Ukraines Präsident Selenskyj Sicherheitsgarantien statt NATO-Beitritt
Der ukrainische Präsident Selenskyj will nicht auf einem schnellen NATO-Beitritt beharren. Stattdessen will er Sicherheitsgarantien für sein Land. Beim Status der besetzten Gebiete zeigte er sich gesprächsbereit.
Der ukrainische Präsident Selenskyj rückt offenbar von seiner Forderung nach einem baldigen NATO-Beitritt der Ukraine ab. Stattdessen will er Sicherheitsgarantien für sein Land.
Die NATO sei nicht bereit, die Ukraine aufzunehmen, sagte Selenskyj in einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC. "Das Bündnis hat Angst vor allem, was kontrovers ist, und vor einer Konfrontation mit Russland", sagte er weiter. Selenskyjs Partei "Diener des Volkes" (Sluha Narodu) äußerte sich ähnlich: "Die Allianz ist nicht bereit, die Ukraine im Verlauf der nächsten mindestens 15 Jahre aufzunehmen und hat dies deutlich gemacht."
Sicherheitsgarantien - auch von Russland
Es sei daher an der Zeit, bis zu einer Aufnahme in die NATO in der Zukunft, über Sicherheitsgarantien zu sprechen, erklärte die Partei weiter. "Garantiestaaten könnten die USA, die Türkei und die Nachbarstaaten der Ukraine werden." Zudem müsse Russland zweifelsfrei bestätigen, dass es die ukrainische Staatlichkeit anerkenne "und garantiert, dass es unseren Staat nicht bedrohen wird."
Das Ziel des NATO-Beitritts ist in der ukrainischen Verfassung verankert. Russland verlangt dagegen Neutralität von der Ukraine. Sicherheitsgarantien hatte Selenskyj auch vor dem russischen Angriff auf die Ukraine gefordert.
Kompromiss bei Krim und "Volksrepubliken" sei möglich
Gesprächsbereit zeigten sich Selenskyj und seine Partei auch bei der Frage nach dem zukünftigen Status der Separatistengebiete im Donbass sowie der russisch besetzten Krim.
Selenskyj sagte, es könne einen Kompromiss geben. Wichtig sei für ihn die Frage, wie die Menschen in diesen Gebieten zukünftig leben könnten.
Nicht in Frage komme allerdings, dass die Ukraine die Unabhängigkeit der Gebiete anerkenne, wie es Russland fordert. Seine Partei erklärte: "Wir erwägen nicht einmal theoretisch die Möglichkeit, (...) Teile unseres Territoriums aufzugeben. Das ist nicht akzeptabel. Unsere Ukraine - dazu gehören auch Donezk, Luhansk und die Krim."
Rede per Videotelefonat im britischen Parlament
In einer Rede per Videotelefonat im britischen Unterhaus hatte Selenskyj den Kampfgeist der Ukraine beschworen, aber auch um weitere Hilfen von Großbritannien gebeten. Für sein Land gehe es im Kampf gegen die russische Armee um "Sein oder nicht sein", sagte Selenskyj. Er könne nun angesichts des zähen Widerstands eine Antwort darauf geben: "Sie lautet definitiv: sein."
Er forderte erneut weitere Sanktionen gegen Russland und eine Flugverbotszone, deren Einrichtung von den westlichen Staaten allerdings schon mehrfach abgelehnt wurde.
Die Abgeordneten im britischen Parlament nahmen die Rede mit großem Applaus auf. Premierminister Boris Johnson erklärte, das Vereinigte Königreich werde die Ukraine mit Waffen und Sanktionen und allen diplomatischen, humanitären und wirtschaftlichen Mitteln unterstützen, um das Vorhaben des russischen Präsidenten Putin, das Land zu unterwerfen, scheitern zu lassen.