometer westlich der Stadt Kursk und wird vom Staatskonzern Rosenergoatom betrieben.
Ukraine meldet russische Drohnenangriffe
Die ukrainische Flugabwehr wiederum meldete erneut zahlreiche Drohnenangriffe von russischer Seite. Demnach wurden 17 von 23 Attacken abgewehrt. Russische Streitkräfte hätten erneut ukrainische Energie-Infrastruktur ins Visier genommen. Nach Angaben des Netzbetreibers Ukrenergo wurden Energieanlagen im Norden und Süden der Ukraine angegriffen. Am Mittwochmorgen sei eine Anlage im Süden beschossen worden, teilt Ukrenergo auf Telegram mit.
Russische Drohnen seien zudem in der Nacht zu Mittwoch auf eine weitere Anlage im Norden abgefeuert worden. Dabei sei es zu zeitweiligen Stromausfällen für Verbraucher in Teilen der Region Tschernihiw gekommen.
Mit Informationen von Björn Blaschke, ARD Moskau, zurzeit Tiflis