ARD-BremenTrend Die Bremer SPD darf hoffen
In zehn Tagen wird in Bremen gewählt. Seit 1946 regiert dort die SPD. Laut ARD-Vorwahlumfrage darf sie sich auch diesmal Hoffnungen auf den Sieg machen. Das hat mit dem Mann zu tun, der derzeit die Regierung anführt.
Es war ein Tiefschlag für die Bremer SPD. Im Mai 2019 standen am Ende der Bürgerschaftswahl hinter ihrem Parteinamen nur noch 24,9 Prozent. Erstmals unter 30 Prozent - das historisch schlechteste Ergebnis der Partei im kleinen Bundesland, in dem sie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs regiert.
Plötzlich lag die SPD nur noch auf Platz zwei hinter der CDU (26,7 Prozent). Trotzdem gelang es den Sozialdemokraten, gemeinsam mit den Grünen und der Linken eine rot-grün-rote Regierung zu bilden und erneut den Bürgermeister zu stellen. Auf Carsten Sieling folgte an der Spitze der SPD Andreas Bovenschulte. Mit ihm - und offenbar auch dank ihm - darf sich die Partei jetzt Hoffnungen machen, in Bremen an der Macht zu bleiben.
"Bürger in Wut" profitieren von Nicht-Zulassung der AfD
In der ARD-Vorwahlumfrage kommt die CDU zehn Tage vor der Bürgerschaftswahl auf 27 Prozent (-1 im Vergleich zu Mitte April). Die SPD erreicht aktuell 30 Prozent (-1) und wäre damit wieder stärkste Kraft in Bremen. Die Grünen haben in den vergangenen Wochen an Zuspruch verloren und kommen aktuell auf 13 Prozent (-4). Derweil legt die Linke zu auf zehn Prozent (+3). Die FDP bleibt derzeit bei sechs Prozent.
Die "Bürger in Wut" (BIW) legen zu auf neun Prozent (+3) und dürfen sich damit Hoffnung machen, erstmals in Fraktionsstärke in die Bremer Bürgerschaft einzuziehen. Sie profitieren offenbar auch davon, dass die AfD (bei der Bürgerschaftswahl 2019: 6,1 Prozent) wegen konkurrierender Kandidatenlisten nicht zur Wahl 2023 zugelassen ist. Noch im März, vor der Entscheidung des Landeswahlausschusses zum Ausschluss der AfD, bewegten sich die "Bürger in Wut" in der Sonntagsfrage unterhalb von drei Prozent. Auf alle anderen Parteien entfallen momentan fünf Prozent.
Bei dieser Umfrage handelt es sich ausdrücklich um keine Prognose, sondern um die politische Stimmung in der laufenden Woche. Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Viele Wählerinnen und Wähler legen sich kurzfristig vor einer Wahl fest. Eine große Bedeutung hat zudem die letzte Phase des Wahlkampfs mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählerinnen und Wählern.
SPD-Mann Bovenschulte in der Direktwahlfrage vorn
In der aktuellen politischen Stimmung liegen die beiden größten Parteien SPD und CDU also nah beieinander. Dass die SPD sich vor der Wahl gute Hoffnungen machen darf, ist dabei eng mit ihrem Spitzenkandidaten verknüpft. Der regierende Bürgermeister Andreas Bovenschulte gehört im bundesweiten Vergleich zu den beliebtesten Regierungschefs. Das zeigt sich auch in der Direktwahlfrage. Wenn die Bremerinnen und Bremer ihren Bürgermeister direkt wählen könnten, so würden sich sechs von zehn (59 Prozent) für den SPD-Mann entscheiden.
Nur knapp jeder Vierte (23 Prozent) spricht sich für den Herausforderer Frank Imhoff von der CDU aus. 18 Prozent antworten mit "weiß nicht" oder machen keine Angabe. Während die SPD-Anhänger fast geschlossen hinter ihrem Kandidaten Bovenschulte stehen, würden sich übrigens auch drei von zehn CDU-Anhängern im Falle einer Direktwahl für den SPD-Mann entscheiden. Die Abstände zwischen den Spitzenkandidaten sind deutlich größer als sie es bei der Wahl vor vier Jahren zwischen dem damaligen SPD-Kandidaten Carsten Sieling (42 Prozent) und dem CDU-Mann Carsten Meyer-Heder (36 Prozent) waren.
Mehrheit wünscht sich eine SPD-Regierung
Aber auch in der Frage, welche Partei die kommende Regierung führen soll, liegt die SPD aktuell vorne. Jeder zweite Wahlberechtigte (49 Prozent) entscheidet sich in dieser Frage momentan für die SPD - neben Anhängern der eigenen Partei sagen das auch Anhänger der Linken und Grünen mit großer Mehrheit.
Derweil sagt jeder dritte Wahlberechtigte (32 Prozent), die CDU solle den nächsten Bremer Senat führen - neben CDU-Anhängern sagt das auch eine Mehrheit der FDP-Anhänger.
Ampelkoalition ist anders als im Bund kein Thema
Wäre die aktuelle Sonntagsfrage der tatsächliche Wahlausgang, so käme rein rechnerisch für eine Regierungsbildung neben einer Fortführung des Dreierbündnisses aus SPD, Grünen und Linken auch eine Große Koalition von CDU und SPD infrage. Keine Mehrheit hätten nach den Ergebnissen aktuell ein Bündnis aus CDU, Grünen und FDP, eine rot-grüne Koalition von SPD und Grünen sowie ein Bündnis von CDU und Grünen. Derweil ist eine Ampelkoalition - wie im Bund - in Bremen kein Thema.
Die größte Zustimmung unter den Wahlberechtigten hätte eine Große Koalition aus SPD und CDU: 34 Prozent der Befragten fänden dieses Bündnis sehr gut oder gut. Auch Rot-Grün würde 34 Prozent Zustimmung erhalten - hätte entsprechend der Sonntagsfrage aktuell aber keine Mehrheit. Eine erneute Koalition aus SPD, Grünen und Linken fänden 32 Prozent sehr gut oder gut. Weniger Zustimmung bekämen zwei andere Bündnisse, die mit den Zahlen der repräsentativen Vorwahlbefragung keine Mehrheit hätten: Nur jeder Sechste (16 Prozent) fände eine Koalition von CDU, Grünen und FDP sehr gut oder gut. Ebenso viele sähen ein Bündnis von CDU und Grünen positiv.
Separate Fünf-Prozent-Hürde
Noch aber sind es zehn Tage bis zur Wahl am 14. Mai. Die Bürgerschaft dürfen nur Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft wählen. Wer seine Stimme abgeben will, muss mindestens 16 Jahre alt sein und seit mindestens drei Monaten seinen Hauptwohnsitz in Bremen oder Bremerhaven haben. Die Städte bilden zwei getrennte Wahlbereiche mit unterschiedlichen Wahllisten - es reicht für den Einzug in die Bremer Bürgerschaft, wenn eine Partei in einem der beiden Wahlbereiche die Fünf-Prozent-Hürde schafft.
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung
Erhebungszeitraum: 01. bis 03. Mai 2023
Fallzahl: 1450 (946 Telefoninterviews und 504 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Sonntagsfrage mit separater Gewichtung
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: Infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.