Frankreich Schlechte Vorzeichen für die neue Bayrou-Regierung
Nach dem Sturz der vorherigen Regierung hat Frankreichs neuer Premierminister Bayrou seine Mannschaft zusammengestellt. Doch die Vorzeichen stehen denkbar schlecht: Auch Bayrou hat keine belastbare Mehrheit.
Sein Vorgänger Michel Barnier war vor knapp drei Wochen an einem Misstrauensvotum gescheitert, für das Rechtsradikale und Linke gemeinsam gestimmt hatten. Streitpunkt war der Staatshaushalt und das Thema Kaufkraft. Nun soll es also die neue Regierung des Zentrumsmanns François Bayrou richten.
Aber Bayrou ist es nicht gelungen, das Regierungsbündnis auf breitere Füße zu stellen. Dazu hätte er die Unterstützung der gemäßigten Linken gebraucht. Doch die wollten nur unter der Bedingung mitmachen, dass es einen linken Premier gibt.
"Regierungsbündnis zweifachem Druck ausgesetzt"
Nun schwebe weiter das alte Damoklesschwert über der neuen Regierung, analysiert Politologe Pascal Perrineau: "Auch dieses Regierungsbündnis ist zweifachem Druck ausgesetzt. Einmal von rechts, vom Rassemblement National und dann von der Linken, die jede Beteiligung an der Regierung ablehnt."
Premier Bayrou hat zwar Persönlichkeiten des linken Spektrums in seine Regierung berufen - beispielsweise den früheren Premier Manuel Valls. Doch dieser ist längst aus der sozialistischen Partei ausgetreten.
Grünen-Chefin: Keine ausgeglichene Regierung
Die Parteichefin der Grünen, Marine Tondelier warnte: "Bayrou pflastert seinen eigenen Weg zu einem neuen Misstrauensvotum." Seine Regierung sei nicht ausgeglichen. "Die rechten Minister, die er aus den Reihen der Konservativen berufen hat, sind sehr rechts und die paar vermeintlichen linken Vertreter sind nicht sehr links", so Tondelier.
Für das Linksbündnis NFP sind einige Minister ein rotes Tuch - beispielsweise der als Hardliner geltende Republikaner Bruno Retaielleau im Innenministerium. Oder Elisabeth Borne, Macronistin, frühere Premierministerin, die jetzt das Bildungsministerium übernimmt.
Sollten die Linken tatsächlich ein neues Misstrauensvotum anstrengen und erneut die Stimmen des Rassemblement National (RN) bekommen, wäre auch Bayrous Regierung schnell wieder Geschichte. Die Fraktionsvorsitzende des RN, Marine Le Pen, hat jedenfalls keine großen Erwartungen. Sie schrieb am Abend auf X, diese Regierung könne nur voran kommen, wenn sie die Vorgehensweise ändere, wenn sie die Opposition einbeziehe, um so einen belastbaren Haushalt zu schaffen.
Rechtes und linkes Lager wollen Rentenreform nicht
Beide Lager - rechts wie links - fordern, dass Bayrous Regierung die Rentenreform zumindest teilweise rückgängig macht. Die Linke schlägt vor, die Reform auf Eis zu legen bis Änderungsvorschläge angenommen sind.
Premier Bayrou, der sich grundsätzlich gesprächsbereit gezeigt hatte, winkte kurz nach Bekanntgabe seines Kabinetts ab: "In welcher Welt leben die eigentlich? Wissen sie nicht, dass Frankreich von den Rating-Agenturen genau beobachtet wird?" Würde die Rentenreform suspendiert, würde Frankreich von ihnen schlechtere Ratings bekommen und die für frisches Geld zu zahlenden Zinssätze explodieren, argumentierte Bayrou.
Neuer Finanzminister wird es schwer haben
Um den Haushaltsentwurf muss sich jetzt der neue Finanz- und Wirtschaftsminister kümmern: Eric Lombard, zuletzt Chef der Pensionskasse. Er ist ein Technokrat, der nicht fest einer Partei zuzuordnen ist.
Er wird es schwer haben, einen Haushalt zu schaffen, der eine Mehrheit im Parlament findet und dennoch den Ansprüchen der Märkte gerecht wird. Frankreich läuft auf eine Staatsverschuldung von 113 Prozent zu. Bayrou, der in einer politisch vertrackten Lage steckt, hat auch wirtschaftlich nur wenig Handlungsspielraum.