Demonstranten halten vor dem Trump Tower in New York Protestschilder gegen Donald Trump hoch.
FAQ

Prozess in New York Das Wichtigste zur Trump-Anklage

Stand: 31.03.2023 19:34 Uhr

Erstmals wird mit Donald Trump ein ehemaliger US-Präsident angeklagt - voraussichtlich am Dienstag wird er sich in New York einfinden. Was über die Anklage schon bekannt ist, welche Probleme es geben könnte und wie das Verfahren abläuft.

Von Mit Material mehrerer Nachrichtenagenturen.

Worum geht es bei der Anklage?

Zum ersten Mal überhaupt klagt eine Staatsanwaltschaft mit Donald Trump einen Ex-Präsidenten der Vereinigten Staaten an. Die Anklage aus New York dreht sich um Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels.

Wer ist Stormy Daniels und was hat sie mit Trump zu tun?

Die Vorwürfe begleiten Trump schon lange. Daniels, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford heißt, hatte 2006 nach eigener Aussage Sex mit Trump, was er bestreitet. Nach Angaben der heute 44-Jährigen lernten sich beide im Sommer 2006 bei einem Golfturnier-Wochenende am Lake Tahoe kennen und schliefen dort miteinander - nur wenige Monate, nachdem Trumps Ehefrau Melania den gemeinsamen Sohn Barron auf die Welt gebracht hatte.

Daniels sagt, die beiden hätten auch danach über Monate Kontakt gehabt. Trump weist all das als "falsche und erpresserische Anschuldigungen" zurück. Daniels ist in den USA ein bekannter Erotikfilmstar und hat sich in der Branche auch als Regisseurin einen Namen gemacht.

Wie reagieren die Anhänger von Trump auf die Anklage ?, Gudrun Engel, ARD Washington

tagesthemen, tagesthemen, 31.03.2023 22:15 Uhr

Worum geht es bei der Anklage genau?

Offiziell sollen die Details der Anklage von Staatsanwalt Alvin Bragg der Öffentlichkeit erst in der kommenden Woche mitgeteilt werden. Es dürfte jedoch um Schweigegeldzahlungen an Daniels und womöglich auch an das Model Karen McDougal in Höhe von 130.000 und 150.000 Dollar gehen. Dieses Geld hatte Trumps Anwalt Michael Cohen kurz vor der US-Präsidentschaftswahl 2016 überwiesen und später von Trumps Familienholding, der Trump Organization, zurückerstattet bekommen.

Schweigegeld zu zahlen, ist in den USA nicht illegal. Die Frage dürfte aber sein, ob die Art und Weise der Erstattung an Cohen rechtmäßig war und ob es sich womöglich um illegale Wahlkampffinanzierung handelte.

Nachdem Trump die Wahl 2016 gewonnen hatte und ins Weiße Haus eingezogen war, beschuldigte die New Yorker Staatsanwaltschaft Anwalt Cohen, die Zahlungen seien unzulässige Wahlkampfspenden gewesen. Ihr Zweck sei es gewesen, vor der Wahl Schaden von Trump abzuwenden. Cohen bekannte sich damals schuldig und musste in Haft.

Nun geht es wahrscheinlich auch um die Frage, ob auch Trump gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen hat. Cohen erklärte, er habe auf Trumps Anweisung gehandelt. Solange Trump Präsident war, genoss er Immunität, gegen ihn konnte nicht ermittelt werden. Er hat die Zahlungen an Cohen öffentlich eingeräumt und argumentiert, die falschen Anschuldigungen von Daniels hätten damit gestoppt werden sollen.

Ist eine Verurteilung wahrscheinlich?

Das ist schwer vorherzusagen. Es ist eigentlich davon auszugehen, dass Staatsanwalt Bragg in dem aufsehenerregenden und beispiellosen Fall nur Anklage erhebt, wenn er von den Erfolgschancen überzeugt ist.

Aber das Vorgehen birgt Risiken: An Hauptzeuge Cohen hängt der Fall maßgeblich, weil er das direkte Bindeglied zwischen Trump und den Zahlungen ist. Mehr als ein Jahrzehnt lang arbeitete der Anwalt für Trump und war eine zentrale Figur in mehreren Affären um den Republikaner. Er wurde oft als Trumps "Ausputzer" beschrieben - bis es zum Bruch zwischen beiden kam. Vor Gericht und dem Kongress erhob er schwere Vorwürfe gegen Trump.

Der Staatsanwaltschaft könnte aber ein Glaubwürdigkeitsproblem des Schlüsselzeugen zum Verhängnis werden: Cohen ist selbst verurteilter Straftäter, unter anderem wegen einer Falschaussage vor dem Kongress. Zudem könnten Trumps Verteidiger versuchen, ihn als rachsüchtig darzustellen.

Was droht Trump, falls er verurteilt wird?

Es ist offen, ob Trump im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe erhalten würde. Falls ja, so spekulieren US-Beobachter, könnten es bis zu vier Jahre Haft sein.

Anklage gegen ehemaligen US-Präsidenten Trump

Sarah Schmidt, ARD Washington, tagesthemen, tagesthemen, 31.03.2023 22:15 Uhr

Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem das Geschworenengremium der Grand Jury zu dem Schluss gekommen ist, dass es ausreichende Hinweise für eine Straftat gibt und für eine Anklage gestimmt hat, sind Trump und seine Anwälte von der Staatsanwaltschaft informiert worden.

Trumps Verteidiger Joseph Tacopina erklärte gegenüber US-Medien, Trump werde freiwillig nach New York kommen - wahrscheinlich am Dienstag. Spätestens dann wird auch die Öffentlichkeit offiziell Details der Vorwürfe erfahren.

Joseph Tacopina (Archivbild)

Er wird Trump in New York verteidigen: Anwalt Joseph Tacopina (Archivbild).

In New York würde Trump kurzzeitig in Gewahrsam genommen, damit Fingerabdrücke und Polizeifotos von ihm gemacht werden können. Laut Tacopina habe die Staatsanwaltschaft aber versichert, dass Trump nicht in Handschellen vorgeführt werde. Es gilt als sicher, dass Trump nach diesem Prozedere wieder nach Hause kann.

Danach kommt es wahrscheinlich zum Prozess. Sofern sich Trump "nicht schuldig" bekennen sollte - was als sicher gilt - müsste ein Richter als nächstes ein Datum für einen Prozessbeginn festlegen. Vorher gibt es Anhörungen, in der Trumps Verteidiger versuchen könnten, eine Verzögerung zu erreichen oder den Prozess zum Platzen zu bringen.

Dürfte Trump im Fall einer Verurteilung für die Wahl 2024 antreten?

Trump hatte vorab schon klar gemacht, dass er seine Präsidentschaftsbewerbung auch im Falle einer Anklage nicht zurückziehen wolle. Bis zu einem Urteil könnten viele Monate oder sogar Jahre vergehen. Und selbst ein Schuldspruch müsste Trump rein rechtlich nicht davon abhalten, für die Wahl 2024 anzutreten.

Es gab in der US-Geschichte sogar schon einen Präsidentschaftskandidaten, der nicht nur angeklagt, sondern auch verurteilt wurde, und aus dem Gefängnis heraus die Wahl bestritt: Eugene Debs 1920.

Bei Trump stellt sich eher die politische Frage, ob die republikanische Basis und Partei bereit sind, sich hinter einem Kandidaten zu versammeln, der im Zusammenhang mit dubiosen Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar angeklagt ist. Vorerst scharen sich Unterstützer und selbst parteiinterne Konkurrenten um ihn - und werten die Anklage als politischen Angriff von links. Hartgesottene Anhänger dürften sich in ihrem Eifer sogar noch bestärkt fühlen.

Schon in der Vergangenheit zeigte Trump, dass selbst schwere Vorwürfe und Fehltritte nicht zum Ende seiner politischen Karriere führen und er diese sogar für sich ausnutzen kann. Und rechtlich bergen andere Vorwürfe mehr Gefahr.

Welche anderen rechtlichen Probleme hat Trump noch?

Gegen den Republikaner laufen noch mehrere andere Ermittlungen. Zwei stechen heraus: Das US-Justizministerium hat einen Sonderermittler eingesetzt, um Trumps Umgang mit geheimen Regierungsunterlagen zu untersuchen. Trump bewahrte nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente in seinem privaten Anwesen Mar-a-Lago in Florida auf, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Trump könnte sich damit strafbar gemacht haben. Manche Rechtsexperten meinen, mit einer Anklage dazu könnte sich Trump für das Präsidentenamt disqualifizieren.

Der Sonderermittler forscht auch nach, welche Rolle Trump bei den Bemühungen spielte, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 zu beeinflussen, etwa im Bundesstaat Georgia.

Auch Trumps Rolle bei dem Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 wird untersucht. Manche Juristen sehen auch hier Risiken für Trump mit Blick auf seine Wiederwahl-Ambitionen: Es sind laut Verfassung nämlich all jene von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, die sich an einem Aufstand gegen die Regierung beteiligt haben.

Peter Mücke, Peter Mücke, ARD New York, 01.04.2023 06:18 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 31. März 2023 um 16:00 Uhr.